Sonderbedarf im Unterhaltsfall: Der Eigenanteil für eine Kieferbehandlung ist dem Einkommen entsprechend aufzuteilen
Es entsteht heutzutage fast der Eindruck, dass Zahnfehlstellungen bei jedem Kind diagnostiziert werden, das sich dahingehend untersuchen lässt. Um entsprechenden Folgen vorzubeugen, tragen sehr viele Kinder eine Spange. Soweit die damit verbundenen – nicht unerheblichen – Kosten nicht vollständig von der Krankenkasse übernommen werden, stellt sich bei getrenntlebenden bzw. geschiedenen Eltern die Frage, von wem sie in welchem Umfang zu tragen sind.
Mit genau dieser Konstellation hatte sich das Kammergericht in Berlin auseinanderzusetzen. Die Ehegatten lebten getrennt, das minderjährige Kind bei der Mutter. Eine als notwendig festgestellte kieferorthopädische Behandlung wurde durchgeführt. Die Krankenkasse zahlte diese Therapie bis auf einen zu leistenden Eigenanteil von 1.500 EUR. Da die Mutter deutlich weniger als der Vater verdiene, meinte sie, dass sie deshalb diese Kosten auch in deutlich geringerem Umfang als der Vater zu tragen habe. Der Vater jedoch wollte sie hälftig geteilt wissen.
Das Gericht gab der Mutter Recht. Den Privatkostenanteil der Spange erklärten die Richter zum sogenannten Sonderbedarf. Das ist Bedarf, der wegen einer einmaligen Behandlung anfällt – wenngleich auch innerhalb mehrerer Sitzungen -, der überraschend auftritt und dessen Kosten nicht im Vorhinein abschätzbar sind. Ein solcher Sonderbedarf ist zusätzlich zum sonstigen Unterhalt zu zahlen. Zwischen den Eltern, die beide für ihn aufzukommen haben, ist er im Verhältnis der Einkünfte nach vorherigem Abzug eines Selbstbehalts aufzuteilen. Damit hat der Elternteil, der mehr als der andere verdient, auch einen höheren Anteil an dem Sonderbedarf zu tragen – in diesem Fall am Eigenanteil der Behandlungskosten.
Hinweis: Sonderbedarf muss zwar nicht wie der normale Unterhalt im Vorhinein geltend gemacht werden, es gibt aber durchaus eine Jahresfrist: Spätestens ein Jahr, nachdem die Kosten angefallen sind, muss die Erstattung vom anderen Elternteil verlangt werden. Die Zahlung kann danach ansonsten verweigert werden.
Quelle: KG, Beschl. v. 31.01.2017 – 13 UF 125/16
zum Thema: | Familienrecht |