Trotz Vorsorgevollmacht: Sicherungs- und Zwangsmaßnahmen bedürfen gerichtlicher Genehmigung
Ist ein Erwachsener krankheitsbedingt oder wegen einer Behinderung außerstande, sich selbst um seine Angelegenheiten zu kümmern, wird ihm ein Betreuer zur Seite gestellt. Soll kein Fremder die Betreuung übernehmen, ist die Errichtung einer Vorsorgevollmacht für diesen Fall sinnvoll. Durch sie kann er selbst bestimmen, wer in welchem Umfang eine betreuende Funktion ausübt, wenn dies erforderlich wird. Diese Vorsorgevollmachten haben aber ihre Grenzen – zum Beispiel, wenn ärztliche Sicherungs- und Zwangsmaßnahmen ergriffen werden sollen.
Lassen die körperlichen Fähigkeiten nach, kann es notwendig werden, einen Menschen im Rollstuhl festzugurten oder sogar ein Gitter am Bett anzubringen, damit er nicht stürzt und sich verletzt. Dies sind die körperliche Bewegungsfreiheit einschränkende Maßnahmen, die nicht ohne Weiteres ergriffen werden dürfen. Sie müssen genehmigt sein.
Fraglich war bisher, ob mit einer Vorsorgevollmacht auch das Recht auf den Bevollmächtigten übertragen werden kann, solche Entscheidungen zu treffen. Das Bundesverfassungsgericht hat nunmehr entschieden, dass solch einschneidende Maßnahmen nur ergriffen werden dürfen, wenn sie durch ein Gericht genehmigt wurden. Eine Vorsorgevollmacht reicht also nicht aus – selbst wenn darin ausdrücklich auch die Befugnis zu derartigen Entscheidungen zum Ausdruck gebracht wurde. Freiheitsentziehende Maßnahmen, so das Gericht, sind so einschneidend, dass sie stets bezogen auf die konkrete Situation überprüft werden müssen. Die pauschale Möglichkeit, die Entscheidungsgewalt in dieser Hinsicht vorab generell auf einen Dritten zu übertragen, wird deshalb abgelehnt.
Hinweis: Vorsorgevollmachten sind wichtig. Auch wenn sie ihre Grenzen haben, ist es angebracht, sich beraten zu lassen und nicht darauf zu bauen, dass sich alles von alleine regelt.
Quelle: BVerfG, Beschl. v. 10.06.2015 – 2 BvR 1967/12zum
Thema: Familienrecht