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Schlagwort: Unterhaltsbestimmung

Überobligatorische Einkünfte: Nicht immer sind Nebentätigkeiten beim Unterhalt zu berücksichtigen

Bei Unterhaltszahlungen ist im Allgemeinen das gesamte Einkommen beider Ehegatten bei der Berechnung einzubeziehen. Ob auch Nebeneinkünfte darunterfallen und was bei ihnen besonders zu beachten ist, beantwortete im Folgenden das Oberlandesgericht Brandenburg (OLG).

Bei Trennung war der Mann – wie auch in der gesamten Ehezeit – vollschichtig erwerbstätig. Die Frau hingegen arbeitete nicht, womit ihr entsprechend ein Trennungsunterhalt zustand. Dieser wurde im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens festgelegt. Als der Mann dann weitere Einkünfte bezog, indem er neben seiner vollschichtigen Beschäftigung eine selbständige Tätigkeit aufnahm, machte die Frau geltend, sie sei an diesen Einkünften über eine Erhöhung des zu zahlenden Trennungsunterhalts zu beteiligen. Das lehnte nicht nur der Mann ab, sondern auch das Gericht.

Das Entscheidende für das OLG war hierbei, dass die zusätzlichen weiteren Einkünfte neben einer vollschichtigen Tätigkeit aus selbständiger Tätigkeit erzielt wurden. Der Mann war also keinesfalls verpflichtet, diese Einkünfte zu erzielen, und konnte es auch jederzeit wieder lassen. Weil dies so war, nahm das Gericht eine Billigkeitsprüfung vor. Diese kam zu dem Ergebnis, die zusätzlichen Einkünfte unberücksichtigt zu lassen, weil sie erst nach der Trennung erzielt wurden und damit die gemeinsame Zeit der Ehegatten nie geprägt hatten. Hätte der Mann schon früher über Zusatzeinkünfte verfügt, wäre die Entscheidung womöglich anders ausgefallen.

Hinweis: Überobligatorische Einkünfte werden zwar in den meisten Fällen bei der Unterhaltsbestimmung berücksichtigt, aber nicht in vollem Umfang. Da dieses Einkommen erzielt wird – und die ehelichen Verhältnisse prägte -, ist es im Normalfall zwar in die Berechnung einzubeziehen, dies aber nur zur Hälfte.

Quelle: OLG Brandenburg, Beschl. v. 11.02.2020 – 13 UF 71/15

Thema: Familienrecht

Elternunterhalt: Einfluss der Erziehung des eigenen Kindes auf zu zahlenden Elternunterhalt

Die Bestimmung des an die eigenen Eltern zu zahlenden Unterhalts erfolgt nach besonderen Regeln. Wenn Kinder für ihre unterhaltsbedürftigen Eltern Unterhalt zu zahlen haben, sind die eigenen Kinder – also die Enkel der Unterhaltsbedürftigen – im Regelfall erwachsen und nicht mehr auf Unterhalt angewiesen. Was aber, wenn man doch gleichzeitig für ein Kind und die Eltern zu sorgen hat?

Dazu hat der Bundesgerichtshof (BGH) nun eine Entscheidung getroffen. Eine Tochter wurde auf Unterhalt für ihren Vater in Anspruch genommen, als dieser im Pflegeheim war. Die Frau selbst war alleinerziehende Mutter eines zwölfjährigen Sohns und vollschichtig erwerbstätig. Sie machte daher geltend, dass es zu ihren Gunsten zu berücksichtigen sei, dass sie sowohl arbeite als auch einen nicht unerheblichen Zeitaufwand in die Betreuung des Sohns investiere.

Der BGH hat in dieser Frage nun folgenden Weg eingeschlagen, um zu einer ausgewogenen Lösung zu finden: Zuerst ist zu ermitteln, was der Kindesvater und die Kindesmutter zusammengerechnet verdienen. Aus diesem addierten Einkommen ist anhand der Düsseldorfer Tabelle der Kindesunterhalt zu bestimmen, von dem dann noch die Hälfte des staatlichen Kindergeldes abzuziehen ist. Diese Summe ist dann dem Betrag gegenüberzustellen, den der Kindesvater allein auf der Basis seiner Einkünfte (ebenso unter Abzug des halben Kindergeldes) zu zahlen hat. Die Differenz zwischen dem gemeinsamen Betrag und dem, den der Vater allein bestreitet, kann die Mutter dann von ihrem Einkommen abziehen, bevor der Elternunterhalt bestimmt wird. Dass die Kindesmutter ihr Kind betreut, ist dagegen bei der Unterhaltsbestimmung nicht zu berücksichtigen. Die tatsächliche Betreuung wird nämlich nicht monetarisiert – kann also nicht in Geld umgewandelt und in diesem Fall somit auch nicht an- bzw. bei der Ermittlung des Elternunterhalts abgerechnet werden.

Hinweis: Ergänzend weist das Gericht darauf hin, dass jemand, der ein Kind betreut und vollschichtig arbeitet, ggf. „überobligatorisch“ arbeitet. Im Einzelfall könnte ihm also nicht abverlangt werden, was er tatsächlich leistet. Das einzuordnen und entsprechend vorzubringen, bedarf allerdings vertiefter Kenntnisse im Unterhaltsrecht. Auch unter diesem Aspekt ist Elternunterhalt deshalb ein Bereich, in dem anwaltlicher Rat angebracht ist.

Quelle: BGH, Beschl. v. 15.02.2017 – XII ZB 201/16
Thema: Familienrecht

Kaufkraftunterschied: Wohnsitz im Ausland beeinflusst die Unterhaltsberechnung

Leben die Beteiligten eines Verfahrens zur Unterhaltsfeststellung in Deutschland, macht es keinen Unterschied, welcher Nationalität sie angehören. Besonderheiten gelten dagegen, wenn einer der Beteiligten seinen Wohnsitz im Ausland hat.

Ist in diesen Fällen, in denen eine der Parteien ihren Wohnsitz im Ausland hat, der Unterhalt in Deutschland nach deutschem Recht zu bestimmen, gilt eine Besonderheit: Die unterschiedliche Kaufkraft des für die Unterhaltsbestimmung maßgeblichen Einkommens bzw. Vermögens nimmt Einfluss auf die Höhe des zu zahlenden Unterhalts. Das bedeutet, dass der Unterhalt zunächst nach den Regelungen und Prinzipien bestimmt wird, als würden alle Beteiligten in Deutschland leben. Danach ist jedoch auch der Kaufkraftunterschied zu berücksichtigen.

Lebt zum Beispiel der Unterhaltspflichtige in einem Land, in dem die Lebenshaltungskosten höher sind als in dem Land, in dem der Unterhaltsberechtigte lebt, ist dies bei der Unterhaltsbestimmung zu beachten. Dem Unterhaltspflichtigen muss dann mehr verbleiben, als würde er dasselbe Einkommen in Deutschland erzielen und dort leben.

Hinweis: Es sollte dem Fachmann überlassen bleiben, die Einzelheiten zur Berücksichtigung des Kaufkraftunterschieds zu klären. Dieser ist anhand der Daten des Statistischen Amts der Europäischen Union (Eurostat) zu ermitteln.

Quelle: OLG Karlsruhe, Beschl. v. 27.08.2015 – 2 UF 69/15
Thema: Familienrecht