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Schlagwort: Ausgleichsanspruch

Corona macht`s möglich: Abtrennung des Zugewinnausgleichs aus dem Scheidungsverbund wegen erwartbarer Verzögerungen

Jeder Ehegatte hat einen Anspruch darauf, dass die Ehe erst geschieden wird, wenn auch die Frage geklärt ist, welcher Zugewinnausgleich ihm nach der Scheidung zusteht. Er kann diese zeitliche Abhängigkeit erreichen, indem er im Scheidungsverfahren im Verbund auch den Zugewinnausgleich geltend macht. Was gilt, wenn sich die Klärung der güterrechtlichen Fragen hinzieht, musste im folgenden Fall das Brandenburgische Oberlandesgericht (OLG) beantworten.

Die Ehefrau trennte sich von ihrem Mann, nachdem dieser mit einem Messer auf sie losgegangen war. Der Mann wurde deshalb strafrechtlich verurteilt. Im Scheidungsverfahren machte der Mann dann einen Anspruch auf Zugewinnausgleich geltend und verzögerte somit die Scheidung. Denn zunächst war Auskunft vonseiten beider Ehegatten zu erteilen, um einen etwaigen Ausgleichsanspruch bestimmen zu können. Die Frau beantragte daraufhin, die Folgesache Zugewinnausgleich aus dem Verbund abzutrennen, damit die Ehe geschieden werde. Der Mann sprach sich gegen die Abtrennung aus.

Das OLG trennte jedoch den Zugewinnausgleich – wie von der Frau begehrt – ab und verkündete die Scheidung. Laut Gesetz ist eine solche Abtrennung dann vorzunehmen, wenn sich der Scheidungsausspruch sonst außergewöhnlich verzögert, so dass dies eine unzumutbare Härte bedeuten würde. Üblicherweise ist dies erst der Fall, wenn dadurch die Verfahrensdauer seit Einleitung des Scheidungsverfahrens mehr als zwei Jahre beträgt. Dabei kommt es nicht darauf an, dass diese zwei Jahre zum Zeitpunkt der Entscheidung bereits verstrichen sind. Abzustellen ist auf die Frage, ob es zu einer Verzögerung kommen wird, die diese Zeitspanne überschreitet. In der Praxis ist das sehr selten. Hier erfolgte die Abtrennung, weil insbesondere vor dem Hintergrund der Coronapandemie angenommen wurde, dass eine derartige Verzögerung eintreten werde.

Hinweis: Es ist fraglich, ob sich diese Entscheidung durchsetzt. Wer sich aber mit einem Ehegatten rumquält, der die Scheidung verzögert, indem er Folgeverfahren im Scheidungsverbund geltend macht, kann die Coronapandemie scheinbar nutzen, um schneller geschieden zu werden.

Quelle: Brandenburgisches OLG, Beschl. v. 08.04.2020 – 9 UF 19/20

Thema: Familienrecht

Grobe Unbilligkeit: Gericht kürzt Zugewinnausgleichsanspruch wegen Sexualdelikt während der Ehezeit

Lassen sich zwei Eheleute scheiden, steht die Berechnung eines eventuellen Zugewinnausgleichs mit oben auf der Liste der zu regelnden Angelegenheiten. Stößt das hierbei resultierende, mathematische Ergebnis jedoch auf ungewöhnliche Umstände aus Zeiten der Ehe, kann es wegen grober Unbilligkeit empfindlich gekürzt werden. Einen solchen Fall hatte das Oberlandesgericht Zweibrücken (OLG) im Folgenden zu bewerten.

Die Ehegatten waren 19 Jahre verheiratet, als sie sich trennten und dann auch scheiden ließen. Rein rechnerisch hatte die Frau dem Mann gegenüber einen Zugewinnausgleich von 100.000 EUR zu leisten. Da der Mann jedoch zehn Jahre nach der Eheschließung die Tochter seiner Frau vergewaltigt hatte und deshalb auch rechtskräftig verurteilt wurde, kürzte das Gericht dessen Ausgleichsanspruch auf ein Drittel wegen grober Unbilligkeit – also auf rund 33.000 EUR. Ein anderes Ergebnis widerspreche laut OLG dem Billigkeits- und Gerechtigkeitsempfinden in unerträglicher Weise.

