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Schlagwort: Rechte und Pflichten

Entlassung des Nacherbentestamentsvollstreckers: Ist der Vermögenswert hinreichend bekannt, ist die Erstellung des Nachlassverzeichnisses Förmelei

Häufig entstehen Streitigkeiten zwischen Erben und eingesetzten Testamentsvollstreckern über deren Rechte und Pflichten zur Umsetzung des letzten Willen des Verstorbenen. Dies trifft auch den Testamentsvollstrecker, der zur Umsetzung einer Vor- und Nacherbschaft eingesetzt wird, den sogenannten Nacherbentestamentsvollstrecker. Vorerben stehen im Grunde nur Nutzungsrechte am Erbe zu, weshalb es den Nacherben gerade darauf ankommt, dass das Erbe in seinem wesentlichen Bestand erhalten bleibt. Mit einem solchen Fall hatte im Folgenden das Oberlandesgericht München (OLG) zu tun.

Die Ehegatten hatten sich wechselseitig zu Erben eingesetzt, wobei der überlebende Ehegatte zum Vorerben, die insgesamt sechs Kinder der Eheleute aus erster und zweiter Ehe zu Nacherben eingesetzt wurden. Ferner setzte das Paar den Sohn des Gatten aus erster Ehe als Nacherbentestamentsvollstrecker ein. Mit einem Nachtrag zum Erbvertrag bestimmten sie zudem, dass eine gemeinsame Tochter nach dem Tod der Eltern eine im gemeinsamen Eigentum stehende Immobilie erwerben könne. Als Ausgleich für den Immobilienerwerb habe diese im Fall der Übernahme den Verkehrswert abzüglich von Verbindlichkeiten an die übrigen Nacherben auszubezahlen. Nachdem der Mann verstorben und die Witwe zur Deckung ihrer Lebenshaltungskosten auf weitere finanzielle Mittel angewiesen war, bat der Testamentsvollstrecker das Nachlassgericht um eine Überprüfung zu einer Veräußerung der Immobilie. Doch die Nacherben waren mit einer solchen Veräußerung nicht nur nicht einverstanden – sie beantragten zudem, den Testamentsvollstrecker wegen Pflichtverletzung aus seinem Amt zu entlassen.

Im Beschwerdeverfahren stritten sich die Beteiligten nun darüber, ob der Nacherbentestamentsvollstrecker dazu verpflichtet war, mit Amtsübernahme von sich aus ein Nachlassverzeichnis zu erstellen. Auch war die Frage, welche Gegenstände hiervon umfasst seien und ob dem Testamentsvollstrecker eine grobe Pflichtverletzung vorzuwerfen sei, wenn er ein solches Verzeichnis nicht von sich aus mit Übernahme des Amts erstellt habe und in einem später erstellten Verzeichnis Erinnerungsstücke und Verbindlichkeiten nicht aufgeführt seien.

Da ein Nacherbentestamentsvollstrecker nicht die gleichen Rechte und Befugnisse wie der allgemeine Testamentsvollstrecker hat, stehen ihm zum Beispiel keine allgemeinen Verwaltungs- oder Verfügungsrechte zu. Er nimmt lediglich die Rechte wahr, die den Nacherben gegenüber den Vorerben auch zustehen. Da den Nacherben gegenüber den Vorerben ein Anspruch auf Erteilung eines Nachlassverzeichnisses zusteht, wird überwiegend vertreten, dass die Aufgabe des Nacherbentestamentsvollstreckers darin besteht, diesen Anspruch gegenüber den Vorerben geltend zu machen. Darin sind grundsätzlich alle im Nachlass befindlichen Gegenstände aufzuführen, unter denen allgemein nur Vermögenswerte und keine Verbindlichkeiten verstanden werden.

Macht ein Nacherbentestamentsvollstrecker die Auskunft nicht von sich aus geltend, liegt nach Ansicht des OLG darin noch keine Pflichtverletzung, die zu einer Entlassung aus seinem Amt führt. Dies muss zumindest dann gelten, wenn den Nacherben der alleinige Vermögenswert in Gestalt der Immobilie bereits bekannt war. In einem solchen Fall wäre die Erstellung eines Nachlassverzeichnisses eine reine Förmelei.

Hinweis: Die Einsetzung eines Nacherbentestamentsvollstreckers kann sinnvoll sein, wenn Grundvermögen vorhanden ist, Nacherben aber im Ausland leben und dementsprechend nicht ohne weiteres die erforderlichen Erklärungen in notariellen Urkunden für das Grundbuchamt abgeben können.

Quelle: OLG München, Beschl. v. 28.01.2020 – 31 Wx 439/17

Thema: Erbrecht

Doppelbezahlung zurückgefordert: Eine Erbschaft umfasst auch durch einen Verwaltungsakt festgesetzte Forderungen

Erben kommen nicht nur in den Genuss des Vermögens des Erblassers, sondern erben auch dessen Verbindlichkeiten. Dass diese nicht nur auf zivilrechtlichen Vereinbarungen (wie etwa Verträgen) beruhen, sondern auch aus dem Verwaltungsrecht und gegenüber Behörden oder juristischen Personen des Öffentlichen Rechts bestehen können, zeigt dieser Fall des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen (OVG).

Eine Frau hatte für ihren kurz vorher verstorbenen Mann von der Postbeamtenkrankenkasse Zuzahlungen zu medizinischen Leistungen, sogenannte Beihilfe, gefordert und bekommen. Nachdem dann Jahre später auch die Frau verstorben war, stellte die Krankenkasse jedoch fest, dass eine Doppelbezahlung erfolgt war. Diesen Betrag forderte sie nun von der Tochter als Erbin zurück.

