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Schlagwort: Beschlussanfechtung

Wohnungseigentum: Wer ist als Verwalter geeignet?

Einige Gerichtsentscheidungen haben sich in letzter Zeit mit der Frage befasst, welche Anforderungen an den Verwalter einer Wohnungseigentumsanlage zu stellen sind. Insbesondere ist die Eignung fraglich, wenn es sich um einen der Miteigentümer handelt.

Jeder Wohnungseigentümer hat zunächst einen Anspruch darauf, dass ein Verwalter gewählt wird. Die Wahl eines Verwalters gehört grundsätzlich zur ordnungsgemäßen Verwaltung jeder Wohnungseigentumsanlage.

Allerdings muss auch die Wahl des Verwalters selbst einer ordnungsgemäßen Verwaltung entsprechen. Das heißt, es darf kein wichtiger Grund gegen die Bestellung der gewählten Person als Verwalter sprechen. Ein wichtiger Grund gegen die Bestellung liegt vor, wenn unter Berücksichtigung aller Umstände eine Zusammenarbeit mit dem zu bestellenden Verwalter unzumutbar und das erforderliche Vertrauensverhältnis von Anfang an nicht zu erwarten ist. Das ist der Fall, wenn Umstände in der Person des Verwalters vorliegen, die ihn als unfähig oder ungeeignet für dieses Amt erscheinen lassen.

Das Landgericht Düsseldorf – welches übrigens in WEG-Sachen das zentrale Berufungsgericht für alle Amtsgerichte im gesamten OLG-Bezirk Düsseldorf ist – hat zur Eignung als Verwalter folgendes entschieden (LG Düsseldorf, Urteil vom 18. Oktober 2013 – 25 S 7/13 –):

Eine ausreichende fachliche Kompetenz fehlt, wenn keine Ausbildung im Bereich der Immobilienverwaltung vorliegt und der Betreffende auch keinerlei selbständige berufliche Erfahrung als Verwalter von Wohnungseigentum hat. Im Fall war der Kandidat nur als Mitarbeiter in einer Hausverwaltung tätig gewesen, nachdem er zuvor im Service einer Gaststätte und als Chauffeur gearbeitet hatte.

Ein Wohnungseigentümer könne, so das Gericht, insbesondere bei einem Objekt, das von Streitigkeiten geprägt ist, grundsätzlich verlangen, dass die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums von einer gewerblichen externen Verwaltung durchgeführt wird, deren Inhaber bzw. Mitarbeiter über die berufliche Qualifikation und Erfahrung bei der Verwaltung von Wohnungseigentümergemeinschaften verfügen.

Hinzu kam die Rolle des Verwalterkandidaten in den jahrelangen Streitigkeiten der Eigentümer untereinander. Der gewählte Verwalter war für einen der Eigentümer, der auch zugleich Verwalter war, intensiv tätig und hatte auch als Zeuge in Gerichtsverfahren ausgesagt. Er war daher aus Sicht des Gerichts nicht mehr neutral genug für seine eigene Bestellung als Verwalter.

Das Landgericht hob daher den mehrheitlich gefassten Beschluss zur Bestellung des Verwalters auf.

Im Unterschied dazu hat das Landgericht Stuttgart kürzlich entschieden (LG Stuttgart, Urteil vom 29. Juli 2015 – 10 S 68/14 –), das an die fachliche Qualifikation keine Anforderungen zu stellen sind. Im Fall war eine Miteigentümerin, die von Beruf Polizistin war, zur Verwalterin bestellt worden. Die gewählte Verwalterin verfügte weder über eine einschlägige betriebswirtschaftliche, buchhalterische oder rechtliche Ausbildung noch über eine betriebliche Ausstattung zur Erledigung der Aufgaben.

