Alkoholfahrt: Kenntnis über die Fahruntüchtigkeit des Fahrers führt zur Mitschuld des Beifahrers
Die Mitfahrt in einem Fahrzeug eines erkennbar alkoholisierten Fahrers begründet ein Mitverschulden in Höhe von 25 %.
Nach einem ausgiebigen Grillabend, bei dem erheblich Alkohol konsumiert wurde, befuhren zwei Teilnehmer in einem Pkw gegen 4:42 Uhr innerorts eine leichte Linkskurve, in deren Verlauf das Fahrzeug von der Fahrbahn abkam und mit hoher Geschwindigkeit mit einem Baum kollidierte. Sowohl Fahrer als auch Beifahrer, der auf der Rücksitzbank saß, waren sofort tot. Die Erben des Beifahrers machten daraufhin der Pkw-Haftpflichtversicherung gegenüber Schadensersatzansprüche geltend.
Das Landgericht Bielefeld geht von einer Haftung in Höhe von 75 % aus. Nach Überzeugung des Gerichts steht fest, dass es nach allgemeiner Lebenserfahrung ausgeschlossen ist, nach einem Grillabend mit erheblichem Alkoholkonsum bereits um 4:42 Uhr von einer vollkommenen Nüchternheit des am Abend noch als „betrunken“ wahrgenommenen Fahrers auszugehen. Dies muss insbesondere dann gelten, wenn der maßgebliche Alkoholkonsum unter Trinkbeteiligung – jedenfalls jedoch im Beisein – des späteren Mitfahrers erfolgt ist. Für eine sichere Annahme der Alkoholisierung zum Unfallzeitpunkt spricht auch, dass seitens der den Unfall aufnehmenden Polizeibeamten am Unfallort ein deutlicher Alkoholgeruch beim Fahrzeugführer festgestellt wurde. Der Beweis des ersten Anscheins spricht somit für dessen zum Unfallzeitpunkt noch fortbestehende und bemerkbare Alkoholisierung. Ein die Quote von 25 % übersteigendes Mitverschulden des verstorbenen Mitfahrers ist demgegenüber vom Gericht nicht festgestellt worden.
Hinweis: Für die Frage, ob ein geschädigter Beifahrer die Einschränkung der Fahrtüchtigkeit eines alkoholisierten Fahrers kannte oder erkennen musste, kommt es darauf an, ob und in welchem Umfang der Fahrer in Gegenwart des später Geschädigten alkoholische Getränke zu sich genommen hat oder welche Ausfälle er gezeigt hat, die auf alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit schließen ließen.
Quelle: LG Bielefeld, Urt. v. 01.09.2014 – 6 O 71/13
Thema: Verkehrsrecht