Übertragung der Nacherbenanwartschaft: Grundbuchberichtigung auf Basis des Erbscheins, wenn Grundstück noch zum Nachlass gehört
Wird eine Immobilie vererbt, bedarf es in der Folge einer Berichtigung des Grundbuchs, da die Eintragung durch den Tod des Eigentümers unrichtig geworden ist. Der Nachweis der Unrichtigkeit wird durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden geführt. In der Regel reicht hierfür die Vorlage eines Erbscheins aus. Anders kann es allerdings wie im Fall des Saarländischen Oberlandesgerichts (OLG) sein, wenn sich aus anderen Umständen Zweifel ergeben, dass das betroffene Grundstück oder ein Teil davon noch zum Nachlass gehört.
Nach dem Tod der Erblasserin 2007 beantragte eine Erbin die Erteilung eines gemeinschaftlichen Erbscheins, der sie und zwei weitere Beteiligte als Nacherben auswies. Die Vorerbin war bereits vor Antragstellung verstorben. Das Nachlassgericht erteilte einen entsprechenden Erbschein. Unter Berufung auf diesen Erbschein beantragte die Miterbin dann die Berichtigung des Grundbuchs einer im Eigentum der Erblasserin stehenden Immobilie und ihre Eintragung als Miteigentümerin. Hiergegen setzte sich ein weiterer Miterbe im Ergebnis erfolgreich zur Wehr. Die Antragstellerin hatte bereits im Jahr 2010 mit notariellem Vertrag ihre Nacherbenanwartschaft an dem Nachlass der Erblasserin an einen der späteren Miterben übertragen.
Das OLG war vor diesem Hintergrund der Ansicht, dass das Grundbuchamt die Berichtigung zu Recht abgelehnt hatte. Die Umschreibung auf den Erben auf Grundlage eines erteilten Erbscheins ist nur möglich, wenn das Grundstück noch zum Nachlass gehört. Das Grundbuchamt muss dies selbständig prüfen. Die vermeintliche Nacherbin vertrat die Ansicht, dass die notarielle Übertragung ihres Anrechts wegen eines auffälligen Missverhältnisses von Leistung und Gegenleistung sittenwidrig und damit unwirksam gewesen sei. Die Erkenntnismöglichkeiten des Grundbuchamts beschränken sich hingegen im Eintragungsverfahren auf die einzureichenden Unterlagen und die beim Grundbuchamt offenkundigen Umstände. Die Übertragung der Nacherbenanwartschaft führte nach Ansicht des OLG dazu, dass die Erbin nicht als Miteigentümerin der Immobilie im Grundbuch auf der Basis des Erbscheins eingetragen werden konnte.
Hinweis: Der Erwerber der Nacherbenanwartschaft wird bei Eintritt des Nacherbfalls nur vermögensrechtlicher Nachfolger des Erblassers, während der Veräußerer formal weiter als Nacherbe bestehen bleibt und als solcher auch richtigerweise im Erbschein aufgenommen wird.
Quelle: Saarländisches OLG, Beschl. v. 11.07.2023 – 5 W 35/23