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Vorfahrtsberechtigter Radfahrer: Unterlassene Beleuchtung führt auch bei Unfällen ohne Kollision zur Mithaftung

Das Fahren auf der Straße bei Dunkelheit mit einem unbeleuchteten Fahrrad führt zu einer Mithaftung von 30 %, auch wenn es zu keiner Kollision mit dem Unfallgegner kommt.

Ein Radler war vom Bürgersteig kommend zwischen zwei parkenden Fahrzeugen auf die Straße gefahren. Aus der Richtung, in die er fahren wollte, kam ein anderer Fahrradfahrer, der unbeleuchtet bei Dunkelheit auf der Straße fuhr. Zu einer Kollision kam es nun zwar nicht. Doch da der vom Bürgersteig kommende Radfahrer auf den anderen durch eine starke Bremsung reagierte und daraufhin stürzte, verletzte sich dieser erheblich.

Das Oberlandesgericht Hamburg hat eine Mithaftung des Radfahrers, der unbeleuchtet auf der Straße fuhr, in Höhe von 30 % angenommen. Für diesen bestand gemäß der Straßenverkehrsordnung eine Beleuchtungspflicht. Auch wenn es nicht zu einer Berührung der beiden Fahrradfahrer gekommen ist, trifft ihn eine Mitverantwortlichkeit, da sich der Sturz des anderen Radfahrers in einem nahen örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit seinem Auftauchen aus der Dunkelheit ereignete. Trotz intakter Straßenbeleuchtung bei ordnungsgemäßer Beleuchtung des Fahrrads hätte dieses von dem Geschädigten früher wahrgenommen werden können. Auch wenn denjenigen ein überwiegendes Verschulden trifft, der zwischen zwei parkenden Fahrzeugen auf die Fahrbahn fährt, bleibt wegen der fehlenden Beleuchtung eine Mithaftung des anderen Radlers gegeben.

Hinweis: Es ist allgemein anerkannt, dass bei Beleuchtungsverstößen der Beweis des ersten Anscheins für eine Unfallursächlichkeit besteht. Dies gilt auch für Fahrradfahrer. Zu den typischen Folgen der Nichtbenutzung der Beleuchtungseinrichtung gehört es nun einmal, dass diese Verkehrsteilnehmer zu spät gesehen werden und sich andere wegen des für sie plötzlichen Auftauchens zu ruckartigen Ausweichbewegungen gezwungen sehen.

Quelle: OLG Hamburg, Beschl. v. 26.07.2017 – 14 U 208/16

Thema: Verkehrsrecht

Rechtmäßige Datenerhebung: Der Verdacht auf schwerwiegende Pflichtverletzung gestattet Observation von Arbeitnehmern

Das Bundesarbeitsgericht hatte über einen Fall zu entscheiden, in dem ein Arbeitgeber seinen Arbeitnehmer durch einen Detektiv hat überwachen lassen.

Nachdem ein Arbeitnehmer längerfristig erkrankt war, erfuhr dessen Arbeitgeber von einer Kundin, dass die Söhne des Arbeitnehmers eine Konkurrenzfirma gegründet hätten und der Arbeitnehmer dort arbeiten würde. Darauf angesprochen äußerte sich der Arbeitnehmer dazu nicht. Der Arbeitgeber beauftragte folglich einen Detektiv, um dem Verdacht nachzugehen. Als sich dieser bestätigte, kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis fristlos, wogegen der Arbeitnehmer klagte.

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) verwies die Angelegenheit an das Landesarbeitsgericht zurück. Das war nämlich der Meinung gewesen, sich mit den Erkenntnissen des Detektivs gar nicht mehr befassen zu müssen, da der Detektiveinsatz gegen das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) verstoßen hätte. Und genau das sah das BAG anders. Das BDSG regelt, in welchem Umfang Eingriffe zulässig sind. Bei der Observation eines Arbeitnehmers durch einen Detektiv handelt es sich um eine Datenerhebung. Die Maßnahme ist nach § 32 Abs. 1 Satz 1 BDSG zulässig, da die Datenerhebung zur Aufklärung des konkreten Verdachts einer schweren Pflichtverletzung erfolgte und damit die Daten für die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses erhoben wurden. Voraussetzung ist jedoch stets, dass ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers sowie ein konkreter Verdacht vorliegen.

Hinweis: Die Überwachung eines Arbeitnehmers durch einen Detektiv zur Aufdeckung einer schwerwiegenden Pflichtverletzung kann demnach zulässig sein. Es kommt, wie so häufig im Arbeitsrecht, immer auf den Einzelfall an.

