Ernstlichkeit des Testierwillens: Fehlende notarielle Beurkundung lässt nicht automatisch auf Entwurfscharakter schließen
Neben der Eigenhändigkeit bei der Errichtung eines privatschriftlichen Testaments ist auch erforderlich, dass der Erblasser das Dokument auch mit dem Willen errichtet, eine letztwillige Verfügung erstellen zu wollen. Beispielsweise ist der handschriftliche Entwurf eines Testaments noch keine wirksame letztwillige Verfügung. Mit der Frage, ob es sich um einen erkennbar letzten Willen oder nur um den Entwurf eines solchen handelte, musste sich das Oberlandesgericht Hamm (OLG) auseinandersetzen.
Dem Rechtsstreit lag eine Auseinandersetzung über die Wirksamkeit einer testamentarischen Verfügung zugrunde. Die Erblasserin hatte zusammen mit ihrem Ehemann verschiedene notarielle Testamente und zuletzt im Jahr 2003 ein handschriftliches Ehegattentestament errichtet. Die Enkelin der Erblasserin war der Ansicht, dass diese letzten Testamente nicht mit Testierwillen verfasst worden seien. Dies folge bereits daraus, dass die Erblasserin und ihr Ehemann sämtliche früheren letztwilligen Verfügungen notariell haben beurkunden lassen. Aus diesem Grund bestünden Zweifel an der Echtheit der Urkunden.
Dieser Argumentation ist das OLG im Ergebnis nicht gefolgt. Kraft Gesetzes ist bei einem eigenhändigen Testament, das den Formanforderungen entspricht, davon auszugehen, dass es sich um ein wirksames Testament handelt. Ergeben sich aus den äußeren Umständen keine Besonderheiten und entspricht das Testament im Übrigen auch den Anforderungen an die Eigenhändigkeit, ist regelmäßig auch von der Ernstlichkeit des Testierwillens bei der Errichtung der letztwilligen Verfügung auszugehen.
Hinweis: Will ein Erblasser lediglich den Entwurf eines privatschriftlichen Testaments erstellen und erfolgt dies handschriftlich, muss das Schriftstück sicherheitshalber auch als „Entwurf“ gekennzeichnet werden, da anderenfalls davon auszugehen ist, dass es sich bereits um die beabsichtigte letztwillige Verfügung handelt.
Quelle: OLG Hamm, Urt. v. 11.08.2022 – 10 U 68/22