Fahrlässige Beweisvereitelung: Vorzeitige Entsorgung eines Mängelteils führt zum Wegfall sämtlicher Regressansprüche
Behauptet ein Käufer, dass ein Bauteil des erworbenen Fahrzeugs zum Zeitpunkt des Kaufs defekt gewesen sei, darf er im Lauf der gerichtlichen Streitigkeiten eben jenes Beweismittel entsorgen lassen. Denn sonst nimmt er dem Verkäufer die Möglichkeit, die Vermutung des Vorliegens eines Mangels zu widerlegen.
Bei einem im Dezember gekauften Gebrauchtwagen trat im April des folgenden Jahres ein Defekt an der Kraftstoffhochdruckpumpe auf. Dies führte dazu, dass der Motor bei hohen Geschwindigkeiten plötzlich ausging. Mit anwaltlichem Schreiben teilte der Käufer dem Autohaus mit, dass er einen Sachverständigen mit der Begutachtung und Beweissicherung beauftragen würde. Anschließend wurde die Kraftstoffhochdruckpumpe entsorgt. Da das Autohaus sich nicht auf eine Rückgängigmachung des Kaufvertrags einließ, erhob der Käufer Klage.
Das Landgericht Bielefeld hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass der Käufer dem Verkäufer wegen der Entsorgung der Kraftstoffhochdruckpumpe nicht die Möglichkeit gegeben hat, den Beweis zu erbringen, dass diese zum Zeitpunkt der Übergabe des Fahrzeugs im Dezember einwandfrei funktionierte. Dem Käufer war daher eine fahrlässige Beweisvereitelung vorzuwerfen. Er hätte erkennen können und müssen, dass die ausgebaute Kraftstoffhochdruckpumpe als Beweisobjekt benötigt werden würde, und er hätte auch ohne weiteres veranlassen können, dass dieses Bauteil nicht entsorgt wird.
Hinweis: Der Fall zeigt eindrucksvoll, dass bis zum Abschluss einer außergerichtlichen oder gerichtlichen Auseinandersetzung Bauteile, deren Mangelhaftigkeit behauptet wird, nicht entsorgt werden sollten. Eine Beweisvereitelung liegt immer dann vor, wenn eine Partei ihrem beweispflichtigen Gegner die Beweisführung schuldhaft erschwert oder unmöglich macht. Hierbei muss sich das Verschulden sowohl auf die Zerstörung oder Entziehung des Beweisobjekts als auch auf die Beseitigung seiner Beweisfunktion beziehen – also darauf, die Beweislage des Gegners in einem gegenwärtigen oder künftigen Prozess nachteilig zu beeinflussen.
Quelle: LG Bielefeld, Urt. v. 13.04.2016 – 22 S 239/15
Thema: Verkehrsrecht