Beweislast des Klägers: Bei nicht gestelltem Beweisantrag muss kein Gericht von Amts wegen ein Gutachten veranlassen
Wenn zwei sich streiten, hilft ein oft ein neutraler Dritter, der die Lage unter professionellen Gesichtspunkten betrachten und bewerten kann. Bei Gericht nimmt eine solche Position in der Regel ein Gutachter ein. Wann aber genau ein Amtsgericht ein Sachverständigengutachten einzuholen hat, klärt dieser Fall des Bundesgerichtshofs (BGH).
Hier stritten sich die Parteien im Zuge einer Mieterhöhung um die Größe der betreffenden Wohnung. Um ihr Mieterhöhungsbegehren durchzusetzen, zog die Vermieterin vor Gericht. Das damit befasste Amtsgericht (AG) wies die Vermieterin ausdrücklich darauf hin, dass die Einholung eines Sachverständigengutachtens erforderlich sei. Der Rechtsanwalt der Vermieterin hat jedoch – ebenso ausdrücklich – keinen Beweisantrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens gestellt. Als die Klage daraufhin abgewiesen wurde, zog die Vermieterin bis vor den BGH.
Der BGH war jedoch auch der Auffassung, dass die Vorinstanz richtig entschieden hatte. Denn auch von Amts wegen war das AG nicht gehalten, ein Sachverständigengutachten einzuholen. Es ist nicht als ermessensfehlerhaft zu beanstanden, wenn der Richter – nachdem er zuvor auf die Erforderlichkeit eines entsprechenden Beweisantrags hingewiesen hatte – wegen des offen ausgesprochenen entgegenstehenden Willens der beweisbelasteten Partei von der Einholung eines Sachverständigengutachtens von Amts wegen absieht.
Hinweis: Ob ein Sachverständigengutachten, das häufig recht teuer ist, eingeholt werden muss, sollte bereits im Vorfeld eines Prozesses besprochen werden. Es steht im Ermessen des Gerichts, ob es ein Sachverständigengutachten von Amts wegen einholt, wenn die beweisbelastete Partei ein Sachverständigengutachten nicht eigenständig beantragt.
Quelle: BGH, Urt. v. 27.02.2019 – VIII ZR 255/17