Trotz hohen Verkehrsaufkommens: Überfahren der Haltelinie und Einfahren in die Kreuzung müssen in einem Zug erfolgen
Welche Verkehrsteilnehmer kennen es nicht: Das Verkehrsaufkommen macht es einem manchmal schwer, sich in ihm ordnungsgemäß durchzuwurschteln. Doch Obacht gilt hier natürlich besonders für alle, die sich motorisiert bewegen möchten. Das zeigt auch das Urteil des Berliner Kammergerichts (KG), das fragliche Situationen auf verkehrsreichen Straßen naturgemäß kennt. Sich diesem dann als sogenannter Kreuzungsräumer zu verkaufen, ist daher besonders schwer, wie der folgende Fall beweist.
Der Betroffene fuhr auf einer Straße mit hohem Verkehrsaufkommen. An einer ampelgeregelten Kreuzung, an der er zunächst Grünlicht hatte, gelang es ihm nur, mit den Vorderrädern über die Haltelinie zu fahren, dann musste er wegen sich rückstauender Rechtsabbieger mit seinem Fahrzeug noch wenige Meter vor der Lichtzeichenanlage anhalten. Seine Fahrt setzte er erst fort, als die Ampel bereits Rotlicht zeigte. Daraufhin erging gegen ihn wegen eines fahrlässig begangenen Rotlichtverstoßes mit Gefährdung anderer ein Bußgeldbescheid in Höhe von 250 EUR und ein Fahrverbot von einem Monat. Dagegen legte der Mann Einspruch ein, da er nach seiner Ansicht keinen Rotlichtverstoß begangen habe, da er ein berechtigter Kreuzungsräumer gewesen sei.
Das KG wies die Rechtsbeschwerde jedoch zurück. Mit Zeitpunkt des Umschaltens der Lichtzeichenanlage auf Rot gilt das Haltegebot vor der Kreuzung, auch wenn der Fahrer zuvor noch bei Grün die vorgelagerte Haltelinie überfahren habe. Wenn das Überfahren der Haltelinie und das Einfahren in die Kreuzung nicht in einem Zug erfolgen, darf der Fahrer bei Rot nicht weiterfahren, wenn er sich noch vor dem Kreuzungsraum befindet. Anders ist die Lage, wenn sich der Betroffene beim Farbwechsel schon voll im geschützten Bereich befindet. Dann darf er unter Beachtung des einsetzenden Gegen- und Querverkehrs mit Vorrang den Schutzbereich vorsichtig verlassen (Kreuzungsräumer).
Hinweis: Um dem Einzelfall bei dieser besonderen Verkehrssituation gerecht zu werden, muss das Gericht sorgfältig prüfen, ob der Kraftfahrzeugführer mit dem Einfahren in den Kreuzungsbereich bei Rotlicht seine Pflichten „grob“ im Sinne des § 25 Abs. 2 Satz 1 Straßenverkehrsgesetz verletzt hat.
Quelle: KG, Beschl. v. 24.01.2022 – 3 Ws (B) 354/21