Quelle: BAG, Urt. v. 29.06.2017 – 2 AZR 597/16

Thema: Arbeitsrecht

Weg mit dem Kram? Nicht abgeholte Gegenstände des Exgatten eigenmächtig einzulagern, kann teuer werden

Trennen sich Ehegatten, trennen sich nicht nur die Personen. Sie haben auch den Haushalt auseinanderzudividieren. Was ist zu beachten, wenn sich die Beteiligten zwar noch einig werden, wer was bekommen bzw. behalten soll, der aus der Ehewohnung Ausgezogene aber seinen Teil schlicht und ergreifend nicht abholt?

Dieser Frage ging das Berliner Kammergericht nach. Der Fall: Die Ehegatten trennten sich, die Frau verließ die Ehewohnung, nahm beim Auszug aber nicht alle ihre Sachen mit. Einer schriftlichen Aufforderung, dies endlich zu bewerkstelligen, kam sie nicht nach. Der Mann ließ die Sachen der Frau daraufhin einlagern. Damit verbundenen Kosten von rund 1.800 EUR für eine Einlagerung über 1 1/4 Jahre wollte der Mann von seiner Frau erstattet bekommen.

Das Gericht hat den Anspruch versagt. Der Mann hätte die Frau unmittelbar gerichtlich in Anspruch nehmen können, dass sie ihre Gegenstände aus der Wohnung räumt. Denn es gibt ein sogenanntes Wohlverhaltensgebot bezüglich der Ehewohnung in der Trennungszeit, nach dem alles zu unterlassen ist, das die Ausübung des Nutzungsrechts des Wohnungsinhabers erschwert. Wenn unter Bezugnahme auf dieses Wohlverhaltensgebot die Räumung der Wohnung von Gegenständen verlangt wird, kommt es zu einer Prüfung des Einzelfalls. Es ist jedoch nicht zulässig, eigenmächtig „Nägel mit Köpfen zu machen“, d.h. selber zu verfügen und danach die damit verbundenen Kosten erstattet zu verlangen.

Hinweis: Das Problem bei Trennung zurückgelassener Gegenstände tritt in der Praxis häufig auf. Verständlich ist, dass ein Ehegatte, der mit der Trennung vielleicht zunächst in eine kleine und günstige Wohnung zieht, zunächst ganz einfach nicht den Platz hat, um seine Sachen alle zu sich zu nehmen. Wenn sich diese Situation dann aber hinzieht, kommt auch Verständnis für den anderen Ehegatten auf, der den „Ballast“ auch irgendwann einmal los sein möchte. Selbstbewusst eigenmächtig zu handeln kann – die Entscheidung zeigt es – jedoch Probleme nach sich ziehen. 

Quelle: KG, Beschl. v. 07.03.2017 – 18 UF 118/16

Thema: Familienrecht

Zu schwungvoll gedreht: Selbsternannter Tanzkönig haftet nicht für Folgen eines freiwillig ausgeführten Paartanzes

Verletzungen beim Sport durch den Partner sind ärgerlich und werden meistens von niemandem ersetzt, selbst wenn die Tätigkeit, die zum Schaden führte, auf den ersten Blick eigentlich nicht als Sportunfall anzusehen ist.

Eine Frau wurde auf einer Feier von einem Bekannten zu einem gemeinsamen Paartanz aufgefordert. Der Mann bezeichnet sich selbst sogar als Tanzkönig. Die Frau teilte ihm mit, dass sie nicht tanzen könne, begab sich aber trotzdem mit ihm auf die Tanzfläche. Bei einer schwungvollen Drehung wurde sie dann von ihrem Tanzpartner losgelassen, stürzte und zog sich erhebliche Verletzungen zu. Schließlich klagte sie gegen ihren Tanzpartner und wollte Schadensersatz erhalten – den sie allerdings nicht bekam.

Die Gefahr eines Sturzes beim Tanzen besteht grundsätzlich und ist allgemein bekannt. Auch war die Gefahr für die Frau erkennbar, so dass die Folgen des Unfalls ihrem Tanzpartner nicht zuzurechnen waren. Es lag eine Selbstgefährdung vor. Die Frau hätte durch eine klar formulierte Absage oder ein Verlassen der Tanzfläche den Tanz verhindern können.

Hinweis: Es gibt also keine Haftung des Tanzpartners für Unfallfolgen. Und das dürfte nicht nur für den Tanzsport, sondern für andere Sportarten ebenfalls gelten.

