Europäisches Nachlasszeugnis: EuGH muss klären, welche Einwendungen eine Erteilung verhindern
Ein Sachverhalt mit internationalem Bezug hat das Amtsgericht Lörrach (AG) dazu veranlasst, dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) Fragen zur Europäischen Erbrechtsverordnung vorzulegen. Konkret geht es um die konkrete Auslegung, wann welche Arten der Einwendungen die Erteilung eines Nachlasszeugnisses verhindern können.
Was genau war dort passiert? Der verstorbene Erblasser, der sowohl deutscher als auch französischer Staatsangehöriger war, lebte mit seiner Frau zuletzt in Deutschland. Die Ehefrau beantragte ein europäisches Nachlasszeugnis, das sie als Alleinerbin ausweist. Sie berief sich hierbei auf ein gemeinschaftliches handschriftliches Testament, in dem sich die Eheleute gegenseitig als Alleinerben einsetzen. Es existierte aber auch ein älteres Testament, in dem der Erblasser seine Enkelkinder zu Erben eingesetzt hatte. Die Enkel waren nun der Ansicht, dass der Erblasser nicht mehr testierfähig gewesen sei und die Unterschrift unter dem gemeinschaftlichen Testament nicht vom Erblasser stamme.
Das AG war jedoch der Ansicht, dass die Einwendungen der Enkel substanzlos seien. Nach der Europäischen Erbrechtsverordnung gilt, dass die zuständige Behörde das Nachlasszeugnis unverzüglich ausstellt, sobald der Sachverhalt feststehe. Die Behörde darf das Nachlasszeugnis aber nicht ausstellen, wenn Einwände gegen den zu bescheinigenden Sachverhalt anhängig sind.
Das AG möchte nun vom EuGH wissen, wie die Regelung zu den Einwänden gegen die Erteilung des Nachlasszeugnisses zu verstehen sind.
- Reicht beispielsweise jede Einwendung bereits aus, um die Erteilung des Zeugnisses zu verhindern?
- Geht es nur um Einwände, die im Ausstellungsverfahren für das Zeugnis vorgebracht wurden?
- Ist die Regelung möglicherweise so zu verstehen, dass nur Einwände, die aus einem anderen Verfahren herrühren, berücksichtigt werden müssen, beispielsweise aus einem Erbscheinsverfahren?
Das AG hat daher das Verfahren zunächst ausgesetzt und die entsprechenden Fragen an den EuGH zu Beantwortung vorgelegt.
Hinweis: Diese Auslegungsfrage hatte die Gerichte bereits in der Vergangenheit beschäftigt, ohne dass es zu einer Vorlage gekommen ist. Derartige Vorlagen zur Auslegung sind nicht ungewöhnlich, führen aber dazu, dass ein Verfahren bis zur Entscheidung des EuGH ausgesetzt wird und erst dann eine Entscheidung des nationalen Gerichts erfolgt.
Quelle: AG Lörrach, Beschl. v. 21.03.2023 – 23 VI 1236/21