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Schlagwort: arglistige Täuschung

Selbst nach Fachreparatur: Gebrauchtwagenhändler muss ungefragt auf bekannte Mängel oder frühere Unfallschäden hinweisen

Gebrauchtwagenkäufe gelten als wirtschaftlich cleverere Variante gegenüber einem Neuwagenerwerb. Dennoch sind die Stolperfallen dabei nicht unerheblich. So musste das Landgericht Coburg (LG) im Folgenden klarstellen, ob ein Gebrauchtwagenverkäufer ungefragt auf bekannte Mängel oder Unfallschäden durch den Vorbesitzer hinweisen muss, selbst wenn der Schaden fachgerecht repariert wurde.

Der Kläger hatte vom Beklagten einen seinerzeit sieben Jahre alten Pkw mit einer Laufleistung von 122.000 km zum Preis von 10.500 EUR gekauft und dabei auch einen Gewährleistungsausschluss vereinbart. Zugleich hatte der beklagte Verkäufer dem Kläger zugesichert, dass das Fahrzeug keinen Unfallschaden erlitten habe, solange es im Eigentum des Beklagten war, und dass mit Ausnahme eines Schadens an der Frontstoßstange keine weiteren Beschädigungen vorlägen. In der Folgezeit wurde der Pkw nach einem Unfall begutachtet, wodurch sowohl verschiedene unreparierte als auch reparierte Vorschäden festgestellt wurden. Daraufhin focht der Kläger den Kaufvertrag an und verlangte die Rückzahlung des Kaufpreises.

Die Klage auf Rückabwicklung eines Kaufvertrags wegen arglistiger Täuschung hatte überwiegend Erfolg. Das LG sah im Verhalten des Beklagten eine arglistige Täuschung. Demnach besteht für den Verkäufer eines gebrauchten Kraftfahrzeugs die Verpflichtung, den potentiellen Käufer auch ungefragt auf bekannte Mängel oder frühere Unfallschäden hinzuweisen – und zwar selbst dann, wenn der Schaden fachgerecht repariert wurde. Eine Ausnahme gilt nur für sogenannte Bagatellschäden – also ganz geringfügige äußere Schäden, beispielsweise im Lack. Angesichts der Reparaturkosten von mehr als 5.000 EUR lag eine solche Ausnahme hier jedoch nicht vor, so dass eine Aufklärung des Klägers über diesen Unfallschaden geboten gewesen war. Weil dem Beklagten aber dieser frühere Unfallschaden auch tatsächlich bekannt war, handelte er zudem sogar arglistig, als er den Käufer nicht darüber informierte.

Hinweis: Der Käufer muss in einem Prozess beweisen, dass er vom Verkäufer arglistig getäuscht wurde. Der Nachweis ist erbracht, wenn der Verkäufer zumindest billigend in Kauf nimmt, dass der Käufer bei wahrheitsgemäßer Information den Vertrag nicht oder jedenfalls nicht mit diesem Inhalt oder zu diesem Preis geschlossen hätte.

Quelle: LG Coburg, Urt. v. 24.09.2020 – 15 O 68/19

Thema: Verkehrsrecht

Mörderischer Ehemann: Zur Feststellung der Erbunwürdigkeit darf auf das Urteil im Strafverfahren zurückgegriffen werden

Erben sind nur in Ausnahmefällen von der Erbschaft ausgeschlossen – nämlich dann, wenn sie im Sinne des Gesetzes erbunwürdig sind. Dies ist nur bei schwerwiegenden Verfehlungen der Fall, etwa wenn die potentiellen Erben den Erblasser getötet haben, bei einer arglistigen Täuschung oder Drohnung oder wenn sie eine Testamentsfälschung begangen haben. Ist jemand schließlich erbunwürdig, verliert er nicht nur den Anspruch auf sein Erbe, sondern auch auf seinen Pflichtteil – wie im folgenden Fall des Landgerichts Köln (LG).

Ein Mann wurde in letzter Instanz zu einer langen Haftstrafe verurteilt, da das Gericht zu der Überzeugung gelangt war, dass er seine Ehefrau mit einem Feuerlöscher erschlagen hatte. Die Ehefrau hinterließ einen Erbvertrag, in dem sie und ihr Ehemann sich gegenseitig als befreite Vorerben eingesetzt und den Enkel des Mannes und die Schwester der Ehefrau zu gleichen Teilen zu Nacherben bestimmt hatten. Als Ersatz für die Schwester sollten zwei gemeinnützige Vereine diesen Erbanteil bekommen. Nachdem die Schwester das Erbe ausgeschlagen hatte, klagten die beiden Vereine, da sie den Ehemann für erbunwürdig hielten.