Quelle: OLG Frankfurt a.M., Urt. v. 02.08.2017 – 13 U 222/16

Thema: Sonstiges

Elterliche Rücksichtnahmepflicht: Nachbarn müssen nicht jeglichen Kinderlärm hinnehmen

Nach diesem durchaus überraschenden Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) müssen Mieter nicht jeglichen Kinderlärm aus der Nachbarwohnung hinnehmen.

Es ging um Lärmbeschwerden im Mietshaus. Seit dem Einzug der Obermieter kam fast täglich massiver Lärm durch heftiges Stampfen, Springen, Poltern sowie durch Schreie und sonstige lautstarke familiäre Auseinandersetzungen aus der Wohnung. Diese Lärmstörungen wurden nicht nur durch die Kinder, sondern auch durch die Eltern selbst verursacht und dauerten meistens ein bis vier Stunden an. Selbst Ohrstöpsel halfen nicht. Deshalb klagten die Mieter aus der unteren Wohnung gegen ihren Vermieter auf die Feststellung eines Mietminderungsrechts von 50 %, die Rückzahlung der unter Vorbehalt gezahlten Miete von knapp 9.000 EUR sowie die Beseitigung der Lärmstörung.

Das Landgericht (LG) hatte die Klage abgewiesen, doch der BGH sah die Angelegenheit anders. Denn das LG hatte die wesentlichen Punkte des Vorbringens zu Art, Intensität, Häufigkeit und Dauer der Lärmstörungen nicht berücksichtigt. Mieter müssen im Hinblick auf die Rücksichtnahmepflicht nicht jeglichen Kinderlärm hinnehmen. Es gibt Grenzen, wann das normale Maß überschritten ist. Diese sind im Einzelfall nach Art, Dauer, Intensität und Häufigkeit sowie nach Alter und Gesundheitszustand des Kindes zu ermitteln. Auch bedarf es keiner Vorlage eines Lärmprotokolls, wenn sich Art, Dauer, Zeit und Häufigkeit aus der Beschreibung der Betroffenen konkret ermitteln lassen.

Hinweis: Mitmieter müssen demnach nicht jeglichen Kinderlärm hinnehmen. Bei wiederkehrenden Lärmstörungen bedarf es nicht der Vorlage eines sogenannten detaillierten Lärmprotokolls. Empfehlenswert ist das jedoch allemal.

Quelle: BGH, Urt. v. 22.08.2017 – VIII ZR 226/16

Thema: Mietrecht

Erbvertrag ohne Rücktrittsrecht: Nur nachweisbare schwere Verfehlungen entbinden von getroffenen Vereinbarungen

Erbverträge werden häufig in Erwartung einer bestimmten Gegenleistung geschlossen. Wird diese Erwartung nicht erfüllt, stellt sich – wie bei gemeinschaftlichen Testamenten auch – immer wieder die Frage, wie man die bindend getroffene Vereinbarung rückgängig machen kann.

Ein Ehepaar hatte einen notariellen Erbvertrag geschlossen, in dem sich die Ehepartner gegenseitig zu Alleinerben einsetzten. Nach über 50 Jahren erklärte der Erblasser den Rücktritt von diesem Vertrag und setzte in einem privatschriftlichen Testament die gemeinsamen Kinder zu seinen Erben ein. Kurz darauf verstarb er. Nun stritten Ehefrau und Kinder um das Erbe.

Das Gericht entschied, dass der Ehemann nicht wirksam von dem Erbvertrag zurückgetreten war. Ein Rücktritt vom Erbvertrag wegen Verfehlungen des Vertragspartners ist nur wirksam, wenn entsprechende Verfehlungen nachgewiesen werden, die auch die Entziehung des Pflichtteils rechtfertigen würden. Die Söhne führten zwar an, dass die Ehefrau über Jahre hinweg größere Geldbeträge von dem Konto des Ehemannes für sich verwandt hatte. Jedoch konnten sie nicht nachweisen, dass dies eine Straftat darstellte und nicht auf Vereinbarungen zwischen den Ehepartnern beruhte.

Hinweis: Es empfiehlt sich, im Erbvertrag ausdrücklich ein Rücktrittsrecht zu vereinbaren – etwa für den Fall, dass bestimmte Verpflichtungen, wie zum Beispiel die Pflege des Vertragspartners, nicht eingehalten werden. Wurde kein vertragliches Rücktrittsrecht vereinbart, besteht ein gesetzliches Rücktrittsrecht nur in den engen Grenzen, die auch für die Entziehung des Pflichtteils gelten – also vorsätzliche körperliche Misshandlung, Verbrechen oder sonstige schwere Verfehlungen des Vertragspartners.

