Berufung scheitert an Fristablauf: Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand abgelehnt, wenn Faxübermittlung vorschnell aufgegeben wurde
Dass auch Rechtsanwälte nur Menschen sind, denen Fehler passieren können, mag beunruhigen. Denn schließlich wendet man sich als juristischer Laie vertrauensvoll an Profis, die alle Fallstricke des Rechtssystems kennen sollten. Hier stolperte ein solcher Profi nicht nur über eine technische Hürde, sondern vor allem an seiner mangelnden Hartnäckigkeit. Denn beim Fristenablauf kennt auch der Bundesgerichtshof (BGH) nur selten Milde.
Wenn ein Rechtsanwalt eine Berufung gegen ein Urteil einlegen möchte, muss er dafür eine Frist einhalten – in aller Regel einen Monat. Versäumt er diese Frist, ist die Berufung unzulässig. Der Rechtsanwalt dieses Falls wollte am Tag des Fristablaufs eine solche Berufung einlegen und versuchte zwischen 14 Uhr und 15.05 Uhr fünf Mal erfolglos, die Berufungsschrift per Telefax an das zuständige Oberlandesgericht unter der ihm bekannten Nummer des Telefaxanschlusses zu übermitteln. Dies misslang – er verpasste die Frist. Daraufhin stellte er einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand – ein Rettungsring, wenn die Frist nachweislich ohne eigenes Verschulden versäumt worden ist (beispielsweise, weil das Faxgerät beim Gericht defekt war).
Der Antrag des Anwalts wurde jedoch zurückgewiesen. Natürlich gibt es bei der Übermittlung via Telefax zahlreiche Störungsmöglichkeiten. Das befreit einen Rechtsanwalt aber nicht davon, alle weiterhin möglichen und zumutbaren Maßnahmen zur Fristwahrung zu ergreifen, sobald wegen einer technischen Störung eine Faxverbindung (zunächst) nicht zustande kommt. Hier hätte der Anwalt bis zum Fristablauf weitere Übermittlungsversuche unternehmen müssen, um auszuschließen, dass die Übermittlungsschwierigkeiten in seinem Bereich liegen. Es hätte ja schließlich sein können, dass das Faxgerät beim Gericht vielleicht nur für eine Stunde defekt ist. Hier aber hat der Anwalt vorschnell aufgegeben – und der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand wurde auch durch den BGH final abgewiesen.
Hinweis: Fristversäumnis, weil das Faxgerät nicht funktioniert? Damit ist künftig Schluss. Ab 2022 müssen Rechtsanwälte zwingend das besondere elektronische Anwaltspostfach benutzen. Dann werden sämtliche Schriftsätze ausschließlich elektronisch an das Gericht auf sicherem Weg übermittelt.
Quelle: BGH, Urt. v. 26.08.2021 – III ZB 9/21