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Schlagwort: Ausbildung

Freiwilliges soziales Jahr: Gerichte sind sich in Sachen Unterhaltsanspruch während des FSJ uneins

Kinder haben in aller Regel einen Anspruch auf Unterhalt für die Zeit, in der sie sich in einer Ausbildung befinden. Was gilt, wenn ein Kind zum Beispiel nach dem Abschluss der regulären Schulausbildung und vor Beginn der weiteren Ausbildung ein freiwilliges soziales Jahr (FSJ) absolviert? Besteht in dieser Zeit weiterhin ein Unterhaltsanspruch? Diese Fragen hatte das Oberlandesgericht Frankfurt (OLG) jüngst zu klären.

Nach geltender Rechtsprechung kann ein Kind prinzipiell einen Anspruch auf Unterhalt haben, wenn es ein sogenanntes FSJ absolviert. Es hängt aber wie so oft in der Juristerei alles von den individuellen Umständen ab. Danach ist in erster Linie darauf zu achten, welche Ausbildung das Kind nach dem Jahr durchlaufen will. Ist das FSJ notwendige Voraussetzung für die spätere Ausbildung, ist nach Ansicht der meisten Gerichte auch weiterhin Unterhalt zu zahlen – sonst jedoch nicht. Schließlich, so die bisherige Begründung, habe das Kind die Pflicht, nach Schulabschluss alsbald eine Berufsausbildung zu beginnen und sie mit Fleiß und Zielstrebigkeit in angemessener Zeit zu beenden. Einige wenige Gerichte sind dabei jedoch nicht ganz so streng: Das freiwillige soziale Jahr diene schließlich dem Gemeinwohl und soll Jugendlichen soziale, kulturelle und interkulturelle Kompetenzen unabhängig vom weiteren beruflichen Weg vermitteln. Das sei zu fördern, unter anderem, indem weiter Unterhalt in dieser Zeit zu zahlen ist.

Das OLG selber hat dazu kein abschließendes Votum abgegeben, da das den Fall betreffende Kind noch minderjährig war. Und der Schutz minderjähriger Kinder ist im Unterhaltsrecht besonders hoch, weshalb der Unterhalt unabhängig von den Besonderheiten im Streit um den Anspruch während des freiwilligen sozialen Jahres hier in jedem Fall zu zahlen war.

Hinweis: Unterhaltsfragen sind oft nicht so eindeutig, wie es mitunter zunächst scheint. Anzuraten ist deshalb immer die Einholung fachkundigen Rats.

Quelle: OLG Frankfurt, Beschl. v. 04.04.2018 – 2 UF 135/17

Thema: Familienrecht

Azubi gekündigt: Vorangegangenes Praktikum verkürzt nicht die Probezeit

Häufig wird vor einer Berufsausbildung ein Praktikum vereinbart. Das muss allerdings nicht auf die Probezeit des Berufsausbildungsverhältnisses angerechnet werden.

Ein Auszubildender hatte sich im Frühjahr für eine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann beworben. Die Ausbildung sollte am 01.08. beginnen. Die Parteien einigten sich dann darauf, dass der künftige Auszubildende in den Monaten vor dem 01.08. ein Praktikum absolvieren sollte. Im anschließenden Berufsausbildungsvertrag wurde eine dreimonatige Probezeit vereinbart. Innerhalb dieser kündigte der ausbildende Betrieb dann allerdings doch das Berufsausbildungsverhältnis. Damit war der Auszubildende nicht einverstanden und meinte, die Kündigung sei nicht rechtmäßig. Die vorangegangene Praktikantenzeit sei auf die Probezeit anzurechnen, insoweit sei die Kündigung nicht mehr in der Probezeit des Berufsausbildungsverhältnisses erfolgt. Für eine Kündigung außerhalb der Probezeit benötige der Betrieb einen wichtigen Grund, der nicht vorliegen würde.

Schließlich musste das Bundesarbeitsgericht (BAG) den Fall entscheiden. Im Berufsbildungsgesetz ist eine zwingende Probezeit vorgesehen. Auszubildender und Ausbildender sollen die Gelegenheit erhalten, sich gegenseitig zu erproben. Und das ist nach dem BAG nur unter den Bedingungen des Berufsausbildungsverhältnisses mit seinen spezifischen Pflichten möglich. Deshalb ist ein vorausgegangenes Praktikum nicht auf die Probezeit des folgenden Ausbildungsverhältnisses anzurechnen.

Hinweis: Gerade für die ausbildenden Betriebe ist die Vereinbarung einer Probezeit von einem bis vier Monaten besonders wichtig. Danach ist die Trennung von dem Auszubildenden nur unter sehr schwierigen Bedingungen möglich.

