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Schlagwort: Naturalunterhalt

Angemessener Kindesunterhalt: Internatskosten sind nur anrechenbar, wenn andere Schulmaßnahmen nicht erfolgsversprechend sind

Lebt ein minderjähriges Kind nach der Trennung der Eltern bei einem Elternteil, leistet dieser den Naturalunterhalt, während der andere den Barunterhalt zu zahlen hat. Im Regelfall stellt sich nicht die Frage, was mit Schulkosten ist, da der Besuch der staatlichen Schulen kostenfrei erfolgt. Dass dies anders aussieht, wenn ein Kind auf ein Internat geht, beweist der folgende Fall des Oberlandesgerichts Karlsruhe (OLG).

Nach der Trennung lebte die Tochter letztlich beim Vater, dem auch das Sorgerecht für die Bereiche Aufenthaltsbestimmungsrecht und schulische Angelegenheiten zugesprochen wurde. Das Kind leidet unter einer Lese-Rechtschreibschwäche, einer Rechenschwäche und einer kombinierten Störung seiner schulischer Fertigkeiten. Der Vater entschied sich daher, die Tochter in ein Internat zu schicken, und verlangte von der Mutter, dass diese neben dem regulären Unterhalt die Internatskosten zur Hälfte zu tragen habe. Die Mutter weigerte sich, sich an den Internatskosten zu beteiligen – und das OLG gab ihr hierbei Recht.

Zum angemessenen Unterhalt, den die Mutter zahlen muss, kann auch Schuldgeld zu zählen sein, weil zum Unterhalt auch die Kosten einer angemessenen Vorbildung zu einem Beruf gehören. Internatskosten sind vor diesem Hintergrund aber nur dann zu übernehmen, wenn sie als berechtigte Kosten anzuerkennen und angemessen sind. Und dies ist nur dann der Fall, wenn eine kostengünstigere Beschulung in einer staatlichen Schule nicht denselben Erfolg verspricht. Ungeachtet der besonderen Situation im vorliegenden Fall konnte dieser Umstand für die Tochter nicht nachgewiesen werden, weshalb der Vater die Kosten allein zu tragen hat.

Hinweis: Internatskosten sind also nur ganz ausnahmsweise zusätzlich zum Unterhalt zu bezahlen, wenn andere schulische Maßnahmen nicht mehr als erfolgsversprechend anzusehen sind.

Quelle: OLG Karlsruhe, Beschl. v. 16.05.2019 – 20 UF 105/18

Thema: Familienrecht

Berücksichtigung von Sachunterhalt: Eine mietfreie Wohnungsgewährung wird als bereits geleisteter Unterhalt vom Barunterhalt abgezogen

Üblicherweise wird Unterhalt nur in Form von Geld geleistet – durch den sogenannten Barunterhalt. Jedoch gibt es auch die Möglichkeit des Naturalunterhalts. Wie eine solche Sachleistung dann auf den gesamten Unterhalt angerechnet wird, war eine Frage, die das Oberlandesgericht Koblenz (OLG) zu beantworten hatte.

Auch hier fing alles an wie immer, wenn es um Unterhalt geht: Zwei Ehegatten trennten sich. Nicht wie üblich war die Konstellation, wer wem Unterhalt schuldete. Denn hier war es die Frau, die mehr verdiente. Der Mann bezog nämlich nur 1.000 EUR  vom Arbeitsamt und wohnte in einer Wohnung, deren Alleineigentümerin wiederum seine Frau war (Wohnwert 400 EUR). Diese verdiente 2.000 EUR. Das Gericht wurde nun mit der Aufgabe befasst, ob und wie viel die Frau ihrem Mann überhaupt noch an Unterhalt schuldete.

Das OLG ging einen auf den ersten Blick komplizierten, dafür aber gerechten Weg. Basis dafür bildet die Tatsache, dass sich beide Beteiligten darauf geeinigt hatten, dass der Mann in der Wohnung verbleiben dürfe. Diese Wohnung könnte die Frau für 400 EUR vermieten. Und das Gericht behandelte sie dann auch so, als würde sie dies tun. Mit ihren Einkünften und der Mieteinnahme verfügte die Frau nunmehr (hypothetisch) über 2.400 EUR. Und nun muss gerechnet werden: Nach geltenden Halbteilungsgrundsatz zieht das Gericht hier davon die 1.000 EUR des Mannes ab (= 1.400 EUR) und legt die Hälfte (= 700 EUR) als geltenden Unterhalt fest. Aber: Da die 400 EUR Mieteinnahme ja aber nicht real fließen, sondern von der Frau gar nicht erst verlangt worden waren, werden diese 400 EUR schließlich als bereits geleisteter Unterhalt abgezogen. Und wer richtig mitgerechnet hat, weiß: Es verblieben nunmehr noch 300 EUR, die die Frau ihrem Mann an Unterhalt zu zahlen hat. Eigentlich doch recht einfach, oder?

