Erbrecht unehelicher Kinder: Eine Exhumierung ist zum Zweck eines Vaterschaftstests durchaus zulässig
Uneheliche Kinder wurden im deutschen Erbrecht lange Zeit benachteiligt, sind aber inzwischen nach verschiedenen Gesetzesänderungen ehelichen Kindern rechtlich gleichgestellt. In der Praxis kann es jedoch schwierig sein, die Abstammung nachzuweisen.
Eine Frau behauptete, dass der verstorbene Erblasser ihr biologischer Vater gewesen sei. Dies wollte sie anhand einer DNA-Untersuchung klären lassen, um somit ihren Pflichtteilsanspruch geltend zu machen. Sie trug vor, dass ihre Mutter ihr an ihrem 18. Geburtstag die Vaterschaft offenbart und der Verstorbene sie in seinen letzten Lebensjahren wie eine Tochter behandelt habe. Der eheliche Sohn des Erblassers verweigerte jedoch eine Gewebeprobenentnahme zum DNA-Abgleich, so dass die Tochter beantragte, zu diesem Zweck ihren mutmaßlichen Vater exhumieren zu lassen.
Das Gericht entschied, dass das postmortale Persönlichkeitsrecht des Verstorbenen im Fall einer für die Feststellung der Vaterschaft erforderlichen DNA-Untersuchung hinter das Recht des Kindes auf Kenntnis der eigenen Abstammung zurücktritt – eine Exhumierung ist somit zulässig. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass die Tochter bereits seit langer Zeit über die mögliche Vaterschaft informiert war, oder die Tatsache, dass sie mit der Vaterschaftsfeststellung vor allem die Geltendmachung ihres Erbrechts verfolgt.
Hinweis: Für alle Erbfälle, die nach dem 29.05.2009 eingetreten sind, gilt die Regelung, dass uneheliche Kinder den ehelichen im Erbrecht gleichgestellt sind. Wurden sie im Erbvertrag oder im Testament nicht bedacht, steht ihnen grundsätzlich ein Pflichteilsrecht zu. Voraussetzung ist jedoch, dass eine Vaterschaft anerkannt oder gerichtlich festgestellt wurde. Eine biologische Verwandtschaft ist hingegen nicht erforderlich, so dass auch adoptierte Kinder gleichgestellt sind. Inzwischen werden auch beim Standesamt eingetragene nichteheliche Kinder in das Zentrale Testamentsregister der Bundesnotarkammer überführt und dort elektronisch gespeichert. Im Erbfall wird das Nachlassgericht somit auch über die Existenz eines nichtehelichen oder adoptierten Kindes informiert.
Quelle: BGH, Beschl. v. 29.10.2014 – XII ZB 20/14
Thema: Erbrecht