Quelle: BAG, Urt. v. 19.11.2015 – 6 AZR 844/14
zum Thema: Arbeitsrecht

Kind im Studium: Unterhaltsverpflichtungen richten sich nicht nach Regelstudienzeiten

Eltern müssen für ihre Kinder Unterhalt leisten. Diese Unterhaltspflicht besteht unter normalen Umständen so lange, bis die Kinder eine Ausbildung absolviert haben. Immer wieder ist jedoch die Frage, was hierbei unter „normalen Umständen“ zu verstehen ist.

Dies insbesondere dann, wenn Unterhalt für einen Studenten zu bezahlen ist. Denn die universitäre Ausbildung ist zeitlich nicht so klar strukturiert wie ein normaler Ausbildungsberuf. Das gleiche Studium dauert nicht bei jedem Studenten gleich lang. Zudem entwickelt sich nicht jedes Studium gleich.

Es gibt für jedes Studium eine Regelstudienzeit. Diese allein ist aber nicht maßgeblich, wenn sich die Frage stellt, wie lange jemand studieren darf bzw. wie lange dafür Unterhalt zu leisten ist. Es sind dabei immer die Umstände des Einzelfalls zu betrachten.

So begann eine Studentin im Wintersemester 2008/2009 ihr Studium in Französisch und Italienisch. Ihr Berufsziel war es, Lehrerin zu werden. Die Regelstudiendauer betrug zehn Semester, also fünf Jahre.

Im Wintersemester 2011/2012 nahm die Studentin zusätzlich den Studiengang Latein auf, um ihre späteren Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern. Als sie dann mit dem 13. Semester begann, stellte der Vater die Unterhaltszahlungen ein. Das Oberlandesgericht Koblenz sprach dem Vater die Berechtigung dazu ab. Bis zum Wintersemester 2015/2016 habe er vielmehr weiterzuzahlen.

Hinweis: Bis wann Kindesunterhalt zu zahlen ist, ist eine schwer zu beantwortende Frage. Wechsel im Ausbildungsgang, Studienwechsel oder Erweiterungen im Ausbildungsgang sind häufig. Es gibt zu diesen Konstellationen unterschiedliche Rechtsprechung, die im Fluss ist und sich entwickelt. Es ist daher angeraten, sich bei diesbezüglichen Fragen fachkundigen Rat einzuholen. Dies kann auch dazu beitragen, eine eventuelle Auseinandersetzung auf der Beziehungsebene kontrolliert zu führen.

Quelle: OLG Koblenz, Beschl. v. 24.04.2015 – 11 WF 317/15
Thema: Familienrecht

Trotz Unterbrechung: Unterhalt auch bei früher Mutterschaft während der Ausbildung

Klassischerweise müssen Eltern für ihre Kinder aufkommen bis diese eine ihren Fähig- und Fertigkeiten entsprechende Ausbildung abgeschlossen haben. Kinder haben Anspruch auf diesen sogenannten Ausbildungsunterhalt. Der Ausbildungsweg der Kinder kann mitunter holprig verlaufen. Fraglich ist, inwieweit Eltern das hinnehmen und weiterhin Unterhalt zahlen müssen.

Eine der Abweichungen von der idealen Gerade zu einer abgeschlossenen Ausbildung, ist, dass das Kind selbst ein Kind bekommt. Aber müssen Eltern ihrem in der Ausbildung befindlichen Kind, das diese folglich unterbrechen wird, weiter Unterhalt zahlen? Ja, so der Bundesgerichtshof – zumindest während der ersten drei Lebensjahre des Enkelkindes. In dieser Zeit habe die junge Mutter das Recht, die Ausbildung zu unterbrechen.

Und was gilt, wenn weitere Kinder folgen? Das Oberlandesgericht Jena bekam einen Fall vorgelegt, in dem eine junge Frau wegen der Geburt eines Kindes ihre Ausbildung unterbrach, dann insgesamt fünf Kinder zur Welt brachte, bevor sie nach sieben Jahren Unterbrechung der Ausbildung wieder einstieg – und die Eltern auf Unterhalt in Anspruch nahm.

Das Gericht entschied hier nicht abschließend, kam aber tendenziell zu der Ansicht, dass es darauf ankommt, die Ausbildung nicht mehr als je drei Jahre nach Geburt eines Kindes zu unterbrechen. Kommen aber mehrere Kinder zur Welt und reihen sich somit Jahre aneinander, hätten die Eltern das hinzunehmen – und also auch zu zahlen.

Hinweis: Die Einzelheiten sind für diese Fallkonstellation noch ungeklärt. Es empfiehlt sich deshalb für jeden, der in eine solche Situation gerät, fachkundigen Rat in Anspruch zu nehmen.

Quelle: OLG Jena, Beschl. v. 11.02.2015 – 1 WF 35/15

Thema: Familienrecht