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Schlagwort: Grundsätze

Erbmasse in Deutschland: Iranisches Erbrecht verstößt mit Benachteiligung weiblicher Nachkommen gegen Gleichheitsgrundsatz

Im Grundsatz erkennt das deutsche Recht an, dass ausländische Rechtsordnungen von deutschem Recht abweichende Regelungen beinhalten und diese auch in Rechtsstreitigkeiten vor deutschen Gerichten zu berücksichtigen sind. Eine Ausnahme macht unser Rechtssystem aber dort, wo die ausländische Rechtsvorschrift gegen Grundsätze unserer Verfassung verstoßen. Mit einem solchen Fall beschäftigte sich das Oberlandesgericht München (OLG) im Zusammenhang mit der Einziehung eines Erbscheins.

Der Erblasser war iranischer Staatsangehöriger, der zum Zeitpunkt seines Todes Grundbesitz und Bankkonten in Deutschland besaß. Aufgrund einer spezialgesetzlichen Regelung war für die Erbfolge ausschließlich iranisches Recht anzuwenden, in dem vorgesehen ist, dass männliche Kinder grundsätzlich einen doppelt so hohen Anteil am Nachlass wie weibliche Kinder erhalten. Aufgrund des zunächst erteilten Erbscheins sollte die Tochter daher eine Erbquote von 7/40 erhalten, während die beiden Söhne jeweils eine Erbquote von 14/40 beanspruchen konnten. Der Rest sollte an weitere Erben gehen.

Doch auch wenn der Grundsatz gilt, dass ausländische Rechtsvorschriften und die zugrundeliegenden Vorstellungen Vorrang vor nationalen Regelungen haben, sah das OLG in einem solchen Rechtsgrundsatz einen Verstoß gegen den im Grundgesetz verankerten Gleichheitsgrundsatz, der auch durch keinen sachlichen Grund gerechtfertigt war. Dieser Rückgriff auf das deutsche Recht hat demnach ausnahmsweise Vorrang vor der ausländischen rechtlichen Regelung. Dies führt dann im Ergebnis dazu, dass der zunächst erteilte Erbschein materiell unrichtig war und durch das Nachlassgericht zu Recht eingezogen wurde.

Hinweis: Nach Einziehung des Erbscheins wird das Nachlassgericht einen neuen Erbschein unter Berücksichtigung der Erwägungen des OLG zu erteilen haben.

Quelle: OLG München, Beschl. v. 08.12.2020 – 31 Wx 248/20

zum Thema: Erbrecht

Arbeitszeugnisse: Es besteht kein Anspruch darauf, dass der Arbeitgeber persönlich unterschreibt

Arbeitszeugnisse bieten zahlreiche Anlässe für gerichtliche Auseinandersetzungen. Nun gibt es auch ein Urteil zur Frage, wer ein Zeugnis eigentlich unterschreiben darf bzw. muss.

Im zugrundeliegenden Fall war eine Ärztin mit einer kleinen Praxis vom Arbeitsgericht (AG) verurteilt worden, einer ihrer Arbeitnehmerinnen ein Zwischenzeugnis zu erteilen. Daran hielt sich die Ärztin auch. Unterschreiben ließ sie das Zeugnis allerdings von ihrem Sohn, der in der Praxis als Personalleiter tätig war. Das wollte die Arbeitnehmerin nicht akzeptieren: Die Ärztin sollte das Zeugnis selbst unterschreiben. Sie beantragte deshalb die Festsetzung eines Zwangsgeldes zur Erfüllung des vor dem AG geschlossenen gerichtlichen Vergleichs. Die Ärztin musste das Zeugnis jedoch nicht selbst unterzeichnen, wie das Landesarbeitsgericht entschied.

Arbeitszeugnisse müssen nicht zwingend vom Arbeitgeber unterschrieben werden. Es kann auch der Personalleiter beauftragt werden. Diese Grundsätze gelten auch in kleinen Betrieben.

Hinweis: Arbeitnehmer sollten ihre Zeugnisse zeitnah nach Beendigung eines Arbeitsverhältnisses anfordern. Die Rechtsprechung ist hier manchmal zurückhaltend und schon nach wenigen Monaten kann der Anspruch verwirkt sein.

Quelle: LAG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 23.06.2016 – 1 Ta 68/16
Thema: Arbeitsrecht