Das Gericht war dennoch der Auffassung, dass nicht die Prognose gerechtfertigt war, dass die die bestellte Miteigentümerin das ihr anvertraute Amt nicht ordnungsgemäß ausüben werde. Dem Gericht reichte es aus, dass die Verwalterin bei ihrer Wahl zugesagt hatte, sich zur Einarbeitung in das Amt kundig zu machen, Fortbildungen zu besuchen und die notwendigen Versicherungen abzuschließen. Als Polizistin sei sie zuverlässig und trotz Vollzeitbeschäftigung habe sie in der Freizeit auch genügend Zeit, Schulungen zu besuchen und ihr Amt auszuüben.

Außerdem war die von der Polizistin geforderte Vergütung mit 10 € netto pro Einheit und Monat deutlich günstiger als die der Konkurrenz.

Die Messlatte wird hier also deutlich tiefer angelegt. Allerdings dürfte im Interesse einer professionellen Verwaltung eher dem Landgericht Düsseldorf zuzustimmen sein.

Allgemein ist festzuhalten, dass der Gemeinschaft bei der Verwalterbestellung ein Beurteilungsspielraum zusteht. Sie muss eine Prognose darüber anstellen, ob der Kandidat oder die Kandidatin das anvertraute Amt ordnungsgemäß ausüben wird. Die Bestellung des Verwalters widerspricht daher den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung erst dann, wenn die Wohnungseigentümer ihren Beurteilungsspielraum überschreiten, das heißt, wenn es objektiv nicht mehr vertretbar erscheint, dass sie den Verwalter ungeachtet der gegen ihn sprechenden Umstände bestellen.

Zu beachten ist auch, dass der Beschluss innerhalb eines Monats mit der Anfechtungsklage angefochten werden muss (§ 43 Ziff. 4, § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG). Ansonsten ist er gültig. Die Frist beginnt bereits mit dem Tag der Eigentümerversammlung, auch wenn das Protokoll unter Umständen erst viel später versendet wird.

Thema: Wohnungseigentumsrecht

Autor: Rechtsanwalt Matthias Juhre, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht in Wuppertal

Wohnungseigentum: Rechtzeitige Zustellung der Anfechtungsklage

Für die Anfechtungsklage gegen Beschlüsse der Eigentümerversammlung gilt eine einmonatige Klagefrist. Grundsätzlich muss innerhalb der Monatsfrist die Klage den übrigen Eigentümern zugestellt sein. Der Bundesgerichtshof hat für die Rechtspraxis einige Feinheiten bei der Einhaltung dieser Frist klargestellt.

Die Klage eines oder mehrerer Wohnungseigentümer auf Erklärung der Ungültigkeit eines Beschlusses muss innerhalb eines Monats nach der Beschlussfassung erhoben werden (§ 46 Abs. 1 Satz 2 WEG). Die Frist beginnt mit der Beschlussfassung, das heißt am Tag der Eigentümerversammlung selbst (und nicht etwa erst mit dem Zugang des Versammlungsprotokolls!).

Eine Klage ist „erhoben“, wenn sie dem Beklagten zugestellt ist (§ 253 Abs. 1 Zivilprozessordnung – ZPO -). Die Klage soll allerdings erst dann zugestellt werden, wenn auch der Gerichtskostenvorschuss in die Justizkasse eingezahlt wird (§ 12 Abs. 1 Satz 1 Gerichtskostengesetz – GKG -). Wegen der hiermit verbundenen Verzögerungen regelt § 167 ZPO, dass es genügt, wenn die Zustellung – auch nachdem die einzuhaltende Frist bereits abgelaufen ist – „demnächst“ erfolgt.

Wann eine Zustellung noch „demnächst“ ist, bedarf natürlich der Auslegung.

