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Schlagwort: Obliegenheitsverletzung

Kaputt, repariert und verkauft: Dem Versicherer muss eine Begutachtung zur Regulierung unbedingt ermöglicht werden

Der Halter eines Pkw behauptete, am 18.04. einen Unfall verschuldet zu haben. Am 20.04. beauftragte er eine Werkstatt mit der Reparatur. Am 30.04. teilte er mündlich seiner Vollkaskoversicherung den Schaden mit. Am 18.05. verkaufte er das reparierte Fahrzeug nach Kasachstan. Die von ihm ausgefüllte Schadensanzeige ging bei seiner Kaskoversicherung am 05.06.  ein. Die Versicherung lehnte die Schadensregulierung mit dem Hinweis ab, dass der geschädigte Versicherungsnehmer eine Obliegenheitsverletzung begangen habe.

Nach Auffassung des Kammergerichts (KG) erfolgte die Ablehnung zu Recht. Der Geschädigte habe seiner Versicherung nicht die Möglichkeit gegeben, den behaupteten Schaden durch einen eigenen Sachverständigen überprüfen zu lassen. Hierzu war er allerdings nach den Versicherungsbedingungen verpflichtet. Aus den Versicherungsbedingungen ergab sich, dass der Versicherungsnehmer verpflichtet ist, vor Beginn der Verwertung oder der Reparatur des versicherten Fahrzeugs Weisungen des Versicherers einzuholen. Der Versicherungsnehmer behauptete zwar, keine Kenntnis vom Inhalt der Versicherungsbedingungen gehabt zu haben. Das Gericht ließ dieses Argument allerdings nicht gelten. Es vertritt die Auffassung, dass es zum Allgemeinwissen eines durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmers gehört, dass Versicherungen eigene Feststellungen zum Eintritt des Versicherungsfalls und zum Umfang der Entschädigungsleistung treffen wollen, sobald sie auf eine Entschädigungszahlung in Anspruch genommen werden.

Hinweis: Die Entscheidung des Gerichts macht deutlich, dass die Kenntnis der eigenen Versicherungsbedingungen im Schadensfall vorausgesetzt wird. Ist ein Schaden entstanden und soll die eigene Versicherung diesen regulieren, ist ein Blick in die Allgemeinen Versicherungsbedingungen zwingend erforderlich, um dem Vorwurf einer Obliegenheitsverletzung zu entgehen.

Quelle: KG, Beschl. v. 12.12.2016 – 6 U 122/14
Thema: Verkehrsrecht

Gescheiterte Unfallflucht: Strafrechtliches Vergehen bedingt keine automatische Regresspflicht des Versicherers

Ein Regressanspruch des Versicherers scheitert, wenn eine Obliegenheitsverletzung weder für die Umstände des Versicherungsfalls noch für die eingetretene Leistungspflicht des Versicherers ursächlich war.

Ein Fahrzeugführer parkte auf einem Parkplatz in eine Parkbox ein, wobei er mit der vorderen rechten Ecke seines Fahrzeugs gegen die linke hintere Ecke des rechts neben ihm parkenden Fahrzeugs stieß. Der Fahrer hielt an, stieg aus seinem Fahrzeug aus und begutachtete sowohl sein eigenes als auch das beschädigte Fahrzeug. Danach stieg er wieder ein und fuhr in eine andere Parkbox auf demselben Gelände. Eine Zeugin beobachtete den Unfall und verständigte die Polizei. Die Haftpflichtversicherung des Fahrzeugführers regulierte zwar den Schaden an dem Fremdfahrzeug, nahm den Versicherten aber in Regress.

Nach Auffassung des Amtsgerichts Dortmund (AG) war die Versicherung dazu jedoch nicht berechtigt. Auch wenn der Versicherungsnehmer sich unerlaubt von der Unfallstelle entfernt und gegen seine Aufklärungsobliegenheiten verstoßen hat, scheidet hier ein Regress aus. Denn sein Fehlverhalten war weder für den eigentlichen Versicherungsfall noch für den Umfang der Leistungspflicht des Versicherers ursächlich. Durch die polizeiliche Unfallaufnahme war bekannt, dass der Versicherungsnehmer das Fahrzeug geführt hatte. Die Polizei hatte die Verkehrstüchtigkeit des Fahrers zudem festgestellt, es wurden ferner zahlreiche Fotos von den Unfallschäden gefertigt. Anders hätte auch der Versicherungsnehmer selbst den Schaden an Ort und Stelle nicht sichern und dem Versicherer beschreiben können. Zudem hat der Versicherungsnehmer auch nicht arglistig gehandelt, um seine Versicherung zu täuschen. Die strafrechtliche Verurteilung bzw. eine Einstellung des Strafverfahrens wegen Unfallflucht bedeutet daher nicht ohne weiteres die Annahme einer arglistigen Obliegenheitsverletzung.

Hinweis: Die Entscheidung des AG zeigt deutlich auf, dass ein Regress des Haftpflichtversicherers nur unter ganz engen Voraussetzungen möglich ist.

Quelle: AG Dortmund, Urt. v. 30.01.2015 – 436 C 5546/13

Thema: Verkehrsrecht