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Streng geregeltes Nottestament: Der Sohn der beabsichtigten Alleinerbin darf keiner der drei notwendigen Zeugen sein

Befindet sich jemand in so naher Todesgefahr, dass er ein Testament nicht mehr eigenhändig oder vor einem Notar errichten kann, ist es auch möglich, das Testament durch mündliche Erklärung vor drei Zeugen aufzusetzen. Für dieses sogenannte Nottestament gelten jedoch strenge Regeln, die dazu führen, dass dies in der Praxis häufig unwirksam ist.

Ein kinderloser Mann setzte kurz vor seinem Tod im Krankenhaus seine Lebensgefährtin zur Alleinerbin ein. Da er nicht mehr in der Lage war, selbst zu schreiben, wurde eine entsprechende Niederschrift vor drei Zeugen verfasst. Unter den Zeugen befand sich auch der Sohn der Lebensgefährtin, also der künftigen Erbin. Als diese dann schließlich einen Erbschein beantragte, wehrten sich die Nichten und Neffen des Verstorbenen dagegen vor Gericht.

Das Gericht entschied, dass das Nottestament unwirksam war. Als Zeuge eines solchen Testaments können nicht die Kinder oder bestimmte andere Verwandte der Person mitwirken, die durch das Testament einen rechtlichen Vorteil erhält. Da der Sohn der Lebensgefährtin einer der drei Zeugen war, war das gesamte Testament ungültig – und die Nichten und Neffen wurden aufgrund der gesetzlichen Erbfolge zu Erben.

Hinweis: Das Nottestament ist nur für Notfälle gedacht. Es ist daher unwirksam, wenn der Erblasser nicht wirklich in akuter Todesgefahr schwebt oder noch ein Notar für die Testamentserrichtung erreichbar ist. Darüber hinaus müssen die formalen Voraussetzungen beachtet werden: Die mündliche Erklärung muss vor drei Zeugen bekundet, und es muss darüber eine Niederschrift verfasst werden. Dabei sind die Vorschriften des Beurkundungsgesetzes zu beachten, die unter anderem regeln, wer Zeuge sein kann. Das Testament verliert zudem seine Gültigkeit, wenn der Erblasser sein eigenes Nottestament drei Monate überlebt. Es empfiehlt sich daher stets, erbrechtliche Angelegenheiten rechtzeitig zu regeln.

Quelle: OLG Köln, Beschl. v. 05.07.2017 – 2 Wx 86/17

  Erbrecht

Helmfrage (noch) unberücksichtigt: Radlerin trägt durch ihr verbotswidriges Befahren des Radwegs Mitschuld an Kollision

Befährt ein Radfahrer einen für seine Fahrtrichtung nicht freigegebenen Radweg entlang einer Vorfahrtstraße und kollidiert dann mit einem aus der untergeordneten Straße einbiegenden Pkw, muss sich der Radler ein Mitverschulden von 1/3 zurechnen lassen.

Eine Radfahrerin befuhr den für ihre Fahrtrichtung kurz vor der links einmündenden Straße nicht mehr freigegebenen gemeinsamen Geh- und Radweg, der auf der gegenüberliegenden Straßenseite für ihre Fahrtrichtung fortgeführt wird. Sie wollte vom gemeinsamen Geh- und Radweg nach links in die Straße einbiegen. Ein Pkw-Fahrer stand mit seinem Fahrzeug vor dem quer vor ihm verlaufenden Geh- und Radweg und beabsichtigte, nach rechts in die Straße abzubiegen. Nahezu gleichzeitig mit seinem Abbiegevorgang überquerte die Radlerin die Straße, so dass es zur Kollision kam. Hierbei fiel die Radfahrerin, die keinen Fahrradhelm trug, auf die Straßenoberfläche, wodurch sie schwerste Verletzungen erlitt.

Das Oberlandesgericht Hamm (OLG) hat ein Mitverschulden der Radfahrerin in Höhe von 1/3 angenommen. Die Radfahrerin hat das ihr grundsätzlich zustehende Vorfahrtsrecht nicht dadurch verloren, dass sie den kombinierten Geh- und Radweg entgegen der Fahrtrichtung befahren hat. Sie muss sich allerdings deshalb ein Mitverschulden anrechnen lassen, weil sie verbotswidrig den nicht freigegebenen Radweg befahren hatte. Dass die Radfahrerin keinen Fahrradhelm getragen hatte, begründet kein darüber hinausgehendes Mitverschulden. Das Gericht verweist insofern auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom Juni 2014, in der ausgeführt wurde, dass sich für das Jahr 2011 keine Feststellung treffen lässt, wonach es dem allgemeinen Verkehrsbewusstsein entspricht, dass Fahrradfahrer einen Helm tragen. Das OLG nimmt dies auch für das Jahr 2013 an.

