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Schlagwort: Betreuungsunterhalt

Betreuungsleistung entfällt: Mit Eintritt in die Volljährigkeit muss der Unterhalt des Kindes neu berechnet werden

Trennen sich Ehegatten, ist unter anderem der Kindesunterhalt zu regeln. Meist sind die Kinder zu diesem Zeitpunkt noch minderjährig. Der Elternteil, bei dem die Kinder leben, leistet seinerseits den Unterhaltsbeitrag durch die Betreuung der Kinder, der andere Teil zahlt. Was passiert, wenn die Kinder volljährig werden und der Betreuungsbedarf entfällt?

 

Im Gesetz ist geregelt, dass die Betreuung eines minderjährigen Kindes durch einen Elternteil den gleichen Wert hat wie die Zahlung von Unterhalt. Das bedeutet, dass es beim minderjährigen Kind zumeist nicht darauf ankommt, was der betreuende Elternteil verdient – der Unterhalt wird allein anhand der Einkünfte des unterhaltspflichtigen Elternteils bestimmt. Mit Eintritt der Volljährigkeit entfällt jedoch gemäß Gesetz der Betreuungsunterhalt. Das bedeutet, dass ab diesem Zeitpunkt beide Elternteile zur Zahlung von Unterhalt heranzuziehen sind. Etwa noch erfolgende Betreuungsleistungen sind nicht mehr zu beachten.

Aus diesem Grund hat mit Eintritt der Volljährigkeit eine Neubestimmung des Kindesunterhalts zu erfolgen. Etwa vorher erfolgte Unterhaltstitulierungen – sei es in der Form von Jugendamtsurkunden oder in der Form gerichtlicher oder sonstiger Beschlüsse – verlieren nicht ihre Gültigkeit. Es können aber deren Überprüfung sowie etwaige Änderung verlangt werden. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) in einer Ende 2016 verkündeten Entscheidung ausdrücklich klargestellt.

Es ist dabei laut BGH die Aufgabe des unterhaltsberechtigten und jetzt volljährigen Kindes, die Höhe des Einkommens jenes Elternteils darzulegen und zu beweisen, der bisher wegen der Betreuung keinen Unterhalt zahlen musste. Das gilt unabhängig davon, ob das Kind nach Eintritt der Volljährigkeit mehr Unterhalt für sich in Anspruch nehmen oder der bisher allein zahlungspflichtige Elternteil geltend machen möchte, ab sofort weniger Unterhalt zahlen zu müssen.

Hinweis: Wegen weiterer Unterschiede zwischen dem für Minderjährige oder Volljährige zu zahlenden Unterhalts ist es ratsam, rechtzeitig fachkundigen Rat einzuholen.

Quelle: BGH, Beschl. v. 07.12.2016 – XII ZB 422/15

Thema: Familienrecht

Ehegattenunterhalt: Keine Verpflichtung zur Vollzeitstelle bei dauerhaft förderbedürftigem Kind

Für die Zeit nach der Scheidung besteht nur unter besonderen Umständen ein Anspruch auf Ehegattenunterhalt, zum Beispiel wenn ein gemeinsames Kind zu betreuen ist. In den ersten drei Lebensjahren des Kindes wird vom Vorliegen dieser besonderen Umstände immer ausgegangen. Danach werden jedoch besondere kind- oder ehebezogene Gründe verlangt.

Diese besonderen Gründe verlieren im Normalfall an Bedeutung, je älter ein Kind wird. Was aber gilt, wenn besonderer Förderbedarf besteht? Mit dieser Frage musste sich das Oberlandesgericht Hamm befassen. Im zugrundeliegenden Fall litt der 16 Jahre alte Sohn an Autismus, Neurodermitis, einer Lebensmittelunverträglicheit und Migräne. Er wurde über 36 Stunden pro Woche durch Fremde betreut, konnte allein zur Schule gehen und stundenweise auch allein zu Hause sein. Der Kindesvater war der Ansicht, vor diesem Hintergrund könne die Mutter in Vollzeit arbeiten und er müsse deshalb keinen Unterhalt mehr an sie zahlen. Die Mutter vertrat dagegen die Ansicht, ihr könne nicht mehr als eine 2/3-Stelle zugemutet werden. Sie müsse mit dem Kind alle zwei Wochen zu einer Therapie im Autismuszentrum und sich wegen krankheitsbedingt mangelnder Sozialkontakte täglich stark um ihn kümmern.

Das Gericht berechnete den damit verbundenen besonderen Aufwand mit wöchentlich 13,5 Stunden. Dies berücksichtigend sei es gerechtfertigt, dass die Mutter nicht in Vollzeit arbeitet. Deshalb muss der Kindesvater weiterhin Betreuungsunterhalt für die Mutter zahlen.

Hinweis: 2008 wurde das Unterhaltsrecht umfassend reformiert. Mitunter wird angenommen, dass seitdem für die Zeit nach der Scheidung kein Unterhalt mehr an den Ehegatten zu zahlen ist. Diese Ansicht ist falsch. Dem Grunde nach ist Unterhalt für die Zeit nach der Scheidung in den meisten Fällen wie in der Zeit vor der Reform zu entrichten. Wesentlich verschoben hat sich allerdings der Zeitraum der Unterhaltspflicht. Wegen der damit verbundenen Einzelheiten ist es angeraten, sich fachkundigen Rat einzuholen.

Quelle: OLG Hamm, Beschl. v. 02.06.2016 – 6 WF 19/16
Thema: Familienrecht