Das LG gab dem Verein Recht, dass der Mann erbunwürdig ist – auch wenn er die Tat bestreitet. Die rechtskräftige strafrechtliche Verurteilung ist zwar für das Zivilgericht nicht bindend, die tatsächlichen Feststellungen in einem Strafurteil können aber im Rahmen der eigenen freien Beweiswürdigung und der Überzeugungsbildung des Zivilrichters Berücksichtigung finden. Der Zivilrichter darf die vom Strafgericht getroffenen Feststellungen nicht ungeprüft übernehmen; er hat vielmehr die in der Beweisurkunde dargelegten Feststellungen einer eigenen kritischen Überprüfung zu unterziehen. Im vorliegenden Fall gab es jedoch nach Auffassung des Gerichts keine vernünftigen Zweifel an den durch das Strafgericht festgestellten Tatsachen. Der Mann war somit erbunwürdig und daher im Rahmen der Erbfolge am Nachlass seiner getöteten Ehefrau nicht zu berücksichtigen, so dass die Vereine zu Erben wurden.

Hinweis: Die Tötung des Erblassers führt stets zur Erbunwürdigkeit, wenn ein Mord oder Totschlag vorsätzlich, rechtswidrig und schuldhaft begangen wurde. Die Erbunwürdigkeit muss jedoch vor Gericht binnen einer Frist von einem Jahr geltend gemacht werden. Klageberechtigt sind dabei grundsätzlich alle Personen, die von der Erbunwürdigkeit des entsprechenden Erbberechtigten profitieren würden.

Quelle: LG Köln, Urt. v. 04.09.2018 – 30 O 94/15

Thema: Erbrecht

Bruder gegen Schwester: Die Bedingungen für eine Erbunwürdigkeit sind sehr eng gefasst

Um zu verhindern, dass eine Person Erbe wird oder auch nur den Pflichtteil erhält, wird häufig vorgetragen, dass diese Person erbunwürdig sei. Dazu reicht jedoch nicht ein beliebiges unmoralisches oder verwerfliches Verhalten des Erben.

Die Erblasserin hinterließ drei Kinder. In einem notariellen Testament aus dem Jahr 2007 bestimmte sie einen ihrer Söhne zum Alleinerben und sprach den anderen beiden Kindern nur den Pflichtteil zu. Nach ihrem Tod legte die Tochter jedoch ein handschriftliches Testament aus dem Jahr 2009 vor, das abweichende Bestimmungen zu ihren Gunsten vornahm und von dem sie behauptete, dass die Erblasserin es selbst verfasst hätte. In den anschließenden Gerichtsverfahren stellte sich heraus, dass dieses handschriftliche Testament zwar von der Erblasserin unterschrieben, aber nicht von ihr selbst verfasst worden war. Daraufhin weigerte sich der Bruder, der nach dem notariellen Testament zum Alleinerben erklärt wurde, seiner Schwester den Pflichtteil auszuzahlen, da er sie für erbunwürdig hielt.

Das Gericht ging jedoch davon aus, dass das handschriftliche Testament zwar formunwirksam war, da es nicht vollständig von der Erblasserin selbst geschrieben wurde, es im strafrechtlichen Sinne jedoch keine Urkundenfälschung darstellte, da die Erblasserin das Schriftstück unterzeichnet hatte. Damit lag kein Grund zur Entziehung des Pflichtteils vor, weshalb das Gericht den Bruder zur Auszahlung des der Schwester zustehenden Anteils verpflichtete. Insbesondere spielte es nach Auffassung des Gerichts für die Beurteilung der Erbunwürdigkeit keine Rolle, ob die Tochter versucht hatte, durch das angebliche handschriftliche Testament einen Betrug zu begehen.

Hinweis: Im Gesetz ist abschließend geregelt, in welchen Fällen eine Person erbunwürdig ist. Das ist der Fall, wenn der Erbe den Erblasser getötet oder zu töten versucht hat, ihn an der Errichtung eines Testaments gehindert, ihn durch arglistige Täuschung oder Drohung zu einem Testament bewegt hat oder eine Urkundenfälschung oder ähnliche Straftat begangen hat. Andere Gründe oder Verhaltensweisen machen eine Person nicht erbunwürdig.

Quelle: OLG Hamm, Urt. v. 12.07.2016 – 10 U 83/15

Thema: Erbrecht