Hinweis: Ob ein Unfall im Jahr 2017 ebenso beurteilt werden würde, ist fraglich, da nach einer Statistik der Bundesanstalt für Straßenwesen ab 2015 eine gesteigerte Bereitschaft, einen Fahrradhelm zu tragen, festzustellen ist, insbesondere bei Kindern im Alter von sechs bis zehn Jahren, die zu 76 % einen Fahrradhelm tragen.

Quelle: OLG Hamm, Urt. v. 04.08.2017 – I-9 U 173/16

zum Thema: Verkehrsrecht

Neues zu Ausschlussklauseln: Berührt eine Klausel den Mindestlohn nicht, entfaltet sie ihre volle Wirkung

Seit 2015 gibt es das Mindestlohngesetz, nach dem Arbeitnehmer auf den Mindestlohn gar nicht verzichten können oder dürfen. Und entsprechende Regelungen gab es bereits Jahre zuvor in einzelnen Branchen. Was ist aber mit den Ausschlussklauseln, die dieses nicht berücksichtigen?

Arbeitnehmer und Arbeitgeber hatten im Arbeitsvertrag vereinbart, dass Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten ab Fälligkeit gegenüber der Gegenseite geltend gemacht werden. Ebenso verfallen die Ansprüche, wenn sie nach Ablehnung der Gegenseite nicht innerhalb weiterer drei Monate eingeklagt werden. Nun machte der Arbeitnehmer nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses einen Anspruch auf eine Urlaubsabgeltung für nicht genommene Urlaubstage und auf eine Bezahlung für geleistete Überstunden geltend. Die Ausschlussfrist verpasste er jedoch. Nach seiner Ansicht musste er die Frist auch gar nicht einhalten, da die Klausel unwirksam sei, da sie Ansprüche auf den gesetzlichen Mindestlohn nicht ausgeschlossen habe. Das Gericht hielt die Ausschlussklausel jedoch für wirksam und damit die Klage für verspätet.

Die Ausschlussklausel war insbesondere nicht insgesamt unwirksam. Vereinbarungen, die den Mindestlohnanspruch beschränken oder seine Geltendmachung ausschließen, sind unwirksam. Aber diese Regelung führt nur zur Unwirksamkeit der Klausel, soweit sie Mindestlohnansprüche betrifft. Ziel des Gesetzgebers war es, die Arbeitnehmer vor niedrigen Löhnen zu schützen, aber nicht generell Ausschlussklauseln zu untersagen.

Hinweis: Ausschlussklauseln in Arbeitsverträgen sind vor allem bei Arbeitgebern sehr beliebt. In aller Regel müssen Ansprüche danach binnen drei Monaten schriftlich geltend gemacht werden, andernfalls sind sie verwirkt. Diese Frist sollten Arbeitnehmer im Blick haben.

Quelle: LAG Nürnberg, Urt. v. 09.05.2017 – 7 Sa 560/16

Thema: Arbeitsrecht

Der unbekannte Liebhaber: Ein Hotelier darf Auskünfte zur Ermittlung eines Kindesvaters verweigern

Eine Affäre kann ungewollte Folgen haben: Wird ein Kind gezeugt und geboren, entstehen Unterhaltspflichten. Erst einmal muss aber klar sein, wer der Vater des Kindes ist. Was, wenn dieser nicht bekannt ist und sich auch nicht ohne weiteres ermitteln lässt?

Mit dieser Frage hatte sich das Amtsgericht München auseinanderzusetzen. Die Frau und spätere Kindesmutter stieg mit einem Mann, von dem ihr nur der Vorname Michael bekannt war, für drei Nächte in einem von ihm gemieteten Hotelzimmer ab. Danach gingen beide wieder ihrer Wege, Telefonnummern oder Ähnliches wurden nicht ausgetauscht. Als die Frau daraufhin schwanger wurde, wollte sie „Michael“ nach der Geburt auf Kindesunterhalt in Anspruch nehmen und verklagte den Hotelbetreiber auf Bekanntgabe des vollständigen Namens nebst Adresse. Dieser weigerte sich. Im fraglichen Zeitraum hätten vier Hotelgäste mit dem Vornamen ein Zimmer gebucht. Es sei indiskret, die Daten aller vier Männer bekanntzugeben.

