Unwirksames Nottestament: Eine unheilbare Erkrankung begründet noch keine akute Todesgefahr
Immer wieder kommt es vor, dass Menschen, die schwer erkrankt sind oder vor riskanten Operationen stehen, ihre Angelegenheiten kurzfristig durch ein sogenanntes Nottestament oder Drei-Zeugen-Testament regeln möchten. Ein solches Testament ist jedoch aufgrund seiner eng gesteckten Rahmenbedingungen häufig unwirksam.
Eine Frau hatte ein Testament verfasst, in dem sie ihren hochverschuldeten Sohn zum Alleinerben einsetzte. Als die Frau ins Krankenhaus kam, um wegen ihrer unheilbaren Krebserkrankung behandelt zu werden, setzte sie im Krankenhaus mit einer Rechtsanwältin ein neues Testament auf. In diesem Testament wurde festgelegt, dass der Sohn zwar weiterhin Alleinerbe sei, die Rechtsanwältin jedoch bis zu dessen 65. Geburtstag zur Testamentsvollstreckerin eingesetzt wird. Dieses Nottestament wurde der Erblasserin im Krankenhaus laut vorgelesen, von ihr gebilligt und von drei anwesenden Zeugen unterschrieben. Nachdem sie kurz darauf verstarb, beantragte die Rechtsanwältin den Erbschein, wogegen sich der Sohn der Erblasserin wehrte.
Das Gericht entschied, dass das Nottestament unwirksam ist und somit keine Testamentsvollstreckung angeordnet wurde. Für ein wirksames Nottestament ist es nämlich erforderlich, dass der Testierende sich in so naher Todesgefahr befindet, dass voraussichtlich weder die Errichtung eines Testaments vor einem Notar noch vor einem Bürgermeister möglich ist. Dies war aber hier nicht der Fall. Für eine unmittelbare Todesgefahr reicht es nicht, dass wegen einer fortgeschrittenen nicht (mehr) heilbaren Erkrankung der Erblasser nur noch kurze Zeit zu leben hat. Es ist vielmehr nötig, dass die konkrete Gefahr besteht, dass er vor dem Eintreffen des Notars verstirbt.
Hinweis: Das Nottestament ist nur für Ausnahmefälle gedacht. Die Rechtsprechung legt den Begriff der „unmittelbaren Todesgefahr“ daher sehr restriktiv aus. Immer dann, wenn es noch möglich ist, ein Testament selbst handschriftlich zu verfassen oder einen Notar hinzuzuziehen, wird ein Nottestament unwirksam sein. Es empfiehlt sich daher, seine erbrechtlichen Angelegenheiten rechtzeitig zu regeln.
Quelle: OLG Hamm, Beschl. v. 10.02.2017 – 15 W 587/15
Thema: Erbrecht