Gemeinschaftliches Testament: Auch eine späte Unterschrift schützt nicht vor der Bindung der Verpflichtungen
Zwischen Eheleuten ist es üblich, das Erbe gemeinsam zu regeln. Trotzdem kann es nach dem Tod eines Partners vorkommen, dass der überlebende Ehegatte über das gemeinsame Vermögen anders verfügen möchte als ursprünglich gemeinsam festgelegt. Daher stellt sich immer wieder die Frage, inwieweit er an die gemeinsame Festlegung gebunden ist.
Ein Mann hatte mit seiner ersten Ehefrau, der Mutter seiner Söhne, ein Testament errichtet. Das Testament war mit „Gemeinschaftliches Testament“ überschrieben und bestimmte, dass die Eheleute sich gegenseitig zu Erben einsetzen, und als Erben des Letztversterbenden schließlich die gemeinsamen Kinder. Die Ehefrau hatte dieses Testament erst sechs Jahre später unterschrieben und den Satz hinzugefügt: „Das vorstehende Testament meines Ehemannes soll auch als mein Testament gelten“. Nach dem Tod der ersten Frau heiratete der Mann erneut und setzte seine zweite Frau zur Alleinerbin ein. Als der Mann starb, stritten sich die Söhne und seine zweite Ehefrau nun logischerweise darum, wer jetzt Erbe geworden war.
Das Gericht ging davon aus, dass das Testament, das der Mann mit seiner ersten Ehefrau errichtet hatte, in der Tat ein gemeinschaftliches Testament war – auch wenn die Ehefrau es erst Jahre später unterschrieben hatte. Daher war der Mann an die darin enthaltenen Verfügungen gebunden und konnte sie nicht widerrufen. Er war somit nicht berechtigt, seine zweite Frau als Alleinerbin einzusetzen.
Hinweis: Üblicherweise wird ein gemeinschaftliches Testament in der Weise errichtet, dass einer der Ehegatten das Testament schreibt und beide Ehegatten es unterschreiben. Wie dieser Fall zeigt, ist jedoch auch ein späterer Beitritt möglich. Vorher sollte man sich überlegen, ob wirklich ein gemeinschaftliches Testament gewollt ist, und die Konsequenzen der Bindungswirkung genau überdenken.
Quelle: OLG München, Beschl. v. 01.12.2011 – 31 Wx 249/10
Thema: Erbrecht