Notrettung beim Arbeitsweg: Ausweichmanöver eines Motorradfahrers zählt als Arbeitsunfall
Stürzt ein Motorradfahrer bei dem Versuch, einem Radfahrer auszuweichen, und verletzt sich dabei, kann durch eine Nothilfe ein Arbeitsunfall vorliegen.
Ein Motorradfahrer musste einem Radfahrer ausweichen, um eine Kollision zu verhindern. Hierbei stürzte und verletzte er sich. Da er sich auf dem Weg zur Arbeit befand, wollte er den Unfall als Arbeitsunfall festgestellt wissen.
Das Sozialgericht Dortmund ging auch tatsächlich von einem Arbeitsunfall aus. Dadurch, dass der Motorradfahrer dem Radfahrer ausgewichen war, wurde der Radfahrer vor erheblichen Verletzungen geschützt bzw. ihm möglicherweise sogar das Leben gerettet. Auch eine ohne intensive Überlegung verrichtete Rettungstat unterfällt dem Versicherungsschutz eines Arbeitsunfalls. Eine Gefahrensituation kennzeichnet sich dadurch, dass sie überraschend auftritt und einer Rettungsentscheidung keine langen Überlegungen ermöglicht. Selbst ein reflexartiges Ausweichmanöver im Straßenverkehr unterliegt dem Versicherungsschutz eines Arbeitsunfalls, wenn die konkrete Gefahrenlage bei natürlicher Betrachtungsweise objektiv geeignet ist, eine Rettungshandlung auszulösen.
Ohne Bedeutung ist es, dass der Motorradfahrer nicht nur die Gesundheit bzw. das Leben des Radfahrers schützen wollte, sondern auch seine eigene. Es reicht für die Annahme eines Arbeitsunfalls aus, dass die Gefährdungslage auf beiden Seiten gleich gelagert war.
Hinweis: Bei Verkehrsunfällen mit Radfahrern oder Fußgängern kann es für den Geschädigten, der sich beim Versuch der Kollisionsvermeidung verletzt, wesentlich sein, dass er die soziale Absicherung eines Arbeitsunfalls hat. Für den Geschädigten hat dies den Vorteil, dass bei Anerkennung eines Arbeitsunfalls Abzüge wegen einer Mitverursachung nicht vorgenommen werden können. Die Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung können im Einzelfall zudem auch über das hinausgehen, was ansonsten im Rahmen eines Haftpflichtfalls geschuldet wird.
Quelle: SG Dortmund, Urt. v. 02.11.2016 – S 17 U 955/14
Thema: Verkehrsrecht