Kniff mit privater Rentenversicherung: Wie man zumindest einen Teil seines Kapitals dem Versorgungsausgleich entzieht
Wenn Eheleute Gütertrennung vereinbaren, möchten sie im Scheidungsfall ihr Vermögen nicht teilen. Konfliktstoff gibt es aber, wenn es private Rentenversicherungen gibt, die nicht dem Zugewinnausgleich, sondern dem Versorgungsausgleich unterfallen. Diese Feinheiten werden vielen Eheleuten erst klar, wenn sie im Rahmen des Scheidungsverfahrens anwaltlich beraten werden und – wie in diesem Fall des Oberlandesgerichts Hamm (OLG) – vor den Richtern landen.
Ein Mann hatte 34.000 EUR in einer solchen Versicherung angelegt, die beim Versorgungsausgleich an die Frau übertragen worden wären. Nach Zustellung des Scheidungsantrags übte er aber das Kapitalwahlrecht aus. Diesen taktischen Kniff verfolgte er mit dem Ziel, das Kapital nicht beim Versorgungsausgleich teilen zu müssen. Das klappte auch, denn der Bundesgerichtshof (BGH) hatte 2012 entschieden, dass private Rentenversicherungen dann nicht mehr dem Versorgungsausgleich unterliegen, wenn das Kapitalwahlrecht ausgeübt wurde – auch wenn das erst im Lauf des Scheidungsverfahrens erfolgt. Die Frau argumentierte nun aber, dass die Ausübung des Kapitalwahlrechts „treuwidrig“ gewesen sei. Damit war die Billigkeitsvorschrift des § 27 Versorgungsausgleichsgesetz zu prüfen.
Das OLG nahm dieses „Gerechtigkeitskorrektiv“ zur Hand. In Fällen der Entziehung eines Versorgungsanrechts verbiete die Teilhabegerechtigkeit eine schematische Durchführung des Versorgungsausgleichs. Nach der Rechtsprechung des BGH liegt das treuwidrige Verhalten des auf sein Versorgungsanrecht einwirkenden Ehegatten nicht darin, dass er sein Anrecht dem Versorgungsausgleich entzogen hat, sondern darin, dass er gleichwohl in unverminderter Höhe an den Anrechten des anderen Ehegatten teilhaben will. An das Kapital aus der privaten Rentenversicherung kam man nicht mehr dran. Aber es erschien unbillig, dass der Mann aus der gesetzlichen Rente der Frau etwas bekommen sollte. Leider steckte dort nur ein Kapital von 19.000 EUR, das der Mann nicht übertragen bekam – unterm Strich hat ihm sein Handeln also doch einen erheblichen Vorteil verschafft. Das wäre anders gewesen, wenn die Frau 34.000 EUR oder mehr Kapital in ihrer Rente gehabt hätte.
Hinweis: Für diese Billigkeitskorrektur ist es nicht relevant, dass der Ausgleichsberechtigte nicht ausreichend abgesichert ist oder dass der Pflichtige besonders stark auf das Behalten seiner Anrechte angewiesen ist. Es geht darum, die gleichberechtigte Teilhabe der Ehegatten an dem in der Ehe erworbenen Versorgungsvermögen zu ermöglichen.
Quellen: OLG Hamm, Beschl. v. 28.04.2022 – 5 UF 210/21