Außergerichtliche Klärung verweigert: Auch wer nicht Vater ist, muss Kosten des Abstammungsverfahrens mittragen
Wenn gerichtlich festgestellt werden muss, von welchem Vater ein Kind abstammt, entstehen oft erhebliche Kosten durch die Begutachtung aller Beteiligten (Mutter, Kind und die möglichen Väter). Im Folgenden war das Brandenburgische Oberlandesgericht (OLG) mit der Frage betraut worden, wer diese Kosten tragen muss, wenn am Ende keine Vaterschaft feststellbar ist.
Es ist jedenfalls nicht das Kind, selbst wenn es formal den Antrag gestellt und später zurückgenommen hat. Das ergibt sich nicht aus dem Gesetz. Denn dieses kennt zwar die Vorschrift (§ 81 Abs. 3 Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit), dass einem minderjährigen Beteiligten keine Kosten auferlegt werden können – diese bezieht sich aber nur auf Kindschaftssachen, nicht auf Abstammungssachen. Dennoch sei von einer Kostenlast für Kinder auch in anderen familiengerichtlichen Verfahren nur sehr zurückhaltend Gebrauch zu machen, urteilte das OLG. Eine Beteiligung des Kindes an den Kosten seines Abstammungsverfahrens sei regelmäßig unbillig, da es selbst nicht zur Unsicherheit über die Vaterschaft beigetragen oder Anlass zur Verfahrenseinleitung gegeben habe. Das Kind habe einen Anspruch auf Klärung seiner Abstammung. Bestehen Unklarheiten darüber, wer sein Vater ist – und ergreifen weder die Mutter noch der potentielle Vater die Initiative, die Vaterschaft außergerichtlich zu klären -, ist das Kind gezwungen, ein Verfahren zur Klärung seiner Abstammung einzuleiten. Somit entspreche es nicht der Billigkeit, das Kind mit den daraus entstehenden Kosten zu belasten.
Übrig blieb die Frage, ob auch ein Mann, der zwar als Erzeuger in Betracht kam, aber letztlich nicht als Vater festgestellt wurde, mit Kosten belastet werden darf. So war es in diesem Fall. Der Mann hatte im Anhörungstermin vor dem Amtsgericht (AG) eingeräumt, innerhalb ihrer Empfängniszeit Geschlechtsverkehr mit der Mutter gehabt zu haben. Er kam deshalb als Vater des Kindes durchaus in Betracht. Nachdem die Vaterschaft durch das vom AG eingeholte Sachverständigengutachten „eindeutig ausgeschlossen werden“ konnte, hatte das antragstellende Kind seinen Antrag zurückgenommen.
Warum der Mann in Augen des OLG dennoch an den Kosten zu beteiligen war? Ganz einfach: Weil er zu einer außergerichtlichen Untersuchung der Abstammung nicht bereit gewesen war. Die Kindesmutter war an den Kosten des Verfahrens schon deshalb zu beteiligen, weil ihr – wie das Ergebnis des Abstammungsgutachtens zeigt – bewusst gewesen sein muss, dass nicht allein der Antragsgegner als Vater des Kindes in Betracht komme. Damit hatten beide beteiligten Erwachsenen zur Unklarheit der Vaterschaft beigetragen. Daher entspricht es nach erfolgloser Vaterschaftsfeststellung regelmäßig der Billigkeit, die Gerichtskosten zwischen ihnen aufzuteilen – beide mussten ihre Anwälte selbst bezahlen.
Hinweis: Ein privat außergerichlich eingeholter Vaterschaftstest kostet nur einen Bruchteil und kann die Fakten klären, bevor man ein gerichtliches Abstammungsverfahren einleitet. Es ist allerdings verboten, diesen Test heimlich durchzuführen, indem man sich zum Beispiel die DNS vom Kind oder vom möglichen Erzeuger verschafft. Das Gericht kann die Begutachtung auch gegen den Willen Beteiligter anordnen.
Quelle: Brandenburgisches OLG, Beschl. v. 10.11.2022 – 10 WF 45/22