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Schlagwort: Bundesarbeitsgericht

Arbeitgeberfrage bei Leiharbeit: Wer bei einer Arbeitnehmerüberlassung den Falschen verklagt, geht schnell leer aus

Bei wem es sich bei einem Leiharbeiter um dessen wirklichen Arbeitgeber handelt, ist entscheidend, wenn man gegen diesen eine Klage einreichen will. Wer das nicht weiß, erhält schnell eine Abfuhr – wie im folgenden Fall, den das Bundesarbeitsgericht vor kurzem zu beurteilen hatte.

Ein Pharmareferent war als Zeitarbeitnehmer tätig. Er wurde von seinem Arbeitgeber bei einem Unternehmen eingesetzt, bei dem eine Prämienregelung galt. Alle Teammitglieder, die teilweise direkt bei dem Unternehmen beschäftigt und teilweise als Leiharbeiter tätig waren, hatten Prämien erhalten – bis auf den besagten Pharmareferenten. Deshalb kam er auf die Idee, das Unternehmen, bei dem er eingesetzt war, zu verklagen. Er wollte die Prämien erhalten, hatte allerdings Pech. Das Arbeitsgericht war nämlich gar nicht zuständig; die Klage war daher unzulässig.

Es handelte sich nicht um eine Streitigkeit zwischen einem Arbeitnehmer und dessen Arbeitgeber. Und nur dafür sind die Arbeitsgerichte zuständig. Bei einer Arbeitnehmerüberlassung ist der Verleiher Arbeitgeber des Leiharbeitnehmers. Der Leiharbeitnehmer schließt mit ihm seinen Arbeitsvertrag. Mit dem Entleiher selbst besteht bei einer wirksamen Arbeitnehmerüberlassung kein Arbeitsverhältnis.

Hinweis: Bei einer Arbeitnehmerüberlassung ist und bleibt also der Verleiher Arbeitgeber des Leiharbeitnehmers. Mit dem Entleiher besteht bei einer wirksamen Arbeitnehmerüberlassung gerade kein Arbeitsverhältnis. Ist die Arbeitnehmerüberlassung allerdings unwirksam, gilt etwas anderes!

Quelle: BAG, Urt. v. 24.04.2018 – 9 AZB 62/17

Thema: Arbeitsrecht

Kündigung in der Probezeit: Wurde keine gesonderte Frist benannt, gilt jene, die für die Zeit danach vorgesehen war

Welche Kündigungsfrist gilt eigentlich in der Probezeit?

Ein Arbeitnehmer war als Flugbegleiter tätig. Die ersten sechs Monate hatten die Parteien als Probezeit vereinbart, aber keine diesbezügliche Kündigungsfrist bestimmt. Diese beträgt während der Probezeit dem Gesetz nach zwei Wochen. In einer weiteren Bestimmung des Arbeitsvertrags stand dann allerdings, dass eine Kündigungsfrist von sechs Wochen zum Monatsende gelten solle. Als der Flugbegleiter innerhalb der Probezeit eine Kündigung mit einer Frist von zwei Wochen erhielt, klagte er dagegen und meinte, dass ihm auch innerhalb der Probezeit nur mit einer Sechsmonatsfrist hätte gekündigt werden können.

Tatsächlich erhielt er vom Bundesarbeitsgericht Recht. Die Bestimmungen des Arbeitsvertrags sind so auszulegen, wie sie ein durchschnittlicher, regelmäßig nicht rechtskundiger Arbeitnehmer versteht. Ein solcher Arbeitnehmer kann nicht erkennen, dass während der Probezeit kürzere Fristen gelten sollen, als sie sich aus dem Vertrag ergeben.

Hinweis: Steht also im Arbeitsvertrag nichts von einer Kündigungsfrist von zwei Wochen innerhalb der Probezeit, aber eine längere Frist für die Zeit danach, kann der Arbeitgeber nicht mit der gesetzlichen Zweiwochenfrist innerhalb der Probezeit kündigen.