Quelle: OLG Köln, Beschl. v. 03.07.2017 – 2 Wx 147/17

Thema: Erbrecht

Fiktive Schadensabrechnung: Der Hinweis auf eine gleichwertige, aber günstigere Werkstatt muss akzeptiert werden

Bei der sogenannten fiktiven Schadensabrechnung ist ein Verweis auf eine günstigere Referenzwerkstatt auch dann möglich, wenn im Gutachten des Geschädigten die Reparaturkosten auf der Basis mittlerer ortsüblicher Stundenverrechnungssätze kalkuliert wurden.

Nach einem unverschuldeten Unfall brachte der Geschädigte sein Fahrzeug zu einem Kfz-Sachverständigen, um die erforderlichen Reparaturkosten schätzen zu lassen. Bei der Erstellung des Gutachtens kalkulierte der Sachverständige die Reparaturkosten auf Basis mittlerer ortsüblicher Stundenverrechnungssätze. Der Geschädigte verlangte daraufhin die Erstattung der Reparaturkosten auf Basis dieses Gutachtens. Die gegnerische Haftpflichtversicherung verwies den Mann allerdings auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit in einer nahe gelegenen Werkstatt.

Nach Auffassung des Amtsgerichts Würzburg (AG) war der Verweis auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit nicht zu beanstanden. Auch wenn der Geschädigte nicht zur Marktforschung verpflichtet ist, muss er sich im Rahmen fiktiver Abrechnung doch mit einem  Hinweis auf eine günstigere, gleichwertige Reparaturwerkstatt auseinandersetzen – und sich bei Gleichwertigkeit mit dem niedrigeren Betrag zufrieden geben. Das Gericht hatte durch einen Sachverständigen klären lassen, ob die von der gegnerischen Versicherung genannte Referenzwerkstatt die Leistungen gleichwertig und entsprechend den Vorgaben im Gutachten hätte durchführen können. Und genau dies wurde bestätigt.

Hinweis: Es ist immer wieder zu beobachten, dass Sachverständige bei der Kalkulation der Reparaturkosten nicht die Stundenverrechnungssätze einer Markenwerkstatt, sondern mittlere ortsübliche Stundenverrechnungssätze zugrunde legen. Das Oberlandesgericht München hatte in einem Fall aus dem Jahr 2013 noch entschieden, dass dort ein Verweis auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit nicht akzeptiert werden musste. Die Entscheidung des AG liegt allerdings auf der Linie des Bundesgerichtshofs. Kann die Schädigerseite die zumutbare Möglichkeit der Inanspruchnahme einer preiswerteren Werkstatt ausreichend darlegen und notfalls beweisen, ist auf Grundlage der preiswerteren Reparaturmöglichkeit abzurechnen.

Quelle: AG Würzburg, Urt. v. 10.04.2017 – 30 C 1735/16

Thema: Verkehrsrecht

Kündigung von Low Performern: Arbeitgeber muss unterdurchschnittliche Leistungserbringung protokollieren und darlegen

Arbeitnehmer, die nicht die gewünschte Arbeitsleistung erbringen, werden „Low Performer“ genannt – kein schöner Ausdruck und dennoch leider Realität.

Ein Arbeitnehmer hatte bereits wegen schlechter Arbeitsleistungen in der Kfz-Werkstatt drei Abmahnungen erhalten. Nun warf der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer vor, bei einem Kfz-Werkstatttest nur vier von sechs Fehlern erkannt sowie bei einem Auftrag anstehende Servicearbeiten nicht durchgeführt zu haben. Dies schade dem Ruf des Autohauses. Deshalb sprach der Arbeitgeber eine Kündigung wegen schlechter Arbeitsleistungen aus. Dagegen klagte der Arbeitnehmer – und das Arbeitsgericht gab der Kündigungsschutzklage des Arbeitnehmers statt. Der Arbeitgeber hatte weder die Leistungen des Arbeitnehmers über einen repräsentativen Zeitraum noch die Fehlerquote vergleichbarer Arbeitnehmer dargelegt. So konnte das Gericht nicht erkennen, ob der Arbeitnehmer seine vertraglichen Verpflichtungen vorwerfbar verletzt hatte.

Hinweis: Will der Arbeitgeber einem Low Performer kündigen, muss er darlegen, dass bei dem Arbeitnehmer eine unterdurchschnittliche Leistung vorliegt.

