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Schlagwort: Barunterhalt

Mindestunterhalt für Kinder: Wer unterhalb zumutbarer Stunden und Mindestlohn arbeitet, muss sich eine andere Stelle suchen

Minderjährige Kinder haben einen Anspruch auf Unterhalt, der in den meisten Fällen von einem Elternteil in Form der tatsächlichen Betreuung, vom anderen in Form von Barunterhalt zu leisten ist. Was gilt, wenn der Elternteil, der Unterhalt zahlen muss, wenig verdient, hat das Amtsgericht Bergheim (AG) im folgenden Fall klargestellt.

Der barunterhaltspflichtige Vater des bei der Mutter lebenden Kindes arbeitete als ungelernte Küchenhilfe und wurde als „Springer“ eingesetzt. Er kam bei einem Bruttostundenlohn von 10 EUR auf durchschnittlich 130 Stunden pro Monat. Das jedoch reiche seiner Ansicht nicht aus, um Unterhalt zahlen zu können. Mehr verdiene er nicht, da er nicht nur keine Ausbildung habe, sondern auch schlecht Deutsch spreche. Eine Nebentätigkeit könne er nicht aufnehmen, da er als Springer nicht wisse, wann er eingesetzt werde.

Das AG schloss sich der Ansicht des Mannes jedoch nicht an. Statt auf diese tatsächlichen Einkünfte stellte es darauf ab, was der Vater verdienen könnte. Nach dem Arbeitszeitgesetz seien bis zu 48 Stunden Arbeit pro Woche zumutbar. Pro Monat seien demnach 173 Stunden üblich und zudem ein Mindestlohn gesetzlich vorgeschrieben. Dazu komme gegebenenfalls noch die Möglichkeit eines Nebenjobs mit 450 EUR, den der Vater aufzunehmen habe. Mangelnde Deutschkenntnisse ließ das Gericht nicht geltend. Wenn er wegen des Einsatzes als Springer keinen Nebenjob ausüben könne, müsse er sich eine andere Arbeitsstelle suchen und antreten – beispielsweise auf dem Bau.

Hinweis: Ob und inwieweit ein Arbeitsplatzwechsel und die Aufnahme einer Nebentätigkeit möglich sind, müsse dabei nicht das Kind näher ausführen und beweisen. Solange – wie hier – nur der Mindestunterhalt gefordert wird, liegt es vielmehr am Vater, den Nachweis zu führen, nicht ausreichend verdienen zu können, um diesen zahlen zu können.

Quelle: AG Bergheim, Beschl. v. 12.10.2020 – 61 F 80/20

Thema: Familienrecht

Angemessener Kindesunterhalt: Internatskosten sind nur anrechenbar, wenn andere Schulmaßnahmen nicht erfolgsversprechend sind

Lebt ein minderjähriges Kind nach der Trennung der Eltern bei einem Elternteil, leistet dieser den Naturalunterhalt, während der andere den Barunterhalt zu zahlen hat. Im Regelfall stellt sich nicht die Frage, was mit Schulkosten ist, da der Besuch der staatlichen Schulen kostenfrei erfolgt. Dass dies anders aussieht, wenn ein Kind auf ein Internat geht, beweist der folgende Fall des Oberlandesgerichts Karlsruhe (OLG).

Nach der Trennung lebte die Tochter letztlich beim Vater, dem auch das Sorgerecht für die Bereiche Aufenthaltsbestimmungsrecht und schulische Angelegenheiten zugesprochen wurde. Das Kind leidet unter einer Lese-Rechtschreibschwäche, einer Rechenschwäche und einer kombinierten Störung seiner schulischer Fertigkeiten. Der Vater entschied sich daher, die Tochter in ein Internat zu schicken, und verlangte von der Mutter, dass diese neben dem regulären Unterhalt die Internatskosten zur Hälfte zu tragen habe. Die Mutter weigerte sich, sich an den Internatskosten zu beteiligen – und das OLG gab ihr hierbei Recht.

Zum angemessenen Unterhalt, den die Mutter zahlen muss, kann auch Schuldgeld zu zählen sein, weil zum Unterhalt auch die Kosten einer angemessenen Vorbildung zu einem Beruf gehören. Internatskosten sind vor diesem Hintergrund aber nur dann zu übernehmen, wenn sie als berechtigte Kosten anzuerkennen und angemessen sind. Und dies ist nur dann der Fall, wenn eine kostengünstigere Beschulung in einer staatlichen Schule nicht denselben Erfolg verspricht. Ungeachtet der besonderen Situation im vorliegenden Fall konnte dieser Umstand für die Tochter nicht nachgewiesen werden, weshalb der Vater die Kosten allein zu tragen hat.

