Fehlende Krankenhaushygiene: Darlegungslast trifft nach einer Infektion mit dem Krankenhausvirus die Behandlungsseite
Wer ins Krankenhaus kommt, hofft naturgemäß auf Gesundung statt auf eine zusätzliche Infektion. So mancher Patient hat sich jedoch im Krankenhaus schon mit Viren angesteckt, und zwar schon vor Corona. Inwieweit wen in solchen Verdachtsmomenten die Nachweispflicht trifft, musste der Bundesgerichtshof (BGH) in einem folgenschweren Infektionsfall mit einem Krankenhausvirus bewerten.
Bei einer an Diabetes leidenden Patientin wurden in einer Klinik eine Magenspiegelung, eine Koloskopie und eine Schmerztherapie durchgeführt. Insgesamt war sie neun Tage in der Klinik. Drei Tage nach ihrer Entlassung wurde sie erneut eingeliefert, dieses Mal mit erheblichen Schmerzen. Sechs Tage später verstarb sie an einer schweren Blutvergiftung. Danach wurde bei ihr der Keim Staphylococcus aureus nachgewiesen – ein sogenannter Krankenhauskeim. Dafür wollten die Erben nun Schmerzensgeld erhalten und klagten. Sie machten eine mangelhafte Hygiene im Krankenhaus für den Tod verantwortlich.
Der BGH verwies die Angelegenheit an das Berufungsgericht zurück, da die Behauptung der Erbinnen in seinen Augen dafür ausreiche. Die Klägerinnen hatten ausgesagt, dass die Patientin in mehrfacher Hinsicht fehlerhaft behandelt worden sei – durch die Möglichkeit eines beim ersten stationären Aufenthalt erworbenen Keims, durchgängige Hygieneverstöße struktureller Art und individuelle Versäumnisse, die sie beobachtet hätten. Nun muss das Krankenhaus darlegen, welche konkret ergriffenen Maßnahmen zur Sicherstellung der Hygiene und zum Infektionsschutz bei der Behandlung der Patientin vorlagen, beispielsweise durch Vorlage von Desinfektions- und Reinigungsplänen sowie einschlägigen Hausanordnungen und Bestimmungen des Hygieneplans.
Hinweis: Das Urteil des BGH ist für Patientinnen und Patienten ein wichtiger Schritt. Es reicht zunächst also grundsätzlich aus, einzelne Hygienefehler des Krankenhauses zu benennen. Dann ist es am Krankenhaus darzulegen, welche Maßnahmen es zur Sicherstellung der Hygiene und zum Infektionsschutz erlassen hatte.
Quelle: BGH, Urt. v. 18.02.2020 – VI ZR 280/19