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Schlagwort: Koalitionsfreiheit

D’Hondtsches Höchstzahlverfahren: Bundesarbeitsgericht erklärt Praxis zur Sitzverteilung bei Betriebsratswahlen für rechtmäßigDie Verteilung der Betriebsratssitze nach der bisherigen Praxis ist rechtmäßig. Ein guter Beschluss des Bundesarbeitsgerichts

Anlässlich der letzten Betriebsratswahl wurden in einem Betrieb 17 Arbeitnehmer, die für verschiedene Listen kandidiert hatten, in den Betriebsrat gewählt. Die Sitzverteilung wurde nach dem sogenannten „d’Hondtschen Höchstzahlverfahren“ vorgenommen.

Dieses Prinzip besagt, dass bei einer Listenwahl das Geschlecht, das in der Belegschaft in der Minderheit ist (in der Regel Frauen), mindestens entsprechend seinem zahlenmäßigen Verhältnis im Betriebsrat vertreten sein muss. Einige Arbeitnehmer erklärten jedoch die Anfechtung der Wahl und zogen vor das Gericht. Sie waren der Auffassung, dass das vorgenommene d’Hondtsche Höchstzahlverfahren verfassungswidrig sei und sowohl gegen den Grundsatz der Gleichheit der Wahl als auch gegen die Koalitionsfreiheit verstoße würde. Insbesondere bemängelten sie, dass kleine Gruppierungen benachteiligt werden würden.

Die in § 15 Abs. 1 und 2 der Wahlordnung zum Betriebsverfassungsgesetz vorgesehene Verteilung der Betriebsratssitze nach dem d’Hondtschen Höchstzahlverfahren ist jedoch durchaus verfassungsgemäß. Mit keinem der gängigen Sitzungsverteilungsverfahren lässt sich bei einer Verhältniswahl, bei der die Stimmen in Sitze umgerechnet werden, eine vollständige Gleichheit des Werts der Wählerstimmen im Verhältnis zu den Sitzen erzielen.

Hinweis: Die bisherigen Betriebsratswahlen sind also rechtmäßig und für die regelmäßigen Wahlen, die im Jahr 2018 stattfinden werden, gibt es endlich eine Rechtssicherheit.

Quelle: BAG, Beschl. v. 22.11.2017 – 7 ABR 35/16

zum Thema: Arbeitsrecht

Tarifeinheitsgesetz weitgehend rechtmäßig: Die ernsthafte und wirksame Interessenvertretung der Minderheitsgewerkschaft bleibt Pflicht

Gelten in einem Unternehmen gleich mehrere Tarifverträge durch unterschiedliche Arbeitnehmervertretungen, gestaltete sich bislang eine Einigung im Arbeitskampf als schwierig. Das sogenannte Tarifeinheitsgesetz soll hier nun Abhilfe schaffen.

Das Tarifeinheitsgesetz regelt, dass in einem Betrieb, in dem gleich mehrere Tarifverträge gelten, der Tarifvertrag jener Gewerkschaft mit der Mehrheit an Mitgliedern den Tarifvertrag der Minderheitsgewerkschaft verdrängt. Gegen diese relativ neue gesetzliche Regelung klagten gleich mehrere kleinere Gewerkschaften – mit dem Argument, dass die im Grundgesetz (GG) verankerte Koalitionsfreiheit für Gewerkschaften aus Art. 9 Abs. 3 GG unzulässig eingeschränkt werde.

Das sah das Bundesarbeitsgericht jedoch in weiten Teilen anders. Mit dem Grundgesetz unvereinbar ist das Gesetz nur insofern, als dass Vorkehrungen dagegen fehlen, dass die Interessen der Angehörigen einzelner Berufsgruppen oder Branchen bei der Verdrängung bestehender Tarifverträge einseitig vernachlässigt werden. Der Gesetzgeber hat daher hierzu bis zum 31.12.2018 eine Neuregelung zu treffen. Bis dahin darf ein Tarifvertrag der Mehrheitsgewerkschaft im Fall einer Kollision den Tarifvertrag einer Minderheitengewerkschaft nur dann verdrängen, wenn deren Belange im Tarifvertrag ernsthaft und wirksam berücksichtigt werden. Das Tarifeinheitsgesetz ist also weitgehend verfassungsgemäß.

Hinweis: Endlich steht also fest, dass die komplizierten Regelungen des Tarifeinheitsgesetzes überwiegend rechtmäßig sind. Eine Entscheidung, auf die Arbeitgeber, Bahn- und Flugreisende wohl lange gewartet haben. Streiks kleinerer Gewerkschaften dürften künftig unterbleiben.

Quelle: BVerfG, Urt. v. 11.07.2017 – 1 BvR 1571/15 u.a.

zum Thema: Arbeitsrecht

Gewerkschaftsmitgliedschaft: Arbeitgeber dürfen Mitarbeiter nicht durch Prämienzahlungen zum Austritt bewegen

Ein Arbeitgeber darf Gewerkschaften nicht mit allen Mitteln bekämpfen.

Eine Arbeitgeberin führte Mitarbeitergespräche, in denen sie ihre Mitarbeiter fragte, ob diese Mitglieder der Gewerkschaft seien. In einem anschließenden Mitarbeiterbrief bot sie jedem Beschäftigten, der zu einem Austritt bereit war, eine einmalige „Mitarbeitertreueprämie“ von 50 EUR an. Außerdem ließ sie in einem Vorarbeiterbüro Vordrucke für den Austritt aus der Gewerkschaft auslegen. Die Gewerkschaft sah darin einen Verstoß gegen ihre Koalitionsfreiheit aus dem Grundgesetz und beantragte den Erlass einer einstweiligen Verfügung. Das Gericht war derselben Auffassung und stellte sich auf die Seite der Gewerkschaft. Die Arbeitgeberin durfte weder Prämien für einen Gewerkschaftsaustritt versprechen und entsprechende Kündigungsformulare auslegen noch in der vorliegenden Konstellation ihre Beschäftigten nach einer Gewerkschaftsmitgliedschaft befragen.

Hinweis: Arbeitgeber dürfen ihren Beschäftigten also kein Geld für einen Gewerkschaftsaustritt versprechen.

Quelle: ArbG Gelsenkirchen, Beschl. v. 09.03.2016 – 3 Ga 3/16
Thema: Arbeitsrecht