Dem Hotelbetreiber wurde Recht gegeben. Zwar hat die Frau ein berechtigtes Interesse daran, den Namen des Vaters ihres Kindes zu erfahren. Diesem Interesse steht aber das schutzwürdige Interesse der Betroffenen gegenüber, das zu wahren ist und im Zweifel den Vorrang hat. Die Betroffenen – das heißt die Hotelgäste – haben ein Recht auf informationelle Selbstbestimmung und damit allein die Befugnis, zu bestimmen, welche persönliche Daten der Hotelbetreiber an Dritte weitergeben darf. Damit verbunden ist auch das Recht auf Achtung der Privat- und Intimsphäre – das heißt hier das Recht, selber zu entscheiden, inwieweit geschlechtliche Beziehungen offenbart werden. Dieses Recht hat der Hotelbetreiber zu berücksichtigen, weshalb er Recht daran tat, die Daten seiner Hotelgäste nicht weiterzugeben.

Hinweis: Sobald eine Frau mehr als nur eine Nacht mit dem ihr sonst unbekannten Mann verbringt, ohne mehr als nur dessen Vornamen zu kennen, hat sie im Folgefall das Nachsehen. Dritte können nicht zur Mitwirkung eingespannt werden, um das Informationsdefizit zu beseitigen.   

Quelle: AG München, Urt. v. 28.10.2016 – 191 C 521/16

Thema: Familienrecht

Abweichung vom Betriebsrentengesetz: Die Versorgungsansprüche von Geschäftsführern dürfen einmalig abgegolten werden

Das Betriebsrentengesetz schützt Arbeitnehmer im besonderen Maße. Wie es sich jedoch mit Personen in Geschäftsführungspositionen verhält, zeigt dieser Fall.

Ein langjährig beschäftigter ehemaliger Geschäftsführer und Gesellschafter erhielt eine betriebliche Altersversorgung. Laut Vertrag war die Gesellschaft berechtigt, die Versorgungsansprüche durch eine Kapitalzahlung einmalig abzufinden. Und genau dazu entschloss sich die Gesellschaft. Sie zahlte einmalig eine Abfindung von 300.000 EUR. Dagegen klagte der ehemalige Geschäftsführer und wollte die Versorgungszusage ins System des Betriebsrentengesetzes und dessen Regelungen zurückführen. Das gelang ihm jedoch nicht.

Der Beschluss der Gesellschaft, die Versorgung des ehemaligen Geschäftsführers zu kapitalisieren, verstieß nicht gegen das Gesetz. Von den Vorschriften des Betriebsrentengesetzes kann zum Nachteil von Organen einer Kapitalgesellschaft abgewichen werden, soweit auch den Tarifvertragsparteien Abweichungen erlaubt sind.

Hinweis: Organe einer Gesellschaft, wie beispielsweise die Geschäftsführung, sind also nicht so schutzbedürftig wie Arbeitnehmer. Deshalb darf von den Vorschriften des Betriebsrentengesetzes zu ihrem Nachteil abgewichen werden.

Quelle: BGH, Urt. v. 23.05.2017 – II ZR 6/16

zum Thema: Sonstiges

Verkehrssicherung nach Auftragserfüllung: Das Verlassen der Baustelle lässt die Haftung für den aufgestellten Bauzaun nicht entfallen

Ein Gebäude wird errichtet und ganz zu Beginn dafür ein Bauzaun erstellt. Doch wer ist für diesen im Laufe des Baus zuständig?

Der Eigentümer eines Pkw hatte Pech: Während eines Sturms stürzte ein Bauzaun auf sein Auto und es entstand ein Schaden von etwas über 2.000 EUR. Diesen Schaden verlangte er von der Baufirma, die mit Erstellung des Rohbaus beauftragt worden war, ersetzt. Denn diese Firma hatte den Bauzaun zur Sicherung der Baustelle schließlich aufgestellt. Diese weigerte sich aber zu zahlen, da eine andere Firma den Bauzaun zwischenzeitlich verstellt hatte. Ferner sei ihr Auftrag – nämlich die Erstellung des Rohbaus – erledigt und sie daher nicht mehr für die Kontrolle des Bauzauns zuständig.

Das sah das Gericht allerdings anders. Ein Bauunternehmer haftet für die Schäden, die durch einen von ihm aufgestellten Bauzaun verursacht werden. Die Verkehrssicherungspflicht trifft ihn selbst bei Fertigstellung seines eigentlichen Auftrags bis zur Entfernung der Bauzäune oder bis eine tatsächliche Übernahme dieser Pflicht durch einen Dritten erfolgt ist. Das Verlassen der Baustelle nach Fertigstellung des Rohbaus lässt die Haftung nicht entfallen.

