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Schlagwort: Betriebsratsvorsitzende

Betriebsratssitz erschlichen? Irrtümliche Fehlinformation zum Betriebsverfassungsgesetz führt nicht zur Kündigung

Dass Gerichte nicht realtitätsfremd Gesetzestexte interpretieren und anwenden, zeigt die durchaus lebensnahe Entscheidung im folgenden Fall. Denn hier hatten die Richter des Arbeitsgerichts Köln (ArbG) darüber zu befinden, ob die Falschinformation einer Bewerberin um einen Betriebsratsposten böswillig geschah oder das ausschlaggebende Betriebsverfassungsgesetz womöglich Schuld an dem Irrtum trug.

Die betreffende Arbeitnehmerin ließ sich zur Wahl für den Betriebsrat aufstellen und wurde nicht nur gewählt, sondern sogar Betriebsratsvorsitzende. Sie hatte als Mitglied des Wahlvorstands jedoch den Arbeitgeber und die Belegschaft falsch informiert, indem sie angab, dass das Minderheitengeschlecht jeweils mit einem Sitz im Betriebsrat vertreten sein müsse.

Und hierin lag der Irrtum. Denn tatsächlich sieht das Betriebsverfassungsgesetz lediglich vor, dass das Geschlecht, das im Betrieb in der Minderheit ist, mindestens entsprechend seinem zahlenmäßigen Verhältnis im Betriebsrat vertreten sein müsse. Diese Regelung kann dann auch schon einmal dazu führen, dass ein Geschlecht gar nicht in den Betriebsrat gelangt – was auch hier der Fall gewesen wäre, wenn die Frau das Gesetz richtig interpretiert und entsprechend informiert hätte. Als der Arbeitgeber seinerseits alles verstanden hatte, kündigte er der Betriebsratsvorsitzenden mit der Begründung, dass diese sich den Betriebsratssitz erschlichen habe. Gegen die Kündigung klagte die Betriebsratsvorsitzende – mit großem Erfolg.

Denn die Arbeitgeberin konnte zum einen nicht nachweisen, dass die Betriebsratsvorsitzende die falsche Information bewusst verbreitet hätte. Die Richter des ArbG räumten zum anderen sogar freimütig ein, dass die gesetzliche Regelung insbesondere für einen Laien kaum verständlich sei und es keine Hinweise darauf gebe, dass die Betriebsratsvorsitzende Kenntnis davon hatte, dass ihre Auffassung falsch gewesen sei.

Hinweis: Mitglieder des Betriebsrats besitzen einen besonderen Kündigungsschutz. Eine Kündigung ist nur aus wichtigem Grund möglich und dann nur mit Zustimmung des Betriebsrats.

Quelle: ArbG Köln, Urt. v. 04.09.2020 – 19 Ca 1827/20

Thema: Arbeitsrecht

Betriebsratsvorsitzenden beleidigt: Hitlergruß rechtfertigt außerordentliche, fristlose Kündigung

Schwere Beleidigungen dürfen am Arbeitsplatz einfach nicht vorkommen.

Ein seit sieben Jahren beschäftigter Fahrer und der Betriebsratsvorsitzende gerieten anlässlich einer Betriebsversammlung aneinander. Wenig später traf der Fahrer erneut auf den Betriebsratsvorsitzenden und hob seinen ausgestreckten Arm zum Hitlergruß. Gleichzeitig sagte er: „Du bist ein Heil, du Nazi!“ Der Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis daraufhin außerordentlich fristlos.

Der Fahrer rechtfertigte sich damit, dass er gar nicht rechtsradikal sein könne, da er türkischer Abstammung sei. Das sahen die Richter allerdings anders: Die Frage der Abstammung beinhaltet keine Antwort auf die Frage der inneren Haltung. Der Hitlergruß durch Erheben des ausgestreckten Arms stellt aus Sicht des Gerichts einen wichtigen Kündigungsgrund dar. Diese Geste ist ein nationalsozialistisches Kennzeichen, das in einem Arbeitsverhältnis nicht hingenommen werden muss. Der Betriebsratsvorsitzende wurde durch die Geste und die Aussage grob beleidigt. Die Kündigung war rechtmäßig und die Kündigungsschutzklage wurde abgewiesen.

Hinweis: Beleidigungen und Tätlichkeiten führen in aller Regel zur Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses.

Quelle: ArbG Hamburg, Urt. v. 20.10.2016 – 12 Ca 348/15
Thema: Arbeitsrecht