Insolvenzverfahren: Bereits geleistete Gehaltszahlungen können zurückverlangt werden
Meldet ein Arbeitgeber im Anschluss an die vollständige Gehaltszahlung Insolvenz an, ist Vorsicht geboten, denn der Insolvenzverwalter kann Gehaltszahlungen teilweise zurückfordern.
In dem Fall ging es um einen Insolvenzverwalter, der das Vermögen des Arbeitgebers verwaltete. Während des gesamten Arbeitsverhältnisses erhielt einer der Arbeitnehmer seinen Lohn über ein Bankkonto, das der Sohn des insolventen Arbeitgebers eröffnet hatte. Der Arbeitgeber hatte ferner seinen gesamten geschäftlichen Zahlungsverkehr über dieses Konto abgewickelt. Als das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, erklärte der Insolvenzverwalter die Anfechtung der letzten Gehaltszahlungen. Das ist nach der Insolvenzordnung grundsätzlich möglich, wenn eine Zahlung bis zum dritten Monat vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist, der Schuldner zu diesem Zeitpunkt bereits zahlungsunfähig war und der Arbeitnehmer somit keinen Anspruch auf die Leistung hatte. Schließlich klagte der Insolvenzverwalter das Geld ein, da das Geld vom Konto des Sohnes gezahlt worden war und somit kein Zahlungsanspruch bestanden habe.
Das machte das Bundesarbeitsgericht allerdings nicht mit. Die angefochtenen Entgeltzahlungen waren in Ordnung und erfolgten durch den Arbeitgeber in der bislang für das Arbeitsverhältnis üblichen Weise. Ein Dritter war an den Zahlungen nicht beteiligt, obwohl das Konto des Sohnes verwendet worden war.
Hinweis: Bei Zahlungen in den letzten Monaten vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens besteht stets die Gefahr, dass sie vom Insolvenzverwalter angefochten werden. Damit soll vermieden werden, dass der Insolvente Geld beiseiteschafft oder bestimmte Gläubiger bevorzugt. Das war hier allerdings nicht der Fall, da es sich um die übliche Verfahrensweise der Gehaltszahlungen an den Beklagten handelte.
Quelle: BAG, Urt. v. 22.10.2015 – 6 AZR 538/14
Thema: Arbeitsrecht