Das OVG entschied, dass die Krankenkasse sich zu Recht an die Tochter gewandt hatte. Ein Erbe tritt in vollem Umfang in die Rechte und Pflichten des Erblassers ein, und damit auch in ein durch einen Verwaltungsakt begründetes Rechtsverhältnis. Der Erbe übernimmt dabei die Rechte und Pflichten des Erblassers so, wie sie im Zeitpunkt des Todes des Erblassers bestanden haben. Daher ist es rechtmäßig, wenn die Beihilfe für eine ärztliche Behandlung des Vaters nach dessen Tod unmittelbar an seine Ehefrau (und zugleich Erbin) geleistet wird und nach deren Tod wiederum gegenüber ihrer Erbin zurückgenommen wird.

Hinweis: Verwaltungsakte ergehen in allen Bereichen des Öffentlichen Rechts, etwa wenn Gebühren für die Müllabfuhr festgesetzt, Steuerrückzahlungen gefordert werden oder es um die Erstattung von Sozialleistungen geht. Damit der Verwaltungsakt wirksam wird, muss er korrekt bekanntgegeben werden. Bescheide, die noch zu Lebzeiten dem Erblasser zugehen, wirken nach seinem Tod auch gegen dessen Erben. Ist der Erblasser bei Zugang des Bescheids bereits verstorben, ist dieser hingegen unwirksam und muss direkt an die Erben adressiert werden.
 
 

Quelle: OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 17.08.2018 – 1 A 2675/15

Thema: Erbrecht

Springertätigkeit nach Restrukturierung: Auch nach Jahrzehnten darf der Arbeitgeber auf sein vertragliches Direktionsrecht bestehen

Ein Blick in den Arbeitsvertrag erinnert auch lange Zeit nach Unterzeichnung daran, welche Rechte und Pflichten die einzelnen Vertragspartner haben.

Eine Bankangestellte wurde seit 1987 in der Hauptgeschäftsstelle einer Bank als Kundenberaterin eingesetzt. Nach einer Restrukturierungsphase fand sie sich als Springerin in mehreren Filialen wieder. Das empfand sie als Unrecht und klagte gegen die Versetzung. Das sah das Landesarbeitsgericht Köln allerdings anders. Denn im Arbeitsvertrag hatten die Parteien vereinbart, dass bei Vorliegen eines berechtigten betrieblichen Erfordernisses ein Einsatz der Bankmitarbeiterin in verschiedenen Zweigstellen erfolgen dürfe. Und nichts anderes war hier geschehen. Es müssen schon weitere Umstände hinzukommen, damit ein Arbeitnehmer darauf vertrauen darf, nur für eine bestimmte Tätigkeit eingesetzt zu werden.

Hinweis: Die Nichtausübung des Direktionsrechts durch einen Arbeitgeber über einen längeren Zeitraum hat also nicht zur Folge, dass der Arbeitgeber von dem Recht keinen Gebrauch mehr machen darf.

Quelle: LAG Köln, Urt. v. 06.09.2016 – 12 Sa 414/16
Thema: Arbeitsrecht

Erbe oder Vermächtnis: Nicht der Wortlaut, sondern der wahre Wille des Erblassers ist entscheidend

Bei der Errichtung von Testamenten ohne rechtliche Beratung wird häufig nicht klar zwischen einem Vermächtnis und einer Erbeinsetzung unterschieden. Dies führt dann im Erbfall zu Streitigkeiten unter den Bedachten.

Ein Ehepaar hatte ein Testament errichtet, in dem es u.a. hieß: „Unser Sohn Ch. hat sich von unserer Familie losgesagt und soll sein Erbteil nur vom Inventar erhalten.“ und des weiteren: „Für den vorhandenen Schmuck setzen wir als Erbe unsere Enkeltochter P.S. ein.“

Das Gericht wies darauf hin, dass bei der Auslegung einer Verfügung von Todes wegen der wirkliche Wille des Erblassers zu erforschen ist und nicht allein auf den Wortlaut des Testaments abgestellt werden kann. Bei von Laien verfassten Testamenten ist die Bezeichnung als „Erbe“ nicht entscheidend für die Beantwortung der Frage, ob eine Erbeinsetzung oder ein Vermächtnis vorliegt. Wird auf ein Inventar verwiesen, liegt ein Vermächtnis vor, da dies darauf hindeutet, dass die Erblasser nicht wollten, dass der Bedachte die wirtschaftliche Stellung des Erblassers fortsetzen soll, wie es im Fall einer Erbeinsetzung wäre. Werden in einem Testament zudem bestimmte Gegenstände zugewandt, ist auch dann im Zweifel von einem Vermächtnis und nicht von einer Erbeinsetzung auszugehen – selbst wenn der Bedachte als Erbe bezeichnet wird. Sohn und Enkelin waren somit vorliegend beide keine Erben.

Hinweis: Die Unterscheidung zwischen Vermächtnisnehmer und Erbe ist rechtlich von entscheidender Bedeutung. Ein Erbe wird Gesamtrechtsnachfolger des Verstorbenen und tritt damit in alle Rechte und Pflichten ein – also auch in die Schulden und Forderungen. Das Vermächtnis begründet hingegen für den Bedachten nur das Recht, von dem Erben den vermachten Gegenstand zu fordern. Der Vermächtnisnehmer wird also selbst nicht Erbe. Werden in einem selbstverfassten Testament nur einzelne Gegenstände einer Person zugedacht, wird dies unabhängig von der Formulierung als Vermächtnis ausgelegt werden. Daher sollte man sich vorab gut überlegen, welche Konsequenzen wirklich gewünscht sind, und gegebenenfalls rechtlichen Rat einholen.

Quelle: OLG Karlsruhe, Beschl. v. 27.05.2015 – 11 Wx 123/14

Thema: Erbrecht