In einem jüngst vom Bundesgerichtshof zu entscheidenden Fall (BGH, Urteil vom 10. Juli 2015 – V ZR 154/14 –) sah die zeitliche Abfolge folgendermaßen aus:

Die Wohnungseigentümerversammlung fand am 2. November statt. Gegen einige dort gefasste Beschlüsse erhob einer der Wohnungseigentümer Klage. Die Klage ging am 23. November beim zuständigen Amtsgericht ein. Es folgte dann Schriftverkehr zwischen Gericht und Kläger zur vorläufigen Streitwertfestsetzung (eine Angabe zum Streitwert wird benötigt, damit das Gericht die Gerichtsgebühren berechnen kann). Am 18. Dezember erhielt der Rechtsanwalt des Klägers die Vorschussrechnung vom Gericht. Diese wurde zunächst an die Rechtsschutzversicherung des Klägers weitergeleitet. Am 7. Januar ging dann der Vorschuss bei der Justizkasse ein. Die Klage wurde daraufhin am 18. Januar zugestellt.

Die Vorinstanzen hatten die Klage abgewiesen mit der Begründung, dass die einmonatige Klagefrist abgelaufen und die Zustellung auch nicht mehr „demnächst“ erfolgt sei.

Der BGH sah dies jedoch anders.

Zunächst darf der Kläger abwarten, bis ihm die Vorschusskostenrechnung vom Gericht zugeht. Erst wenn sich der Zugang der Rechnung verzögert, trifft den Kläger die Pflicht, bei Gericht nachzufragen. Das war vorliegend nicht das Problem. Maßgeblich war also nur der Zeitraum zwischen dem 18. Dezember (Zugang der Vorschusskostenrechnung) und dem 7. Januar (Einzahlung des Vorschusses). Dazwischen lagen 20 Tage.

Grundsätzlich gilt, dass eine Verzögerung nur 14 Tage oder geringfügig darüber betragen darf.

Im Fall war allerdings zu berücksichtigen, dass der Kostenvorschuss verfahrenswidrig nicht beim Kläger persönlich angefordert worden war. Stattdessen war die Vorschussrechnung dem Rechtsanwalt zugestellt worden. Für die hierdurch entstehende Verzögerung war, so der BGH, eine Spanne von drei Werktagen zu veranschlagen unter Ausklammerung des Eingangstages und von Wochenendtagen. Innerhalb einer solchen Zeitspanne könne auch in hochbelasteten Anwaltskanzleien die Kenntnisnahme, Bearbeitung und Weiterleitung sowie bei Zugrundelegung üblicher Postlaufzeiten auch der Eingang bei der Partei selbst erwartet werden. Da die Kostenanforderung dem Rechtsanwalt am 18. Dezember (Dienstag) zugegangen sei, führe dies dazu, dass der Kläger so zu stellen sei, wie er stünde, wenn ihm selbst die Anforderung erst am 21. Dezember (Freitag) zugegangen wäre.

Außerdem war in Rechnung zu stellen, dass von einer Partei nicht verlangt werden könne, an Wochenend- und Feiertagen für die Einzahlung des Kostenvorschusses Sorge zu tragen. Ebenso sei mit dem 24. und 31. Dezember (Heiligabend und Silvester) zu verfahren, weil an diesen Tagen vielfach überhaupt nicht oder doch nur eingeschränkt gearbeitet werde. Da der Kläger danach frühestens am 27. Dezember (Donnerstag) hätte tätig werden müssen und der Kostenvorschuss tatsächlich am 7. Januar bei der Justizkasse eingegangen war, lag keine schuldhafte Verzögerung von mehr als 14 Tagen vor.

Die Klagefrist war demnach eingehalten.

Bei der Beschlussanfechtungsklage ist die Einhaltung der Klagefrist von höchster Bedeutung ist und es reicht nicht aus, die Klage bloß rechtzeitig bei Gericht einzureichen. Die Fristwahrung und den weiteren Ablauf sollten Sie also nur einem spezialisierten Rechtsanwalt anvertrauen. Nach der Eigentümerversammlung sollten sich Betroffene frühzeitig beraten lassen, damit insbesondere auch zeitnah die Kostenübernahme mit dem Rechtsschutzversicherer geklärt werden kann.

Thema: Wohnungseigentumsrecht

Autor: Rechtsanwalt Matthias Juhre, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht in Wuppertal