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27. April 2023
Keine Vor- und Nacherbschaft: Laut Oberlandesgericht kann Berliner Testament auch aus drei Urkunden bestehen

Ehegatten können ein gemeinschaftliches Testament (sogenanntes Berliner Testament) errichten. Hierfür reicht es aus, wenn einer der Ehegatten das Testament formwirksam errichtet und der andere Ehegatte die gemeinschaftliche Erklärung eigenhändig mitunterzeichnet. Das Brandenburgische Oberlandesgericht (OLG) musste im folgenden Fall bewerten, ob auch verschiedene Urkunden ein solches Berliner Testament begründen können.

In einer Entscheidung des OLG hatten die Eheleute im Jahr 1993 zunächst verfügt, dass die drei Kinder zu gleichen Anteilen alles erhalten sollten, was die Eltern besitzen, sollte diesen etwas zustoßen. In einer weiteren Verfügung aus dem Jahr 2002 setzte die Ehefrau ihren Mann in einem handschriftlich verfassten Testament zum Alleinerben ein. Wenige Tage später verfasste der Ehemann ebenfalls ein handschriftliches Testament, in dem er seine Ehefrau zur Alleinerbin einsetzte. 2014 verfassten beide Eheleute einen „Nachtrag zum Testament“, in dem sie bestimmten, dass der Besitz erst nach „unser beiden Ableben“ an die Erben aufgeteilt werden soll. Vor dieser Zeit solle ein Pflichtteil nur im Notfall ausgezahlt werden. Nach dem Tod der Ehefrau beantragte der überlebende Ehemann einen Erbschein, der ihn als Alleinerben auswies. Die Kinder waren jedoch der Ansicht, dass die Eltern eine Vor- und Nacherbschaft angeordnet hätten.

Dieser Ansicht schloss sich das OLG in letzter Instanz jedoch nicht an. Es ging vielmehr davon aus, dass es sich bei den testamentarischen Verfügungen insgesamt um ein Berliner Testament gehandelt habe. Die Eheleute haben sich wechselseitig zu Alleinerben und die Kinder zu Schlusserben des Letztversterbenden eingesetzt. Dies sei auch möglich, wenn die Anordnungen in verschiedenen Urkunden und mit einem zeitlichen Abstand von mehreren Jahren getroffen wurden.

Hinweis: Bei der Erstellung einer letztwilligen Verfügung schließen die Bezeichnungen als „Vollerben“ sowie „Schlusserben“ eine Vor- und Nacherbschaft begrifflich aus.

Quelle: Brandenburgisches OLG, Beschl. v. 20.01.2023 – 3 W 133/22