Hinweis: Internatskosten sind also nur ganz ausnahmsweise zusätzlich zum Unterhalt zu bezahlen, wenn andere schulische Maßnahmen nicht mehr als erfolgsversprechend anzusehen sind.

Quelle: OLG Karlsruhe, Beschl. v. 16.05.2019 – 20 UF 105/18

Thema: Familienrecht

Trotz Vergleich: Auszug des minderjährigen Kindes ändert die Aufteilung von Bar- und Naturalunterhalt

Meist bleiben mit der Trennung der Eltern die Kinder im Haushalt eines Elternteils. Dieser leistet dann den Naturalunterhalt, indem er den Nachwuchs betreut. Der andere leistet den Barunterhalt, das heißt, er erbringt finanzielle Leistungen. Schwierigkeiten ergeben sich bei Abweichungen.

Mit einem solchen Fall hatte sich der Bundesgerichtshof (BGH) zu beschäftigen. Die minderjährige Tochter lebte bei der Mutter, der Vater zahlte Unterhalt. Dazu hatte er sich durch gerichtlich protokollierten Vergleich verpflichtet. Dann ergeben sich Probleme: Tochter und Mutter überwarfen sich, die Tochter zog zu einer Freundin und war nicht mehr dazu zu bewegen, zur Mutter zurückzukehren. Der Vater richtete ihr ein eigenes Konto ein und zahlte den Barunterhalt darauf ein. Zudem machte er geltend, die Mutter habe sich nun finanziell zu beteiligen. Diese war dazu zunächst nicht bereit. Das Kind könne ja schließlich wieder zu ihr ziehen.

Der BGH sprach der Mutter jedoch das Recht ab, zu bestimmen, in welcher Form sie Unterhalt leistet. Dieses Recht steht nur beiden sorgeberechtigten Eltern gemeinsam zu. Ob die Mutter Natural- oder Barunterhalt leistet, kann sie deshalb nur im Einvernehmen mit dem Vater bestimmen. Da das Einvernehmen nicht vorlag, hat sie nun den tatsächlichen Umständen folgend auch Barunterhalt zu zahlen.

Da nur der Vater Barunterhalt zahlt, so der BGH weiter, kann er von der Mutter den Betrag erstattet verlangen, der er nach dem Auszug der Tochter für sie mitgezahlt hatte. Es ist nun also für die Zeit nach dem Auszug der Unterhalt auf der Basis einer für beide Eltern bestehenden Zahlungspflicht neu zu bestimmen. Zahlt nach dieser Berechnung der Vater zu viel, kann er diesen Überschuss von der Mutter erstattet verlangen. Dass die Höhe des vom Vater zu zahlenden Betrags durch einen gerichtlichen Vergleich geregelt worden ist, ändere nichts. Der Vergleich ist gegebenenfalls abzuändern.

Hinweis: Wurde der zu zahlende Unterhalt durch eine gerichtliche Entscheidung (Beschluss oder Urteil) festgesetzt, ist die Verfahrenssituation eine andere. Bei Änderungen ist deshalb fachkundiger Rat einzuholen.

Quelle: BGH, Beschl. v. 08.02.2017 – XII ZB 116/16
Thema: Familienrecht

Eintritt in die Volljährigkeit: Das mündige Kind kann die Auszahlung des Kindergeldes von seinen Eltern verlangen

Kindergeld ist eine staatliche Leistung, die für die Kinder gezahlt wird, aber nicht an sie. Bezogen wird es stattdessen von einem der Elternteile. Ist ein Kind volljährig geworden, kann es aber die direkte Auszahlung des Kindergeldes verlangen.

Dies hat das Oberlandesgericht Stuttgart kürzlich so entschieden. Das Kindergeld bezog dabei der Vater. Das volljährige Kind studierte und verlangte von ihm die Weiterleitung, also auch die Auszahlung. Und das mit dem Fall betraute Gericht verpflichtete den Vater auch zur Zahlung.