Hinweis: Es zeigt sich wieder einmal, dass eine ordnungsgemäße Versicherung gegen solche Schäden ganz wichtig ist – auch für den Bauherrn. 

Quelle: AG München, Urt. v. 19.12.2016 – 251 C 15396/16

zum Thema: Mietrecht

Haus nur gegen Rente: Ein Testamentsvollstrecker kann das Vermächtnis bis zur Auflagenerfüllung verweigern

Gerade bei umfangreicheren oder komplizierteren Nachlässen empfiehlt es sich, einen Testamentsvollstrecker zu bestellen, der die Umsetzung des letzten Willens des Erblassers durchsetzt. Über die Befugnisse von Testamentsvollstreckern gibt es jedoch häufig Streit, da sich Erben und Vermächtnisnehmer in ihren Rechten beeinträchtigt sehen.

Ein Mann setzte in seinem notariellen Testament zwei seiner Kinder als Erben ein und vermachte einem weiteren Sohn vier verschiedene Immobilien. Die Vermächtnisse waren mit der Auflage verbunden, der Schwester des Erblassers eine lebenslängliche Rente und die Krankenversicherung zu zahlen. Darüber hinaus wurde in dem Testament die Testamentsvollstreckung angeordnet. Die Testamentsvollstreckerin übertrug einen Teil der Immobilien, weigerte sich dann aber, die letzte zu übertragen, bevor der Sohn nicht die vorgesehenen Zahlungen an die Schwester des Erblassers beglichen hatte. Dagegen klagte der Sohn.

Das Gericht gab der Testamentsvollstreckerin Recht. Mit der Annahme der Vermächtnisse hatte der Sohn auch gleichzeitig die Verpflichtungen aus der Auflage übernommen. Die Durchsetzung einer solchen Auflage gehört mit zum Aufgabenbereich einer Testamentsvollstreckerin, so dass diese hier auch berechtigt war, ein Zurückbehaltungsrecht geltend zu machen, bis die Auflage erfüllt war.

Hinweis: Als Auflage können in einem Testament die unterschiedlichsten Dinge vorgesehen werden – etwa regelmäßige Zahlungen an Verwandte, die Grabpflege oder die Pflege von Haustieren des Erblassers. Im Gegensatz zum Vermächtnisnehmer hat der Begünstigte einer Auflage jedoch keinen Anspruch, die Leistung zu verlangen. Daher ist es besonders wichtig, dass ein Testamentsvollstrecker eine solche Auflagenerfüllung hinreichend überwacht. 

Quelle: OLG Karlsruhe, Beschl. v. 18.04.2017 – 9 W 4/17

zum Thema: Erbrecht

Biker in Turnschuhen: Die Auslegung des allgemeinen Verkehrsbewusstseins bestimmt den Grad der Mitschuld

An einer innerstädtischen Kreuzung kam es zu einem Verkehrsunfall, zu dessen Zeitpunkt der beteiligte Motorradfahrer Turnschuhe trug. Aufgrund dieser Tatsache nahm die Versicherung eine Kürzung seiner Schmerzensgeldansprüche mit der Begründung vor, dass ihn ein Mitverschulden treffe, da er keine Motorradstiefel getragen habe.

Das Oberlandesgericht München (OLG) hat entschieden, dass den Motorradfahrer kein Mitverschulden trifft. Der Straßenverkehrsordnung (StVO) sei lediglich eine gesetzliche Helmpflicht zu entnehmen, aber darüber hinausgehend keine Pflicht, besondere Motorradschutzkleidung wie etwa Motorradstiefel zu tragen. Daraus allein ist ein Mitverschulden aber nicht grundsätzlich auszuschließen. Ein Mitverschulden ist nämlich bereits dann anzunehmen, wenn der Verletzte jene Sorgfalt außer Acht lässt, die ein ordentlicher und verständiger Mensch zur Vermeidung eigenen Schadens anzuwenden pflegt. Dass festere Schuhe grundsätzlich einen besseren Schutz bieten, ist allgemein bekannt. Allerdings gibt es keine belastbaren Zahlen, wonach es hinsichtlich des hier maßgeblichen Zeitpunkts des Verkehrsunfalls im November 2012 dem allgemeinen Verkehrsbewusstsein entsprochen hätte, dass es für Leichtkraftradfahrer innerhalb geschlossener Ortschaften erforderlich ist, Motorradstiefel zu tragen.

Hinweis: Die Entscheidung des OLG entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Dieser hatte im Juni 2014 entschieden, dass einen Radfahrer kein Mitverschulden an seinen Kopfverletzungen trifft, weil er keinen Fahrradhelm getragen hat. Das Gericht begründete seine Entscheidung seinerzeit damit, dass auch zum damaligen Unfallzeitpunkt ein allgemeines Verkehrsbewusstsein nicht festgestellt werden konnte, das es erforderlich machte, einen Fahrradhelm zu tragen.