Ob sich diese Rechtsprechung, die auf den ersten Blick einleuchtet, etabliert, ist nicht sicher. In der bisherigen Rechtsprechung wurden Sexualdelikte nicht dergestalt sanktioniert, dass deshalb der güterrechtliche Anspruch wegen grober Unbilligkeit der Höhe nach geändert wurde. Und ob des Umstands, dass die Ehegatten im entschiedenen Fall nach der Tat noch knapp zehn Jahre zusammenlebten, stellt sich hier die Frage, ob die Frau dem Mann nicht sogar verziehen hatte.

Hinweis: Nach dem Gesetzgeber ist bei Einschnitten beim Zugewinnausgleich wegen grober Unbilligkeit vornehmlich zu prüfen, ob der ausgleichsberechtigte Ehegatte über lange Zeit in der Ehe schuldhaft seine wirtschaftlichen Verpflichtungen nicht erfüllt hat.

Quelle: OLG Zweibrücken, Beschl. v. 30.08.2018 – 2 UF 81/18

Thema: Familienrecht

Zugewinngemeinschaft: Die Rückübertragung eines Vermögenswerts kann nur ausnahmsweise verlangt werden

Hat ein Ehegatte dem anderen während der Ehe einen Vermögenswert übertragen, wird er das im Trennungsfall möglicherweise bereuen. Kann er den Vermögenswert dann wegen groben Undanks zurückverlangen? Und falls nein: Gibt es eine sonstige Entschädigung? Mit diesen Fragen hatte sich der Bundesgerichtshof (BGH) zu beschäftigen.

Im zugrundeliegenden Fall hatte ein Mann eine Lebensversicherung auf seine Frau übertragen. Als sich die beiden trennten, verlangte er eine Rückübertragung. Der BGH versagte den Anspruch: Die Übertragung sei nicht als Schenkung zu werten. Denn das setze die vollständige Hergabe des Vermögenswerts voraus, die hier nicht vorliegt. Schließlich hätte der Mann bei Fortbestand der Ehe über seine Frau ebenfalls an dem Geldzufluss aus der Versicherung profitiert.

Eine Absprache, wonach die Versicherung nur treuhänderisch auf die Frau übertragen worden sei, behauptete der Mann zwar, konnte diese aber nicht beweisen. Daher wurde die Übertragung vom BGH als ehebezogene Zuwendung behandelt.

Eine ehebezogene Zuwendung kann nur dann zurückverlangt werden, wenn Alternativen unzumutbar sind. Würden die Ehegatten im Güterstand der Zugewinngemeinschaft leben, wäre der übertragene Vermögenswert somit Teil der güterrechtlichen Auseinandersetzung. Fließt der Wert auf diesem Weg folglich wieder hälftig zurück, wäre es nicht unzumutbar, wenn ein weitergehender Ausgleich unterbliebe. Das alles könne aber erst beurteilt werden, wenn die güterrechtliche Auseinandersetzung abgeschlossen sei. Da diese noch ausstand, lehnte der BGH den Anspruch des Mannes ab.

Hinweis: Überträgt der Mann in der Ehezeit einen Wert von 100.000 EUR und hat selbst (danach) kein Vermögen mehr, während die Frau dann über ein Vermögen von 100.000 EUR verfügt, und waren beide Ehegatten bei Eheschließung vermögenslos, hat nur die Frau in der Ehe einen Zugewinn erwirtschaftet und ihn dann in Höhe von 50.000 EUR auszugleichen. Der Mann erhält wertmäßig die Hälfte wieder, weshalb kein weitergehender Anspruch besteht. In allen anderen Konstellationen kann ein jedoch durchaus ein weitergehender Ausgleichsanspruch bestehen.

Quelle: OLG Bremen, Beschl. v. 18.10.2016 – 4 UF 61/16

Thema: Familienrecht