Unanfechtbarer Beweisbeschluss: Angeordnetes Gutachten kann erst mit Rechtsmitteln in Folgeinstanz angefochten werden
Um in Kindeswohlfragen entscheiden zu können, lassen Familienrichter sich häufig von einem Sachverständigengutachten leiten. Die Eltern, die Gegenstand der Begutachtung sein sollen, sind damit nicht immer einverstanden. Ob ein Elternteil zur Mitarbeit gezwungen ist oder bereits die Gutachtenerstellung verhindern kann, war im folgenden Fall vom Brandenburgischen Oberlandesgericht (OLG) zu beantworten.
Eine Mutter, die unbegleiteten Umgang mit ihrem Kind haben wollte, legte Beschwerde gegen den Beweisbeschluss ein, mit dem ein Sachverständiger beauftragt worden war. Sie meinte, das Gutachten sei nicht erforderlich, weil der Richter im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht selbst alle notwendigen Erkenntnisse gewinnen könne. Überdies gefielen ihr weder die Ausbildung des Sachverständigen noch die an ihn gerichteten Fragestellungen.
Die Beschwerde wurde vom OLG als unzulässig zurückgewiesen. In der laufenden Instanz sind Beweisbeschlüsse unanfechtbar. Das Gericht wies darauf hin, dass die Mutter weder eine Untersuchung ihrer Person dulden noch sonst wie mitwirken müsse. Sie sei auch nicht verpflichtet, Schweigepflichtsentbindungen zu erteilen. Es stehe ihr frei, über das Gericht dem Sachverständigen die Informationen zukommen zu lassen, die sie ihm geben wolle. Der Gutachter müsse dann sehen, zu welchen Erkenntnissen er allein aufgrund des Akteninhalts und eventuell ergänzender Informationen des Jugendamts kommen könne. Das Familiengericht müsse dann auf dieser Basis entscheiden. Deshalb verletzte der Beweisbeschluss die Mutter hier nicht in ihren Rechten. Denn nach Abschluss der ersten Instanz habe die Mutter Rechtsmittel und könne in zweiter Instanz die auf Basis der Feststellungen des Sachverständigen ergangene Entscheidung anfechten und inhaltlich kritisieren.
Hinweis: Es gibt seltene Fälle, in denen Beweisbeschlüsse isoliert anfechtbar sind – nämlich wenn die Ausführung des Beweisbeschlusses eine unmittelbare und auf andere zumutbare Weise nicht abwendbare Verletzung von Grundrechten zur Folge hat, die später nicht oder nicht vollständig behoben werden kann. Bei Begutachtungen ist der Fall nicht denkbar, weil eine Mitwirkungspflicht nicht Teil des Beschlusses ist.
Quelle: Brandenburgisches OLG, Beschl. v. 21.11.2022 – 13 WF 184/22