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Schlagwort: Arbeitnehmer

Mindestlohn für Bereitschaftszeiten: Monatliche Durchschnittsberechnung ist ausreichend

Während der Bereitschaftszeiten muss sich ein Arbeitnehmer an seinem Arbeitsplatz aufhalten und je nach Erforderlichkeit seine Arbeit aufnehmen. Müssen diese Zeiten mit dem Mindestlohn von 8,50 EUR pro Stunde vergütet werden?

Ein Rettungsassistent war in seiner Viertagewoche in Zwölfstundenschichten durchschnittlich 48 Stunden beschäftigt. Zusätzlich leistete er Bereitschaftszeiten ab. Sein Bruttomonatsgehalt belief sich mitsamt der Zulagen auf 2.680,31 EUR. Dann kam er auf die Idee, dass ihm für die Bereitschaftszeiten mehr als das gezahlte Geld zustehen würde, und er klagte seine Gehaltsdifferenz ein.

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) wies die Klage jedoch ab. Zwar ist die Bereitschaftszeit mit dem gesetzlichen Mindestlohn zu vergüten, der Anspruch des Rettungsassistenten war aber erfüllt. Denn für die 228 monatlichen Arbeitsstunden hätte er unter Zugrundelegung des Mindestlohns von 8,50 EUR insgesamt 1.938 EUR verdienen müssen. Er lag mit seinem tatsächlichen Verdienst jedoch weit darüber.

Hinweis: Die Entscheidung bedeutet einen weiteren Schritt hin zu mehr Klarheit beim Mindestlohn. Grundsätzlich sind die Bereitschaftszeiten auch mit dem Mindestlohn zu vergüten. Das BAG geht aber davon aus, dass eine monatliche Durchschnittsberechnung ausreichend ist.

Quelle: BAG, Urt. v. 29.06.2016 – 5 AZR 716/15
Thema: Arbeitsrecht

Verfallene Ansprüche: Terminlich entscheidend ist der Eingang des Anspruchsschreibens beim Gegner

Ausschlussfristen sind für Arbeitnehmer etwas sehr Gefährliches.

In einem Fall vor dem Bundesarbeitsgericht (BAG) kam ein Tarifvertrag zur Anwendung, der eine Ausschlussfrist vorsah. Danach mussten Ansprüche binnen sechs Monaten schriftlich geltend gemacht werden, andernfalls verfielen sie. Ein Arbeitnehmer machte allerdings erst mit seiner am 18.12.2013 bei Gericht eingegangenen und dem Arbeitgeber am 07.01.2014 zugestellten Klage Ansprüche auf Arbeitsentgelt für den Monat Juni 2013 geltend. Deshalb meinte der Arbeitgeber, die Frist sei um sieben Tage überschritten, und der Schriftsatz hätte ihm bis zum 31.12.2013 – also binnen der Sechsmonatsfrist – zugehen müssen. Der Arbeitnehmer war dagegen der Auffassung, die Frist sei durch den fristgerechten Eingang der Klageschrift bei Gericht gewahrt. Doch das BAG teilte die Ansicht des Arbeitgebers. Die Klage war außerhalb der sechsmonatigen Verfallfrist zugestellt worden. Der Anspruch war damit verfallen – und die Klage abzuweisen.

Hinweis: Findet eine tarifliche Ausschlussfrist Anwendung, ist für den Zugang eines Anspruchsschreibens entscheidend, dass es dem Gegner selbst zugeht.

Quelle: BAG, Urt. v. 16.03.2016 – 4 AZR 421/15
Thema: Arbeitsrecht

Drahtseilakt: Die Selbständigkeit von Artisten und deren Folgen

Immer wieder geht es vor Gericht um die Frage, ob es sich bei Personal um selbständige, unselbständige oder scheinselbständige Arbeitnehmer handelt.

In einem Vertrag über freie Mitarbeit hatte sich eine Artistengruppe verpflichtet, im Rahmen der von einem Zirkus veranstalteten Aufführungen eine sogenannte Hochseil- und Todesradnummer zu erbringen. Ein Artist verunglückte dabei, und als die Artisten dadurch erfuhren, dass sie nicht zur Krankenversicherung angemeldet waren, verweigerten sie den Auftritt. Der Zirkus nahm dies zum Anlass, das Vertragsverhältnis fristlos zu kündigen. Gegen die Kündigung klagten die Artisten vor dem Arbeitsgericht. Schließlich musste das höchste deutsche Arbeitsgericht, das Bundesarbeitsgericht (BAG), entscheiden. Die Richter meinten, dass die Artisten nicht als Arbeitnehmer, sondern als freie Dienstnehmer die Arbeit verrichtet hatten und daher ein Weisungsrecht des vermeintlichen Arbeitgebers nicht vorlag.

Hinweis: Wie schwierig im Einzelfall die Unterscheidung zwischen einem Selbständigen und einem Scheinselbstständigen (und damit einem Arbeitnehmer) sein können, zeigt sich schon daran, dass die Artisten vor dem Arbeitsgericht verloren hatten, während das Landesarbeitsgericht ihnen Recht gab. Aber am BAG war dann letztlich Schluss – zum Nachteil der Artisten.

Quelle: BAG, Urt. v. 11.08.2015 – 9 AZR 98/14

Thema: Arbeitsrecht