Skip to main content
19. November 2016
Vor Rücktritt und Schadensersatz: Verkäufer müssen den Einwand zur Unverhältnismäßigkeit der Reparatur rechtzeitig erheben

Ein Verkäufer kann die Unverhältnismäßigkeit der Nachlieferung nicht mehr einwenden, wenn der Käufer entweder den Rücktritt erklärt, eine Minderung begehrt oder gar Schadensersatz statt der Leistung verlangt hat.

Nachdem der Käuferin ihr bei einem Autohaus gekauftes Fahrzeug mit Tageszulassung übergeben wurde, stellte sie fest, dass sowohl das Fahrzeugauspuffrohr als auch der Tank beschädigt waren. Dabei handelte es sich um einen Transport- oder Ladeschaden, der durch aufgebrachten Unterbodenschutz kaschiert, aber nicht fachgerecht beseitigt wurde. Die Kundin erklärte daraufhin den Rücktritt vom Kaufvertrag und verlangte die Rückerstattung des Kaufpreises.

Das Oberlandesgericht Hamm hat das Autohaus zur Rücknahme des Fahrzeugs gegen Rückzahlung des Kaufpreises verurteilt. Denn nach dessen Auffassung gehört zur üblichen und berechtigterweise vom Käufer zu erwartenden Beschaffenheit eines mit Tageszulassung verkauften Fahrzeugs, dass ein Transportschaden vor Auslieferung fachgerecht beseitigt wird. Nachdem die Käuferin dem Autohaus erfolglos eine angemessene Frist zur Nacherfüllung gesetzt hatte, durfte sie berechtigterweise vom Kaufvertrag zurücktreten. Der Einwand des Autohauses zur Unverhältnismäßigkeit der Reparaturkosten erfolgte hierbei zu spät. Denn diesen Einwand muss der Verkäufer erheben, solange noch ein Nacherfüllungsanspruch besteht – also bevor der Käufer den Rücktritt oder gar Schadensersatz verlangt.

Hinweis: Das Urteil ist sowohl für Käufer als auch Verkäufer von besonderer Bedeutung. Ein Käufer, der sich für eine Art der Nacherfüllung (Rücktritt oder Schadensersatz) entschieden hat und dies gegenüber dem Verkäufer geltend gemacht hat, kann nicht zeitlich unbegrenzt seine Wahl ändern. Andererseits ist der Verkäufer verpflichtet, den Einwand der unverhältnismäßigen Kosten einer Instandsetzung rechtzeitig zu erheben – nämlich in der Zeit, in der ein Käufer entsprechend seiner rechtlichen Verpflichtung den Verkäufer zur Nachbesserung auffordert.

Quelle: OLG Hamm, Urt. v. 21.07.2016 – 28 U 175/15
Thema: Verkehrsrecht