Keine Grundrechtsverletzung: Vater kann zum gleichzeitigen Besuch seiner drei Kinder verpflichtet werden
Dass Umgangsrecht gleichsam auch eine Pflicht ist, der man sich nur schwerlich entziehen kann, beweist im Folgenden ein Fall, der bis vor das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) ging. Hierbei handelte es sich nicht etwa um einen Elternteil, der keinerlei Kontakt zu seinen Kindern wünschte, sondern mehr Flexibilität in der Form der Umgangsregelung. Warum aber selbst dies nicht einfach ist, lesen Sie hier.
Der Vater dreier Söhne sah nach der Trennung ein Problem darin, immer mit allen drei Kindern gleichzeitig Umgang zu haben. Seine Wohnung sei nicht groß genug und er sei nicht so belastbar. Seine neue Ehefrau empfinde die lautstarken Streitereien der Kinder zudem als Zumutung. Beim Familiengericht (FamG) wurde er damit nicht gehört. Es sei nicht im Sinne der Kinder, Sonderrollen und Stigmatisierungen zu erleben, wenn sie für den Umgang mit dem Vater getrennt würden. Die Geschwisterbeziehung sei normal. Das FamG ordnete daher einen Umgang alle zwei Wochen von Samstagvormittag bis Sonntagnachmittag und in der Hälfte der Ferien an. Eine Wochenendübernachtung sei ihm auch mit den drei Kindern zumutbar, und zur Entlastung der Mutter bedürfe es der Ferienregelung. Er könne sich bezüglich der Erziehungsschwierigkeiten beim Jugendamt beraten lassen und in den Ferien auf Betreuungsangebote der Schule oder anderer Anbieter zurückgreifen.
Als der Vater auch beim Oberlandesgericht nichts anderes erreichen konnte, wandte er sich an das BVerfG. Er sah sein Persönlichkeitsrecht, sein Elternrecht und Rechte der Kinder durch den erzwungenen Umgang verletzt. Das BVerfG setzte sich damit auseinander, ob man einen unwilligen Elternteil überhaupt zum Umgang zwingen kann und ob ein mit Zwangsmitteln erzwungener Umgang dem Kindeswohl dienen könne. Bereits 2008 hatte es eine BVerfG-Entscheidung dazu gegeben, dass Eltern Verantwortung für ihre Kinder haben (Art. 6 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz), und die den Umgang mit dem Kind zur elterlichen Pflicht erhebt (§ 1684 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch). Der Umgang trage in der Regel zur gedeihlichen Persönlichkeitsentwicklung der Kinder bei. Allerdings sei zu prüfen, ob ein erzwungener Umgang dazu führe, dass nur die körperliche Anwesenheit des Elternteils zu erwarten sei, nicht aber seine emotionale Zuwendung. Denn wenn ein Kind Ablehnung und Widerwillen spüre, sei das nicht gut für sein Selbstwertgefühl. Daraus hatte das BVerfG in dem früheren Fall den Grundsatz abgeleitet, dass ein durch die Androhung von Zwangsmitteln herbeigeführter Umgang grundsätzlich nicht kindeswohldienlich sei.
Hier aber lag es anders: Der Vater lehnte die Kinder nicht ab und hatte keinen Widerwillen gegen die Kinder, ihm gefiel nur die konkrete Regelung nicht. Es sei auch nicht vorwegzunehmen, ob der Umgang wirklich mit Zwangsmitteln durchgesetzt oder ob der Vater sich mit dem Ergebnis doch arrangieren werde. In einem Zwangsmittelverfahren werde die konkrete Sachlage erneut geprüft. Seine Verfassungsbeschwerde wurde daher verworfen.
Hinweis: Soweit der Vater auch die Verletzung von Grundrechten der Kinder vorbrachte, wurde dies nicht geprüft, denn bei gemeinsamem Sorgerecht konnte er dies nicht ohne Mitwirkung der Mutter.
Quelle: BVerfG, Beschl. v. 17.02.2022 – 1 BvR 743/21