Hinweis: Faktisch sind solche Situationen in der Praxis selten, denn leider zeigen sich Expartner regelmäßig alles andere als generös. Umso wichtiger ist es aber, dann den differenzierten und sauberen Lösungsweg zu kennen. Sonst ergeben sich merkwürdige Ergebnisse. Zu sehen ist auch: Wenn im hier besprochenen Fall die Frau auch die Verbrauchskosten betreffend die Wohnung zahlt, zahlt sie Kosten, die der Mann aus dem Unterhalt zu bestreiten hat. Diese sind dann von dem als Unterhalt geschuldeten Betrag, also hier 300 EUR, in Abzug zu bringen. Zahlt die Frau also zum Beispiel noch den Ölverbrauch mit monatlich 50 EUR, hat sie demnach noch 250 EUR Restunterhalt zu zahlen.

Quelle: OLG Koblenz, Beschl. v. 16.05.2018 – 13 UF 99/18

Thema: Familienrecht

Eintritt in die Volljährigkeit: Das mündige Kind kann die Auszahlung des Kindergeldes von seinen Eltern verlangen

Kindergeld ist eine staatliche Leistung, die für die Kinder gezahlt wird, aber nicht an sie. Bezogen wird es stattdessen von einem der Elternteile. Ist ein Kind volljährig geworden, kann es aber die direkte Auszahlung des Kindergeldes verlangen.

Dies hat das Oberlandesgericht Stuttgart kürzlich so entschieden. Das Kindergeld bezog dabei der Vater. Das volljährige Kind studierte und verlangte von ihm die Weiterleitung, also auch die Auszahlung. Und das mit dem Fall betraute Gericht verpflichtete den Vater auch zur Zahlung.

Minderjährige Kinder, die bei einem Elternteil leben, erhalten von diesem den ihnen zustehenden Unterhalt als sogenannten „Naturalunterhalt“ in Form der Betreuung. Der andere Elternteil muss diesen Unterhalt zahlen und erbringt damit den sogenannten „Barunterhalt“. Diese beiden Unterhaltsarten sind dem Gesetz nach einander gleichgestellt. Hinzu kommt nun noch das staatliche Kindergeld. Dieses erhält zumeist der Elternteil, bei dem das Kind lebt. Da durch dieses Kindergeld sowohl die betreuende als auch die zahlende Unterhaltsleistung unterstützt werden sollen, behält der betreuende Elternteil das komplette Kindergeld; im Gegenzug reduziert sich dafür auch der Unterhalt, den der Barunterhaltspflichtige zu entrichten hat, um die Hälfte dieses Kindergeldbetrags.

Letzten Endes soll das Kindergeld – man ahnt es bei der Bezeichnung fast – dem Kind zugutekommen. Dieses hat mit Eintritt seiner Volljährigkeit den Anspruch, dass ihm das Kindergeld von dem beziehenden Elternteil ausbezahlt wird. Denn ab sofort sind beide Elternteile barunterhaltspflichtig – das heißt, die Möglichkeit des Naturalunterhalts erlischt mit der Tatsache, dass dem nun erwachsenen Kind gegenüber keine Betreuungsleistungen mehr zu erbringen sind.

Ist gerichtlich oder sonst verbindlich geregelt, welcher Unterhalt von den Eltern an das Kind zu zahlen ist, ist dies in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung. Die Auszahlung des Kindergeldes kann also unabhängig davon verlangt werden, in welcher Höhe Kindesunterhalt zu zahlen ist.

Hinweis: Wichtig ist beim Kindesunterhalt, wie lange dieser zu zahlen ist. Wechsel in der Ausbildung sind teilweise hinzunehmen. In diesem Zusammenhang ist auch das Kindergeld von Bedeutung. Die Rechtsprechung neigt zu der Ansicht, dass Unterhalt maximal so lange zu zahlen ist, wie Kindergeld bezogen werden kann.

Quelle: OLG Stuttgart, Beschl. v. 20.01.2017 – 17 UF 193/16

Thema: Familienrecht