Fehler des TÜV-Prüfers: Nicht ordnungsgemäßes Schließen der Motorhaube führt im Ernstfall zu Schadensersatzansprüchen
Alle zwei Jahre hoffen Kraftfahrzeughalter bundesweit darauf, dass ihre Fahrzeuge die pflichtgemäße Hauptuntersuchung (HU) ohne Mängel durchlaufen. Klebt der Prüfer die begehrte Plakette schließlich ans Kfz-Kennzeichen, darf man sich darauf verlassen, dass alles in bester Ordnung sei. Oder etwa nicht? Das Oberlandesgericht Oldenburg (OLG) musste sich im hier behandelten Fall mit den Folgen einer Nachlässigkeit befassen und die Frage beantworten, wer die finanziellen Konsequenzen zu tragen hat.
Während der Fahrt auf einer Autobahn klappte die Motorhaube eines Pkw hoch, wodurch es zu einem Totalschaden am Fahrzeug kam. Kurz zuvor war der Ehemann der Fahrerin beim Technischen Überwachungsverein (TÜV) zur ordnungsgemäßen HU gewesen und hatte dort auch die orangene Plakette erhalten. Nun verklagte er das Land Niedersachsen auf Schadensersatz. Der TÜV-Prüfer hatte zwar vor Gericht ausgesagt, er kontrolliere nach der Prüfung des Motors stets standardmäßig, dass die Motorhaube wieder ordnungsgemäß einraste. Doch dieser Aussage konnte das Gericht nach dem Konter eines Gutachters keinen Glauben schenken.
Der Kläger hatte beim OLG Erfolg. Nach den Ausführungen des gerichtlich hinzugezogenen Sachverständigen steht fest, dass die Motorhaube nicht ordnungsgemäß verriegelt gewesen sei. Der ganze Schließmechanismus sei entfettet und trocken gewesen, was dazu geführt habe, dass das Schloss nicht richtig arretiert habe. Offenbar habe der Prüfer die Arretierung der Motorhaube nicht sichergestellt. Eine andere Schadensursache käme hier nicht in Frage. Insbesondere könne ausgeschlossen werden, dass der Kläger oder seine Frau die Motorhaube nach der TÜV-Untersuchung geöffnet und sodann nicht wieder richtig verschlossen hätten. Für sie hätte so kurz nach dem TÜV auch keine Verpflichtung bestanden, das Auto noch einmal zu kontrollieren. Der Kläger müsse sich daher auch kein Mitverschulden anrechnen lassen.
Hinweis: Die Amtspflichten eines amtlich anerkannten Kfz-Prüfers zur gewissenhaften Durchführung einer HU bestehen gegenüber jedem potentiellen (Unfall-)Opfer des Straßenverkehrs. Kommt ein Verkehrsteilnehmer dadurch zu (körperlichem) Schaden, dass er in einen Unfall mit einem verkehrsuntauglichen Kfz verwickelt wird, haftet die für die Prüfstelle verantwortliche öffentliche Körperschaft (hier: Land) nach Amtshaftungsgrundsätzen (§ 839 Bürgerliches Gesetzbuch, Art. 34 Grundgesetz), wenn der Prüfer pflichtwidrig und schuldhaft den die Verkehrssicherheit aufhebenden Mangel übersieht, infolgedessen den Weiterbetrieb des Kfz nicht verbietet und dieser Mangel den Verkehrsunfall verursacht.
Quelle: OLG Oldenburg, Urt. v. 03.06.2022 – 6 U 31/22