Kein Mitbestimmungsrecht: Betriebsrat muss bei Gehaltskürzung seines Vorsitzenden nicht gefragt werden
Hintergrund dieses Verfahrens ist ein Urteil des Bundesgerichtshofs vom Anfang des Jahres, wonach die Vergütung von Betriebsräten bei Volkswagen viel zu hoch gewesen ist. Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg (LAG) wurde daher mit der Beantwortung der Frage beauftragt, ob es sich bei der Gehaltskürzung eines freigestellten Betriebsratsvorsitzenden um eine Umgruppierung gehandelt habe, an der der Betriebsrat hätte beteiligt werden müssen.
Es ging um ein Großkraftwerk mit 500 Arbeitnehmern und einem elfköpfigen Betriebsrat. Der Betriebsratsvorsitzende, der bereits 1994 in den Betriebsrat gewählt wurde, war seit dem Jahr 1998 von seiner beruflichen Tätigkeit freigestellt. Vorsitzender des Betriebsrats wurde er im März 2002. Bis zu seiner Freistellung war er als Schlosser tätig und wurde nach dem Haustarifvertrag eingruppiert und bezahlt. Seit 2006 wurde er als außertariflicher Angestellter geführt und vergütet. Im Jahr 2011 erhielt er sogar noch einen Dienstwagen mit privater Nutzungsmöglichkeit. Mitte letzten Jahres kürzte das Unternehmen dann die Vergütung des Betriebsratsvorsitzenden und entzog ihm den Dienstwagen.
Die Vergütung sei nach Auffassung des Arbeitgebers auf Grundlage der Vergütungsentwicklung derjenigen Arbeitnehmer zu ermitteln, die mit dem Betriebsratsvorsitzenden vor dessen Amtsantritt als Betriebsrat vergleichbar gewesen sind. Außerdem seien die Regelungen aus dem Haustarifvertrag zu beachten. Das Betriebsratsgremium meinte nun, dass es sich bei der Vergütungskürzung um eine Umgruppierung im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes handeln würde. Bei Umgruppierungen sei jedoch der Betriebsrat zu beteiligen. Daher leitete dieser ein Beschlussverfahren ein und verlangte, dass er bei der Kürzung der Vergütung seines Vorsitzenden mitzubestimmen hätte.
Das LAG sah dies anders. Das Unternehmen musste den Betriebsrat nicht beteiligen. Der Betriebsratsvorsitzende übte schließlich gar keine Tätigkeiten aus, die in Anwendung einer einschlägigen kollektiven Vergütungsordnung im Sinne einer Eingruppierung bzw. Umgruppierung hätte bewertet werden können. Die Ermittlung des Vergleichsentgelts und die hierauf erfolgte Vergütungskürzung beruhten vielmehr auf einer bloßen Durchschnittsberechnung der von anderen Arbeitnehmern bezogenen Vergütung.
Hinweis: Das Gericht hat ausdrücklich nicht über die Frage entschieden, ob die Gehaltskürzung und der Entzug des Dienstwagens rechtmäßig waren. Das wird vermutlich Gegenstand eines weiteren Gerichtsverfahrens zwischen dem Betriebsratsvorsitzenden und dem Unternehmen sein.
Quelle: LAG Baden-Württemberg, Beschl. v. 26.05.2023 – 12 TaBV 1/23