Syrische „Handschuhehe“: Erteilte Vollmacht muss sich auf konkrete Braut beziehen
Nach dem syrischen Eherecht ist eine Stellvertretung bei der Eheschließung möglich. Dem Stellvertreter kann unter bestimmten Umständen sogar die konkrete Auswahl des Ehepartners überlassen werden. Während Ersteres in Deutschland durchaus anerkannt werden kann, ist die zweite Variante – die Wahl des Ehepartners anderen zu überlassen – hierzulande rechtlich nicht akzeptabel. Beide Möglichkeiten in einem konkreten Fall voneinander zu unterscheiden, war Aufgabe des Oberlandesgerichts Nürnberg (OLG).
Während es in Deutschland undenkbar ist, dass eine standesamtliche Hochzeit ohne persönliche Anwesenheit beider Brautleute vollzogen wird, lassen andere Rechtsordnungen dies zu. So war ein Syrer in Syrien verheiratet worden, während er sich in Deutschland befand. Dabei wurde er durch seinen Vater vertreten, dem er drei Jahre zuvor eine entsprechende Vollmacht erteilt hatte. Man nennt dies „Handschuhehe“. Als das syrische Paar nun in Deutschland ein Kind bekam, war es beim Standesamt, um die Eheschließung nach deutschem Recht anerkennen zu lassen. Die einst erteilte Vollmacht war jedoch zu allgemein und umfassend formuliert, was die konkrete Bezeichnung bzw. Benennung der Braut anging.
Wäre die Braut in der Vollmacht namentlich genannt gewesen, wäre auch die Eheschließung anerkannt worden. Aus deutscher Sicht inakzeptabel ist es aber, mit jemandem verheiratet zu werden, den womöglich ein anderer per Vollmacht ausgesucht habe. Und dass zwischen der Vollmachterteilung und der Hochzeit in Syrien ganze drei Jahre vergingen, erweckte beim OLG durchaus den Anschein, dass der Vater die Braut ausgesucht habe (was dieser bestritt). Praktische Probleme entstanden bei der Beweisaufnahme zudem dadurch, dass vom syrischen Staat keine Rechtshilfe zu erwarten war, und weil eine Zeugenvernehmung per Videokonferenz mit dem Ausland verfahrensrechtlich unzulässig ist. Der bevollmächtigte Vater konnte daher nicht als Zeuge vernommen werden. Deshalb konnte der Mann seine Behauptung nicht beweisen, dass bereits bei Erteilung der Vollmacht allen klar gewesen sei, um welche konkrete Braut es ginge.
Hinweis: So skurril es manchen erscheinen mag, Handschuhehen sind in Deutschland durchaus anerkennungsfähig. Dafür muss eine hierzu erteilte Vollmacht aber aussagekräftig genug sein, um den Anschein auszuräumen, dass andere als der Ehepartner selbst die Brautwahl übernommen haben könnten.
Quelle: OLG Nürnberg, Beschl. v. 07.02.2023 – 11 W 2076/22