Quelle: OLG München, Urt. v. 19.05.2017 – 10 U 41256/16

zum Thema: Verkehrsrecht

Neutralität und Unparteilichkeit: Hessen untersagt das Tragen eines Kopftuchs in richterlichen Funktionen

Im Bundesland Hessen regelt nun ein Erlass, wann in der Justiz aus religiösen Gründen ein Kopftuch getragen werden darf und wann nicht.

Sobald sie auf der Richterbank sitzen und Sitzungsleitungen sowie Beweisaufnahmen durchführen oder Sitzungsvertretungen für die Staatsanwaltschaft übernehmen, dürfen Rechtsreferendarinnen in Hessen bei Verhandlungen im Gerichtssaal kein Kopftuch aus religiösen Gründen tragen. Dagegen ging eine Referendarin im einstweiligen Rechtsschutzverfahren vor – vergeblich. Denn dieser Eingriff in ihre Grundrechte während bestimmter Tätigkeiten im Rechtsreferendariat war mit dem Kopftuchverbot zeitlich und örtlich begrenzt. Die weitaus überwiegenden Teile der Ausbildung waren davon nicht betroffen. Richter müssen unparteiisch und neutral sein. Und das gilt auch für Rechtsreferendare.

Hinweis: Die Rechtsreferendarin ist also mit ihrem Eilantrag gegen das Kopftuchverbot in der hessischen Justiz gescheitert. Wenn religiöse Zeichen verboten werden sollen, dann generell und am besten ohne einen aktuellen Anlass.

Quelle: BVerfG, Urt. v. 27.06.2017 – 2 BvR 1333/17

zum Thema: Arbeitsrecht

Haushaltsgegenstände: Fotos der begehrten Objekte ersetzen keine schriftlich exakte Beschreibung

Streit kann sich anlässlich Trennung und Scheidung unter anderem darüber ergeben, welcher Ehegatte welche Gegenstände des Haushalts für sich reklamieren kann. Unstimmigkeiten können schließlich in einem gerichtlichen Verfahren enden, in dem das Gericht die Zuteilung vornehmen soll. Doch wie genau ist zu bezeichnen, wer was für sich in Anspruch nimmt?

Die Problematik, um die es geht, ist beträchtlich. Die beteiligten Ehegatten wissen, was gemeint ist, wenn ein Ehegatte verlangt, dass ihm „die Küchenmaschine, die ihm zum 50. Geburtstag geschenkt wurde“, überlassen wird. Nur kann niemand einem solchen Gerät ansehen, wann es wem geschenkt wurde. Wird das betreffende Gerät nicht freiwillig herausgegeben, muss es von einem unbeteiligtem Dritten – dem Gerichtsvollzieher – aus der Wohnung genommen und weitergeleitet werden. Und spätestens dieser braucht dann auch eine klare Beschreibung, um zweifelsfrei erkennen zu können, was genau gemeint ist.

Haushaltsgegenstände exakt zu beschreiben, kann mitunter schwierig werden. Um sich diese Herausforderung zu vereinfachen, kam ein Ehemann auf die Idee, dem Gericht Fotos vorzulegen, auf denen die Geräte abgebildet waren. Statt einer genauen schriftlichen Beschreibung nahm er Bezug auf die entsprechenden Bilder. Das, so das Amtsgericht Bad Kissingen, genügt jedoch nicht bzw. ersetzt die geforderte Beschreibung nicht. Eine Vollstreckung erfolgt nun mal anhand der schriftlichen Entscheidungsformel des Gerichts. Deshalb ist es erforderlich, alle Gegenstände, die herausgegeben werden sollen, auch schriftlich zu präzisieren. Eine Ausnahme kann nur bei schwer zu beschreibenden Gegenständen gemacht werden. Normale Haushaltsgegenstände sind aber zumindest im Normalfall nicht schwer zu beschreiben.

Hinweis: Verfahren zur Verteilung von Haushaltsgegenständen sind in der Praxis selten. Sie werden unter anderem auch deshalb ungern geführt, weil es reichlich Arbeit machen kann, die begehrten Gegenstände exakt und klar zu beschreiben. Es hilft aber nichts – diese Arbeit muss im Streitfall schlicht und ergreifend geleistet werden.

Quelle: AG Bad Kissingen, Beschl. v. 03.05.2016 – 1 F 618/15

zum Thema: Familienrecht