Quelle: ArbG Siegburg, Urt. v. 25.08.2017 – 3 Ca 1305/17

Thema: Arbeitsrecht

Abstammungsklärung: Die Stellung als Vater wieder loszuwerden, ist nicht einfach

Bringt eine verheiratete Frau ein Kind zur Welt, gilt ihr Mann automatisch als Vater des Kindes. Wird das Kind einer nicht verheirateten Frau geboren, bedarf es einer ausdrücklichen Erklärung oder Feststellung zur Begründung der Vaterschaft. Die Frage, ob man eine Vaterschaft auch wieder loswird, beschäftigte den Bundesgerichtshof (BGH).

Wer als rechtlicher, jedoch nicht leiblicher Vater eines Kindes gilt, kann die Vaterschaft anfechten, sobald er von ihm bisher unbekannten Umständen erfährt, die gegen die Vaterschaft sprechen. Aber: Ab dem Zeitpunkt der Kenntniserlangung gilt eine Frist von zwei Jahren, um eine solche Anfechtung gerichtlich zu betreiben. Ist die Frist verstrichen, bleibt der rechtliche Vater der Vater – selbst wenn noch so eindeutig feststeht, dass die tatsächliche Situation nicht mit der rechtlichen in Einklang steht.

Unabhängig davon kann der Vater – auch nach Ablauf der Zweijahresfrist – vom Kind und der Mutter verlangen, dass eine genetische Abstammungsuntersuchung durchgeführt wird, um die leibliche Abstammung zu überprüfen. Das Ergebnis dieser Untersuchung ist dann allerdings ohne rechtliche Bedeutung.

Im BGH-Fall hatte ein kinderlos verheirateter Türke mit starkem Kinderwunsch den Sohn eines mit ihm verwandten Ehepaars zu sich genommen und durch Falschangaben im türkischen Geburtenregister als sein Kind eintragen lassen. Die Geburtsurkunde des Kindes wies den Mann, der mit seiner Frau und „seinem“ Kind in Deutschland lebte, ebenso als Vater aus. Dann wurde seine Ehe jedoch geschieden, er heiratete erneut und bekam nun vier „weitere“ Kinder. Er betrieb daraufhin das Verfahren zur Einwilligung zur genetischen Abstammungsuntersuchung.

Das Verfahren verlor er. Als Vater des Kindes könne er ein solches Verfahren zwar betreiben – er ist aber nicht der Vater. Da er das Kind einer verheirateten Frau zu sich genommen hatte, gilt deren Mann als Vater, nicht er. Dass er das Geburtsregister „erfolgreich“ gefälscht hatte, ändert daran natürlich nichts.

Hinweis: Erfreulicherweise ist dieser Fall ein Beispiel dafür, dass einem Fälschungen nicht weiterhelfen.

Quelle: BGH, Beschl. v. 26.07.2017 – XII ZB 125/17

Thema: Familienrecht

Altersgrenze für Geschäftsführer: Eine betriebliche Altersversorgung legitimiert das Ausscheiden vor dem Renteneintrittsalter

Für Geschäftsführer gelten andere Regelungen als für „normale“ Arbeitnehmer. Trotzdem verwundert das eine oder andere Urteil schon.

Zwischen einer GmbH und ihrem Geschäftsführer war vertraglich vereinbart worden, dass beide Parteien den Vertrag beim Eintritt des Geschäftsführers in das 61. Lebensjahr kündigen dürfen. So ging die GmbH dann auch vor. Der ehemalige Geschäftsführer sah diese Kündigung als unberechtigt an und war der Auffassung, dass die Regelung im Arbeitsvertrag ihn aus Altersgründen diskriminieren würde. Das sah der Bundesgerichtshof allerdings anders. Die Regelung im Arbeitsvertrag war zulässig. Das Gericht vertrat die Auffassung, dass die Vereinbarung einer Altersgrenze unterhalb des gesetzlichen Renteneintrittsalters für GmbH-Geschäftsführer dann zulässig ist, wenn gewährleistet ist, dass dem Geschäftsführer ab dem Zeitpunkt seines Ausscheidens eine betriebliche Altersversorgung zusteht. Und das war hier der Fall, denn dem ehemaligen Geschäftsführer stand ab dem Zeitpunkt seines vorzeitigen Ausscheidens eine betriebliche Altersversorgung zu.

Hinweis: Eine Altersgrenze von 60 Jahren kann also mit einem GmbH-Geschäftsführer vereinbart werden, sofern dem Geschäftsführer eine betriebliche Altersversorgung zusteht.

Quelle: OLG Hamm, Urt. v. 19.06.2017 – 8 U 18/17

Thema: Sonstiges