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Schlagwort: Kündigungserklärung

Dienste höherer Art: Therapeut muss vorzeitigen Abbruch der Maßnahme anstandslos akzeptieren

Wir schließen jeden Tag eine Vielzahl von Verträgen ab: beim Bäcker, im Supermarkt oder an der Tankstelle. Daneben gibt es natürlich aber auch langfristigere Verträge, und die zeichnen sich meist auch dadurch aus, dass wir sie unter Umständen nach einer gewissen Zeit gerne kündigen möchten. Eine interessante neue Möglichkeit, solche Verträge zu beenden, zeigt der Bundesgerichtshof (BGH) auf.

Ein Mann führte als Therapeut Therapien zur Gewichtsreduktion durch – unter anderem durch eine Ernährungsumstellung verbunden mit einer Beratung sowie einer Spritze aus homöopathischen Mitteln. Eine der Teilnehmerinnen klagte bereits einen Tag nach Behandlungsbeginn über erhebliche Beschwerden und wollte die Therapie deshalb abbrechen. Zehn Tage später reichte sie ein Attest ihres Hausarztes ein, laut dem ihr aus medizinischen Gründen eine wesentliche Gewichtsreduktion durch ein spezielles Diätverfahren nicht angeraten wurde. Sie legte dieses Attest dem Therapeuten mit dem handschriftlichen Vermerk vor: „Bitte um Aufhebung. Attest anbei.“ Der Therapeut war jedoch der Auffassung, eine Vertragskündigung sei nicht ausgesprochen worden und sei rechtlich auch nicht möglich. Er verlangte die Vergütung der gesamten, vertraglich vereinbarten 1.290 EUR für die weiteren 28 Therapietage.

Das erstinstanzliche Amtsgericht verurteilte die Patientin lediglich zur Zahlung von 598 EUR und wies die Klage im Übrigen ab. Und auch vor dem BGH hatte der Therapeut keinen weiteren Erfolg. Es lagen sowohl eine Kündigungserklärung als auch die Voraussetzungen für eine Kündigung nach § 627 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) vor. Daher reichte es aus, dass die Patientin ihren Willen zum Ausdruck gebracht hat, nicht mehr therapiert werden zu wollen. Denn nach § 627 Abs. 1 BGB ist bei einem Dienstverhältnis, das kein Arbeitsverhältnis ist, die Kündigung auch ohne die in § 626 BGB bezeichnete Voraussetzung eines wichtigen Grundes zulässig, wenn der zur Dienstleistung Verpflichtete „Dienste höherer Art“ zu leisten hat. Dienste höherer Art können solche sein, die besondere Fachkenntnis, Kunstfertigkeit oder wissenschaftliche Bildung voraussetzen oder die den persönlichen Lebensbereich betreffen. Genau das traf hier zu. Verträge über eine Therapie zur Gewichtsabnahme können also fristlos kündbar sein.

Hinweis: Die Kündigung war rechtmäßig und der Betreiber konnte keine weitere Vergütung verlangen. Das sollten Anbieter solcher „Dienste höherer Art“ und auch deren Kunden beachten.

Quelle: BGH, Urt. v. 10.11.2016 – III ZR 193/1
Thema: Sonstiges

Wenn einer bleibt: Über Rechte und Pflichten zur ehemals gemeinsamen Wohnung entscheidet der Mietvertrag

Das Mietverhältnis der Familienwohnung ist in vielerlei Hinsicht besonders, wenn es zu Trennung und Scheidung kommt. Es kommt plötzlich auf Dinge an, die in der „guten Zeit“ keiner bedacht hatte. Einer von vielen derartigen Punkten: die Mietkaution.

Die Ehegatten leben in einer gemieteten Wohnung. Es kommt zu Trennung und Scheidung. Einer der Ehegatten bleibt zunächst noch in der Wohnung, während der andere bereits ausgezogen ist. Später zieht dann auch der andere aus. Wer kann nun die Kaution für sich beanspruchen?

Ganz wesentlich ist der Blick in den Mietvertrag: Wer ist dort als Mieter aufgeführt? Das ist bereits wichtig für die Frage, wer dem Vermieter eine Kündigungserklärung abgeben muss. Denn entscheidend ist, wer formal der Mieter ist. Sind beide Ehegatten als Mieter eingetragen, müssen sie auch gemeinsam kündigen – unabhängig davon, was für einen Rosenkrieg sie anlässlich Trennung und Scheidung führen. Ebenso verhält es sich mit dem Kautionsguthaben: Waren beide Ehegatten Mieter, steht es beiden gemeinsam zu. War dagegen nur ein Ehegatte als Mieter eingetragen, kann dieser die Kaution für sich allein verlangen. Nicht maßgeblich ist, wer die Kaution bezahlt hat. Denn die Zahlung wird als Teil des Unterhalts angesehen.

Hinweis: Oft wird nicht beachtet, dass der Gesetzgeber den Mietern ein Recht eingeräumt hat, für die Zeit nach der Scheidung zu bestimmen, wer von ihnen hinsichtlich der gemeinsam gemieteten Wohnung künftig der alleinige Mieter ist. Teilen sie dem Vermieter übereinstimmend mit, welcher Ehegatte die Wohnung übernimmt, muss der Vermieter dies hinnehmen. Somit kann man Streitereien vermeiden, die sonst Jahre später noch auftreten können, wenn der in der Wohnung verbliebene Mieter schließlich auszieht und der Vermieter Ansprüche anmeldet, mit denen der längst ausgezogene Ehegatte eigentlich nichts zu tun hat, für die er aber dem Vermieter gegenüber einzustehen hat.

Quelle: OLG Köln, Beschl. v. 02.05.2016 – II-25 UF 2/16
Thema: Familienrecht