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Schlagwort: Betriebsarzt

Stationswechsel nach Maskenkritik: Zulässige Versetzung einer Krankenschwester nach Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen

Das Äußern innerbetrieblicher Missstände sollte in der Regel nicht zu Sanktionen führen. Was in diesem Zuge genau unter einer Strafversetzung zu verstehen ist, musste im Folgenden das Arbeitsgericht Herne (ArbG) prüfen. Denn eine Krankenschwester klagte hier gegen ihre Versetzung, die sie auf ihre Kritik zu unterschiedlichen Tragezeiten von FFP2-Masken zurückführte.

Die Krankenschwester war auf der Intensivstation eingesetzt und hatte Probleme mit dem Tragen der FFP2-Masken. Der Betriebsarzt war der Auffassung, dass eine Tragezeit von 120 Minuten mit einer nachfolgenden Pause von 15 Minuten in Ordnung sei. Die Krankenschwester verwies jedoch auf den Gesundheitsschutz und meinte, dass die Tragezeiten auf der Station von den Empfehlungen der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung abwichen, die eine Tragezeit von 75 Minuten und eine Pausenzeit von 30 Minuten ausweisen. Schließlich wurde die Krankenschwester durch die Arbeitgeberin auf eine andere Station des Krankenhauses versetzt. Dagegen wollte die Frau vorgehen. Sie meinte, die Versetzung sei rechtswidrig, und sie wolle weiterhin auf der Intensivstation tätig sein. Für die Arbeitgeberin dagegen war die Versetzung von ihrem Direktions- und Weisungsrecht gedeckt. Sie habe lediglich den Betriebsfrieden und die Interessen der Krankenschwester im Blick gehabt. Auf der neuen Station sei ein dauerhaftes Tragen von FFP2-Masken nicht notwendig.

Das ArbG teilte die Ansicht der Arbeitgeberin und wies die Klage der Krankenschwester ab. Die Arbeitgeberin durfte der Krankenschwester in der Tat einen anderen Arbeitsplatz zuweisen, worin das Gericht keine Strafversetzung erkennen konnte. Denn schließlich habe die Arbeitgeberin damit die beiderseitigen Interessen ordnungsgemäß berücksichtigt.

Hinweis: Nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen darf ein Arbeitgeber überhaupt einen Arbeitnehmer versetzen. Ob die Versetzung im Einzelfall rechtmäßig ist, kann ein Rechtsanwalt klären.

Quelle: ArbG Herne, Urt. v. 06.05.2021 – 4 Ca 2437/20

Thema: Arbeitsrecht

Schadensersatz abgelehnt: Bei ärztlichen Bedenken darf die stufenweise Wiedereingliederung Schwerbehinderter abgelehnt werden

Den Wunsch nach einer Wiedereingliederungsmaßnahme nach einer längeren Krankheitsphase darf ein Arbeitgeber grundsätzlich ablehnen. Etwas anderes gilt meist, wenn der Arbeitnehmer schwerbehindert ist. Dass es aber auch dann Ausnahmen gibt, beweist der folgende Fall des Bundesarbeitsgerichts (BAG).

Ein schwerbehinderter Arbeitnehmer war bei einer Stadt als technischer Angestellter beschäftigt. Nach einer fast zweijährigen Arbeitsunfähigkeit durch Erkrankung sollte dessen stufenweise Wiedereingliederung erfolgen. Die Betriebsärztin hatte jedoch Bedenken. Sie hatte die Befürchtung, dass der Gesundheitszustand des Arbeitnehmers eine Beschäftigung entsprechend dem Wiedereingliederungsplan nicht zulassen würde. Rund zwei Monate nach Ablehnung des Wiedereingliederungsplans wurde ein neuer ärztlicher Plan vom Arbeitnehmer eingereicht und die Wiedereingliederung durchgeführt. Nun forderte der Arbeitnehmer von seiner Arbeitgeberin Ersatz der Vergütung, die ihm dadurch entgangen war, dass die Stadt ihn nicht entsprechend des ersten Wiedereingliederungsplans schon früher beschäftigt hatte.

Laut BAG war die Ablehnung der ersten Wiedereingliederung durchaus rechtmäßig gewesen. Die Stadt war nämlich nicht verpflichtet, den Arbeitnehmer entsprechend den Vorgaben des Wiedereingliederungsplans zu beschäftigen. Zwar kann ein Arbeitgeber verpflichtet sein, an einer Maßnahme der stufenweisen Wiedereingliederung mitzuwirken. Im vorliegenden Fall lagen allerdings besondere Umstände vor, aufgrund derer der Arbeitgeber seine Zustimmung zum Wiedereingliederungsplan verweigern durfte. Denn es bestand aufgrund der Beurteilung der Betriebsärztin die begründete Befürchtung, dass der Gesundheitszustand eine Beschäftigung entsprechend diesem Wiedereingliederungsplan nicht zulassen würde.

Hinweis: Arbeitgeber sind also verpflichtet, an einer Maßnahme der stufenweisen Wiedereingliederung schwerbehinderter Arbeitnehmer mitzuwirken. Sie dürfen allerdings nach dieser Entscheidung die stufenweise Wiedereingliederung eines schwerbehinderten Menschen bei begründeten Zweifeln an der Gesundheitseignung ablehnen.

Quelle: BAG, Urt. v. 16.05.2019 – 8 AZR 530/17

Thema: Arbeitsrecht