Quelle: BAG, Urt. v. 23.03.2017 – 6 AZR 705/15
Thema: Arbeitsrecht

Bundesarbeitsgericht: Rückforderung eines Provisionsvorschusses nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses

BGB §§ 305c, 307; HGB § 87 III – Eine Vertragsklausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nicht näher benannte Provisions- und Stornohaftungsbedingungen in Bezug nimmt und einen Provisionsanspruch daran knüpft, dass der Arbeitnehmer diese Bedingungen „anerkennt und als vertragsgemäß akzeptiert“, ist intransparent und daher unwirksam. Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 21.01.2015 – 10 AZR 84/14

Sachverhalt
Die Klägerin ist Versicherungsmaklerin. Der Beklagte war bis zu seiner Eigenkündigung für sie als Regionaldirektor im Anstellungsverhältnis tätig. Neben einem Grundgehalt erhielt er für seine Vermittlungsleistungen Provisionen, die ihm als Vorschuss gezahlt wurden. Im Arbeitsvertrag wurden nicht näher benannte Provisions- und Stornohaftungsbedingungen in Bezug genommen und der Provisionsanspruch des Beklagten davon abhängig gemacht, dass der Beklagte diese „anerkennt und als vertragsgemäß akzeptiert“. Nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses verlangte die Klägerin vom Beklagten Rückzahlung von Provisionsvorschüssen, die nicht vollständig ins Verdienen gebracht wurden, weil es nach dem vermittelten Vertragsschluss zu keiner Leistung von Prämien der geworbenen Versicherungsnehmer gekommen war.

Das ArbG gab der Klage statt, die Berufung des Beklagten blieb erfolglos.

Entscheidung
Das Bundesarbeitsgericht hob das Urteil auf die Revision des Beklagten auf und verwies die Klage zur erneuten Prüfung an das LAG zurück.

Nach Ansicht des Bundesarbeitsgericht ist die Klage mangels hinreichender Bestimmtheit des Klageantrags unzulässig. Die Klägerin hatte ihrer Klageforderung einen Bruttobetrag zugrunde gelegt und es unterlassen, die Höhe der abgeführten Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung zu beziffern.

Das Bundesarbeitsgericht hält die Klage darüber hinaus auch in der Sache für bislang unbegründet.

Grundsätzlich sei zwar eine Vertragsklausel in AGB zulässig, wonach sich der Arbeitnehmer zur Rückzahlung geleisteter, jedoch noch nicht vollständig ins Verdienen gebrachter Provisionen verpflichtet. Vorliegend habe es die Klägerin aber versäumt, darzulegen, wie sich ihre Klageforderung zusammensetzt. Eine schlüssige Klage auf Rückforderung von Provisionsvorschüssen erfordert nach Ansicht des Bundesarbeitsgericht die Aufschlüsselung, für welchen Vertrag Provisionen in welcher Höhe als Vorschuss gezahlt wurden und inwieweit es nicht zur Prämienzahlung durch den Versicherungsnehmer gekommen ist. Eine solche Konkretisierung sei auch für kleine Rückforderungsbeträge (sog. Kleinstorni) erforderlich. Zur schlüssigen Begründung des Rückforderungsanspruchs gehöre ferner die Darlegung der ordnungsgemäßen Nachbearbeitung des einzelnen „notleidenden“ Versicherungsvertrags durch den Arbeitgeber nach § 87 III 2 HGB. Die Klägerin hatte keine Vornahme sog. Storno-Abwehrmaßnahmen vorgetragen.

Schließlich konnte die Klägerin ihren Rückforderungsanspruch auch nicht auf die arbeitsvertraglich in Bezug genommenen Provisions- und Stornohaftungsbedingungen stützen. Die entsprechende Klausel hält das Bundesarbeitsgericht für intransparent i.S.d. § 307 III 2 BGB i.V.m. § 307 I 2 BGB, da die externen Regelwerke, auf die vertraglich verwiesen wurde, nicht hinreichend bestimmbar seien.

Praxishinweis
Arbeitgeber müssen auf eine transparente Vertragsgestaltung achten. Die Bezugnahme auf externe Klauselwerke in AGB ist in der Regel nur zulässig, wenn diese konkret bezeichnet und dem Arbeitnehmer auch zugänglich sind.

Referiert von: Rechtsanwalt Rainer Tschersich, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Fachanwalt für Handelsrecht und Gesellschaftsrecht