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20. März 2024
Späteres Testament: Wenn die Verfügung von Todes wegen nur zum „vorletzten Willen“ wird

Ein Testament kann dadurch aufgehoben werden, dass ein Erblasser eine neue Verfügung von Todes wegen aufsetzt, die zu dem früheren Testament in einem Widerspruch steht. So war es auch der Fall bei einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf (OLG).

Die ledige und kinderlose Erblasserin hatte insgesamt vier handschriftliche Testamente errichtet. Zwei Geschwister, eine Schwester und ein Bruder der Erblasserin, waren bereits verstorben. Eine Großnichte der Erblasserin war der Ansicht, aufgrund eines der Testamente zur Ersatzerbin nach der verstorbenen Schwester der Erblasserin benannt worden zu sein. Sie berief sich hierbei auf ein Testament aus dem Jahr 2009, in dem die Erblasserin verfügte, dass für den Fall, dass die Schwester versterben sollte, sie ihre Großnichte zur Nacherbin einsetzt. Im April 2016 errichtete die Erblasserin dann ein letztes Testament, in dem sie an der Erbeinsetzung ihrer damals noch lebenden Schwester zwar nichts änderte, eine Ersatzerbeneinsetzung aber nicht mehr vornahm.

Das OLG schloss sich der Ansicht des Nachlassgerichts an, dass durch diese letzte Errichtung des Testaments und durch das Vorversterben der Schwester die gesetzliche Erbfolge eingetreten sei. Steht das zeitlich nachfolgende Testament in einem Widerspruch zu einem früheren Testament, wird dieses frühere Testament aufgehoben. Ein solcher Widerspruch liegt nicht nur vor, wenn die Testamente sachlich miteinander nicht vereinbar sind – sich also gegenseitig ausschließen -, sondern auch dann, wenn die Anordnungen in ihrer Gesamtheit den späteren Absichten eines Erblassers entgegenstehen. Dies ist dann der Fall, wenn ein Erblasser mit dem späteren Testament seine Erbfolge insgesamt abschließend und umfassend regelt. Von diesem letztgenannten Fall ist das OLG ausgegangen. In dem Testament aus dem Jahr 2016 hatte die Erblasserin die Erbeinsetzung ihrer Schwester lediglich wiederholt, die Benennung eines Ersatzerben aber unterlassen. Hätte sie eine erneute Ersatzerbeneinsetzung vornehmen wollen, hätte es dieser neuen letztwilligen Verfügung nicht bedurft. Aus diesem Grund ging das Gericht davon aus, dass die Erblasserin ihre Erbfolge im Jahr 2016 grundsätzlich neu regeln wollte. Hierdurch ist aufgrund des Vorversterbens der Schwester und des Tods der Erblasserin die gesetzliche Erbfolge eingetreten. Der Erbscheinsantrag der Großnichte wurde zurückgewiesen.

Hinweis: In einem Verfahren auf Erteilung eines Erbscheins gehen verbleibende Zweifel zu Lasten desjenigen, der sich trotz Widerspruchs zwischen dem früheren und dem späteren Testament auf das frühere Testament beruft.

Quelle: OLG Düsseldorf, Beschl. v. 19.12.2023 – 3 Wx 189/23