Kinder aus lesbischen Beziehungen: Keine Hochzeit, keine Stiefkindadoption, kein Umgangsrecht
Bei gleichgeschlechtlichen Partnerschaften und ihren Kindern sieht es nach Trennungen nicht anders aus als bei heterosexuellen: Gegen Zank und Enttäuschung bleibt kein Kraut gewachsen – völlig egal, wer wen liebt oder eben auch nicht (mehr). Und so müssen Gerichte wie das Oberlandesgericht Karlsruhe (OLG) sich bei Trennungen Unverheirateter ausschließlich am Kindeswohl orientieren, das in Fällen wie diesem die leibliche Mutter oftmals ganz allein in der Hand hat.
Zwei Frauen liebten sich zehn Jahre lang und setzten ihren gemeinsamen Kinderwunsch so um, dass eine der beiden künstlich befruchtet wurde und das Kind austrug. Eigentlich sollte die zweite Frau das zweite Kind gebären, aber sie entschieden sich dann anders. Wieder wurde die erste Frau befruchtet. Die zweite Frau nahm die Rolle der Co-Mutter ein, von der Begleitung bei den Geburten bis hin zur alltäglichen Fürsorge für die Kinder. Die Kinder nannten die eine „Mama“, die andere „Mom“. Rechtlich gab es zwischen der zweiten Frau und den Kindern aber kein Band, die Frauen heirateten auch nicht. Das rächte sich bei der Trennung, denn die nicht-leibliche „Mom“ wurde aus der Familie ausgegrenzt und verlor den Kontakt zu den Kindern. Die Kinder waren im Laufe des Gerichtsverfahrens nicht bereit, sich auf ein Treffen mit „Mom“ einzulassen. Jugendamt und Verfahrensbeiständin sahen einen Loyalitätskonflikt bei den Kindern und empfahlen eine professionelle Umgangsbegleitung zur Abarbeitung.
Das Amtsgericht Freiburg und das OLG jedoch halfen der „Mom“ nicht. Aus Rechtsgründen war die „Mom“ ja nur eine „sonstige Bezugsperson“, kein Elternteil, so dass die „Kindeswohldienlichkeit“ des Umgangs positiv vom Gericht hätte festgestellt werden müssen. Obwohl das Gericht den von der „Mama“ initiierten Beziehungsabbruch nicht guthieß und ihre Kritik am Erziehungsstil der „Mom“ nicht mittrug, kam sie damit im Ergebnis durch. Das OLG sah aufgrund der Vehemenz der Ablehnung der „Mama“ keine Chance für kindeswohldienliche Kontakte zur „Mom“. Sie sehe ihre Aufgabe darin, die Kinder vor Zusammentreffen mit der „Mom“ zu schützen. Das OLG war davon überzeugt, dass die „Mama“ im Fall der gerichtlichen Anordnung von Umgangskontakten alles daran setzen würde, diese zu verhindern. Weil es dem Gericht nicht gelungen sei, die „Mama“ vom Wert des Kontakts zur „Mom“ zu überzeugen, werde sie innerlich sowieso nichts mittragen. Der Loyalitätskonflikt der Kinder werde aber ohne ihre Mitwirkung nicht aufgearbeitet, sondern würde bei erzwungenem Umgang noch verschärft. Eine Umgangspflegschaft sei für die Kinder mit der Gefahr von Belastungen verbunden und daher nicht „positiv kindeswohldienlich“.
Hinweis: Hätten die Frauen geheiratet, und die „Mom“ hätte die Stiefkinder adoptiert, wäre die Rechtslage deshalb eine andere gewesen, weil dann die Umgangskontakte grundsätzlich als kindeswohldienlich gegolten hätten.
Quelle: OLG Karlsruhe, Beschl. v. 30.06.2022 – 18 UF 22/22