Anwalt irrt gewaltig: Beschwerde statt Einspruch gegen Versäumnisbeschluss eingelegt
Der folgende Fall behandelt zwar kein spezifisches Problem im Familienrecht, sondern es handelt sich vielmehr um einen Denkfehler des betreffenden Anwalts. Da sich dieser aber in einer Familiensache abspielte, haben Sie an dieser Stelle das „Vergnügen“ zu lesen, wie falsch Juristen liegen können. Das Versehen ging bis vor den Bundesgerichtshof (BGH) und wird nach dessen Abfuhr sicherlich noch einen Haftungsprozess gegen den Anwalt nach sich ziehen.
Ein Verkehrsstau, wer kennt ihn nicht. So steckte auch der Rechtsanwalt dieses Falls auf dem Weg ins Gericht in einem solchen fest, woraufhin er von unterwegs aus bei Gericht anrief. Er schätzte seine Verspätung auf 20 Minuten ein – tatsächlich aber kam er erst 40 Minuten nach Terminsbeginn im Gerichtssaal an. In der Zwischenzeit hatte der Gegner bereits die Geduld verloren und einen sogenannten Versäumnisbeschluss beantragt. Und obwohl der Anwalt noch erschien und Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung beantragte, erließ der Richter zwei Wochen später den Versäumnisbeschluss, nach dem Nachscheidungsunterhalt zu zahlen war.
Und nun kommt besagter Denkfehler ins Spiel. Der Anwalt legte hiergegen nämlich das Rechtsmittel der Beschwerde ein. Doch diese wäre nur bei einem „normalen“ Beschluss korrekt gewesen – gegen einen Versäumnisbeschluss aber muss man „Einspruch“ einlegen. Und nicht nur die Überschrift war falsch: Für eine Beschwerde hat man einen Monat Zeit, für einen Einspruch nur zwei Wochen. Für die Umdeutung des Rechtsmittels in einen Einspruch hatte der Anwalt das Schreiben also zudem auch zu spät abgeschickt. Die Sache ging schließlich bis zum BGH, doch auch dort konnte man dem Anwalt nicht weiterhelfen.
Hinweis: Der anwaltliche Fehler ist eindeutig, im Haftungsprozess gegen ihn dürfte es nun um die Frage gehen, ob der ausgeurteilte Unterhalt nicht ohnehin zustande gekommen wäre, so dass gar kein Schaden entstanden ist.
Quelle: BGH, Beschl. v. 29.03.2023 – XII ZB 409/22