Minderjährige Kinder, die bei einem Elternteil leben, erhalten von diesem den ihnen zustehenden Unterhalt als sogenannten „Naturalunterhalt“ in Form der Betreuung. Der andere Elternteil muss diesen Unterhalt zahlen und erbringt damit den sogenannten „Barunterhalt“. Diese beiden Unterhaltsarten sind dem Gesetz nach einander gleichgestellt. Hinzu kommt nun noch das staatliche Kindergeld. Dieses erhält zumeist der Elternteil, bei dem das Kind lebt. Da durch dieses Kindergeld sowohl die betreuende als auch die zahlende Unterhaltsleistung unterstützt werden sollen, behält der betreuende Elternteil das komplette Kindergeld; im Gegenzug reduziert sich dafür auch der Unterhalt, den der Barunterhaltspflichtige zu entrichten hat, um die Hälfte dieses Kindergeldbetrags.

Letzten Endes soll das Kindergeld – man ahnt es bei der Bezeichnung fast – dem Kind zugutekommen. Dieses hat mit Eintritt seiner Volljährigkeit den Anspruch, dass ihm das Kindergeld von dem beziehenden Elternteil ausbezahlt wird. Denn ab sofort sind beide Elternteile barunterhaltspflichtig – das heißt, die Möglichkeit des Naturalunterhalts erlischt mit der Tatsache, dass dem nun erwachsenen Kind gegenüber keine Betreuungsleistungen mehr zu erbringen sind.

Ist gerichtlich oder sonst verbindlich geregelt, welcher Unterhalt von den Eltern an das Kind zu zahlen ist, ist dies in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung. Die Auszahlung des Kindergeldes kann also unabhängig davon verlangt werden, in welcher Höhe Kindesunterhalt zu zahlen ist.

Hinweis: Wichtig ist beim Kindesunterhalt, wie lange dieser zu zahlen ist. Wechsel in der Ausbildung sind teilweise hinzunehmen. In diesem Zusammenhang ist auch das Kindergeld von Bedeutung. Die Rechtsprechung neigt zu der Ansicht, dass Unterhalt maximal so lange zu zahlen ist, wie Kindergeld bezogen werden kann.

Quelle: OLG Stuttgart, Beschl. v. 20.01.2017 – 17 UF 193/16

Thema: Familienrecht

Mindestunterhalt trotz Erwerbsminderung: Nur konkrete Gründe können Eltern von der Pflicht zu Nebenverdiensten befreien

Der Kindesunterhalt für ein minderjähriges Kind setzt sich aus Natural- und Barunterhalt zusammen. Den Naturalunterhalt leistet der Elternteil, bei dem das Kind lebt; er besteht aus der Pflege, Erziehung und Betreuung des Kindes. Den Barunterhalt leistet der andere Elternteil durch Geldzahlungen; seine Höhe richtet sich nach dessen wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit.

Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu bestimmen, ist häufig ein Problem. In einem aktuellen Fall musste sich der Bundesgerichtshof (BGH) damit auseinandersetzen, was gilt, wenn der unterhaltspflichtige Elternteil eine Rente wegen Erwerbsminderung bezieht.

Das Kind lebte beim Kindesvater. Die 1964 geborene Kindesmutter war wegen einer psychischen Erkrankung zu 70 % schwerbehindert und bezog daher eine Rente wegen voller Erwerbsminderung. Die naheliegende Frage, ob nur diese Rente für die Unterhaltsbestimmung herangezogen werden konnte, verneinte das Gericht. Nach der maßgeblichen gesetzlichen Regelung erhält die genannte Rente, wer nicht mindestens drei Stunden täglich einer Erwerbstätigkeit nachgehen kann. Das bedeutet aber auch, dass damit nicht ausgeschlossen ist, dass eine Erwerbstätigkeit von bis zu drei Stunden noch ausgeübt werden kann. Jeder Elternteil ist verpflichtet, alles zu unternehmen, was ihm möglich ist, um den Mindestunterhalt seines Kindes zu sichern, soweit er Barunterhalt zu leisten hat. Leistet er weniger, muss er darlegen und beweisen, dass und warum er dazu nicht in der Lage ist. Da die Frau hier eben genau keine näheren Angaben hierzu machte, dass und warum sie nicht drei Stunden pro Tag arbeiten und entsprechend im Rahmen eines Minijobs Geld verdienen kann, ging der BGH daher auch von fiktiven Einkünften aus.

Hinweis: Die Entscheidung zeigt, wie streng die Rechtsprechung die Verpflichtung nimmt, Unterhalt für die minderjährigen Kinder zu zahlen. Wer sich dieser Verantwortung entziehen will, muss ganz besonders gute und vor allem plausible Gründe vorbringen.

Quelle: BGH, Beschl. v. 09.11.2016 – XII ZB 227/15

Thema: Familienrecht