Skip to main content

Schlagwort: Anordnungen

Kein Gesichtsvisier statt MNS: Flugsicherheitsassistentin muss angeordneter Infektionsschutzmaßnahme des Arbeitgebers nachkommen

Selbstverständlich sind die ständig wechselnden coronabedingten Anordnungen manchmal zum Haareraufen. Dass jedoch die meisten durchaus sinnvoll sind, beweist der folgende Fall des Arbeitsgerichts Berlin (ArbG), der sich um die Verpflichtung des Arbeitgebers drehte, einen Mund-Nasen-Schutz (MNS) bei der Arbeit zu tragen.

Eine Flugsicherheitsassistentin hatte geltend gemacht, bei ihrer Arbeit am Flughafen statt eines MNS einen Gesichtsschutzschirm tragen zu dürfen, der in dieser Pandemiephase noch vielerorts zu sehen war. Dennoch lehnten die Richter des ArbG diese Schutzvariante hier ab.

Den Arbeitgeber trifft die Pflicht, sowohl seine Beschäftigten als auch das Publikum am Flughafen vor Infektionen zu schützen. Das begehrte Gesichtsvisier war für den Schutz Dritter jedoch nachweislich weniger geeignet als der vorgeschriebene MNS. Dass der Arbeitnehmerin das Tragen eines MNS aus gesundheitlichen Gründen nicht zumutbar sei, hatte sie den Richtern nicht glaubhaft machen können. Da Flugsicherheitsassistenten für die Durchführung der Passagier- und Gepäckkontrollen, die Bedienung von Sicherheitstechnik und insgesamt die Umsetzung der Luftsicherheitsstandards zuständig sind, kommen sie bei diesen Tätigkeiten naturgemäß häufig und nahe mit anderen Menschen in Kontakt. Und ein Gesichtsvisier kann diesen hohen Schutzanforderungen nachweislich nicht Genüge tun.

Hinweis: In aller Regel wird also momentan(!) eine Anordnung zum Tragen eines MNS auf der Arbeit rechtmäßig sein. Warten wir ab, wie sich die Pandemielage weiterhin entwickelt.

Quelle: ArbG Berlin, Urt. v. 15.10.2020 – 42 Ga 13034/20

Thema: Arbeitsrecht

Anordnungen des Arbeitgebers: Bei Maßnahmen zum Ordnungsverhalten herrscht ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats

Unordnung im Büro muss der Arbeitgeber nicht dulden. Doch bei welchen Anordnungen an die Belegschaft wann muss er dabei seinen Betriebsrat beteiligen?
Eine Arbeitgeberin erteilte für ihr Büro folgende Anordnungen:

  1. Persönliche Gegenstände dürfen nicht mehr als 10 % der jeweils zur Verfügung stehenden Flächen einnehmen.
  2. Nicht belegte Arbeitsplätze dürfen nicht als Ablageflächen missbraucht werden.
  3. Schrankoberseiten müssen in regelmäßigen Intervallen überprüft und alles Unnötige muss entfernt werden.
  4. Persönlich mitgebrachte Pflanzen sind regelmäßig zu pflegen, zu gießen und zurückzuschneiden.
  5. Möbel und Glaswände dürfen nicht beklebt werden.
  6. In „Open-Space“-Bereichen müssen Gespräche so leise geführt werden, dass Kollegen dadurch nicht gestört werden.
  7. Bei Arbeitsende ist der Arbeitsplatz aufgeräumt zu verlassen.
  8. Nicht mehr genutzte Bildschirme oder altes IT-Equipment ist umgehend zurückzugeben.
  9. Müll, Restmüll und Biomüll sind zu trennen.

Der Betriebsrat sah seine Mitbestimmungsrechte verletzt und verlangte die Unterlassung – teilweise mit Erfolg. Die ersten vier Anordnungen verletzten das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats. Diese betrafen überwiegend das Ordnungsverhalten der Arbeitnehmer. Die letzten fünf Anordnungen waren allerdings nicht mitbestimmungspflichtig, da sie dem Arbeitsverhalten zuzuordnen waren bzw. lediglich das Eigentum des Arbeitgebers schützen sollten. Auch die Trennung des Mülls ist gesetzlich vorgeschrieben und insoweit besteht kein Mitbestimmungsrecht.

Hinweis: Immer wieder werden Betriebsräte gerade in Fragen der betrieblichen Ordnung übergangen. Die Grenzen sind fließend und nicht immer leicht zu bestimmen.

Quelle: ArbG Würzburg, Beschl. v. 08.06.2016 – 12 BV 25/15
Thema: Arbeitsrecht