Mehr als den Restwert: Mühelos erzielter Erlös darf vom gegnerischen Versicherer angerechnet werden
Wurde nach einem Totalschaden beim Restwert ein Erlös erzielt, der den vom Sachverständigen ermittelten Betrag übersteigt, ist die tatsächlich erzielte Summe bei der Abrechnung anzusetzen – sofern der Geschädigte diese ohne besondere Anstrengungen erzielt hat.
Nach einem unverschuldeten Unfall ließ der Geschädigte ein Gutachten zur Schadenshöhe erstellen. Der Sachverständige ermittelte den Wiederbeschaffungswert mit 16.900 EUR und den Restwert mit 4.900 EUR am örtlichen Markt. Der Geschädigte suchte das höchstbietende Autohaus auf und fragte, ob man am Restwert noch etwas machen könne. Das Autohaus zahlte daraufhin 5.900 EUR für den Restwert. Die gegnerische Haftpflichtversicherung erhielt davon Kenntnis und berücksichtigte bei der Schadensregulierung den tatsächlich erzielten Restwert. Der Geschädigte war hiermit nicht einverstanden, da er meinte, dass der höhere Restwert nur durch sein Verhandlungsgeschick erzielt worden sei.
Das mit der Sache befasste Amtsgericht Neumarkt entschied, dass die Abrechnung der Versicherung zutreffend war und der tatsächlich erzielte Restwert zu berücksichtigen ist. Der Geschädigte darf bei seiner Schadensabrechnung im Grundsatz den Restwert zugrunde legen, den der von ihm eingeschaltete Sachverständige am regionalen Markt ermittelt. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Geschädigte ohne besondere Anstrengungen einen höheren Erlös erzielt. Dann ist der höhere, tatsächlich erzielte Restwert zu berücksichtigen. Das Gericht konnte hier trotz „Verhandlungsgeschicks“ des Geschädigten keinerlei besondere Anstrengungen erkennen, die es rechtfertigen würden, hier lediglich den vom Sachverständigen ermittelten Restwert bei der Schadensabrechnung zugrunde zu legen.
Hinweis: Die Entscheidung des Amtsgerichts entspricht der obergerichtlichen Rechtsprechung. Grundsätzlich ist der tatsächlich erzielte Verkaufserlös maßgebend, soweit er nicht auf übermäßige Anstrengungen des Geschädigten bei der Verwertung des Restwerts zurückzuführen ist.
Quelle: AG Neumarkt, Urt. v. 11.06.2015 – 1 C 112/15
Thema: Verkehrsrecht