Teerschwelle auf dem Weg: Keine Haftung nach Sturz über erkennbare Hindernisse
„Augen auf im Straßenverkehr!“ ist immer eine gute Devise. Und die gilt in Verbindung mit Geschwindigkeit und Fallhöhe vor allem auch für die relativ ungeschützten Radler, wie der folgende Fall des Landgerichts Köln (LG) beweist. Denn hier war die Frage, ob eine Gemeinde stets für optimale Straßenverhältnisse zu sorgen und entsprechend in jedem bzw. für jeden Fall haftbar gemacht werden kann.
Eine Radfahrerin befuhr eine Ortsverbindungsstraße, auf der zu Entwässerungszwecken eine Teerschwelle von 30 cm Breite und 10 cm Höhe aufgebracht worden war. Um die Schwelle zu passieren, stoppte sie abrupt und fiel einige Meter weiter zu Boden. Sie zog sich erhebliche Verletzungen zu und forderte Schadensersatz und Schmerzensgeld von der Gemeinde. Ihrer Meinung nach habe diese nicht ausreichend vor der Schwelle gewarnt oder diese ausreichend kenntlich gemacht. Daher liege eine Verkehrssicherungspflichtverletzung vor.
Das LG wies die Klage ab. Die Schwelle sei aufgrund ihrer (im Vergleich zur Fahrbahn) dunkleren Färbung für die Radfahrerin erkennbar gewesen. Wäre sie mit der gebotenen Sorgfalt und angepasster Geschwindigkeit unterwegs gewesen, hätte sie die Schwelle rechtzeitig erkennen müssen. Die Gemeinde ist nicht verpflichtet, vor Hindernissen zu warnen, die erkennbar sind. Zudem dürften Fahrradfahrer auch nicht darauf vertrauen, dass immer optimale Straßenverhältnisse vorherrschen – im Gegenteil: Sie müssen vielmehr immer mit Unebenheiten rechnen.
Hinweis: Verkehrssicherungspflicht bedeutet nicht, dass Straßen gefahrlos und frei von allen Mängeln sein müssen, denn eine vollständige Gefahrlosigkeit kann mit zumutbaren Mitteln nicht erreicht werden. Es sind allerdings diejenigen Gefahren auszuräumen, die für einen sorgfältigen Benutzer der Straße nicht oder nicht rechtzeitig erkennbar sind und auf die er sich nicht oder nicht rechtzeitig einzurichten vermag. Bei Radwegen können gefährliche Vertiefungen und Hindernisse, mit denen der sorgfältige Radfahrer nicht zu rechnen braucht, zu einer Haftung wegen Verkehrssicherungspflichtverletzung führen.
Quelle: LG Köln, Urt. v. 16.05.2023 – 5 O 16/23